Die US-Rechtsfälle im Zusammenhang mit verbrieften Hypotheken haben der Credit Suisse bereits mehrere Milliarden Dollar gekostet. Viele Finanzanalysten fragen sich jetzt: War's das nun? Aussagen aus der Chef-Etage lassen erahnen – eher nicht.
Das Thema, das die Analysten zum Jahresergebnis der Credit Suisse (CS) am (gestrigen Donnerstag) meisten umtrieb, war der sogenannte RMBS-Rechtsfall in den USA. Die CS bezahlte bereits im vergangenen Dezember, wie berichtet, rund 600 Millionen Dollar an den US-Hypothekenversicherer MBIA.
Die Schweizer Grossbank hatte, wie zahlreiche andere Investmentbanken auch, in der Vergangenheit sogenannte Residential Mortgage Backs Securities (RMBS), also verbriefte Hypotheken für Einfamilienhäuser in den USA, verkauft, die sich in der Folge als wertlos erwiesen.
Immer für eine negative Überraschung gut
Die jüngste Zahlung führte zu einem Verlust der CS im vierten Quartal 2020. Es ist indessen nicht das erste Mal, dass die Beilegung eines US-Hypothekenstreits die Grossbank in die roten Zahlen reisst. Schon 2016 musste die CS eine Zahlung von 5,3 Milliarden Dollar schlucken.
Dabei sind es Handlungen, die weit über zehn Jahre zurückliegen, und immer noch für negative Überraschungen sorgen. Doch entsprechenden Fragen wichen CS-CEO Thomas Gottstein und sein Finanzchef David Mathers am Donnerstag aus. Klar ist aber: Das RMBS-Verfahrensdossier mit der jüngsten Zahlung an den Versicherer MBIA ist für die CS noch längst nicht geschlossen.
Taktische Gründe
Viele Finanzanalysten hinterfragen nämlich, ob der Konsensus für zusätzliche Rückstellungen in diesem Jahr und 2022 stimmt. Ausgewiesen werden 68 Millionen Franken für 2021 und 36 Millionen Franken für 2022. Der Argwohn scheint berechtigt. Für 2020 hatten die Schätzungen für Rechtsfall-Rückstellungen 58 Millionen Franken gelautet; am Ende waren es fast eine Milliarde Franken. Mit anderen Worten: Für die Analysten beinhaltet der RMBS-Rechtsfall viele «bewegliche Teile» – und sie verlangten am gestrigen Donnerstag unmissverständlich mehr Klarheit.
Gottstein und Mathers wollten jedoch nicht viel dazu sagen; möglicherweise auch aus taktischen Gründen, um die Karten in den laufenden RMBS-Verhandlungen in den USA weiterhin bedeckt zu halten.
«Es ist, wie es ist»
Gottstein erklärte, er werde den Rückstellungs-Konsensus nicht kommentieren, und Mathers sagte: «Es ist, wie es ist. Es gibt ganz klar noch eine Anzahl von weiteren Fällen und Berufungen im Zusammenhang damit.»
Die Nachfragen der Analysten hatten noch einen weiteren Grund: Während andere Banken ihre RMBS-Fälle längst abgeschlossen haben, scheint sich die CS damit schwerer zu tun. Immerhin gehen die Fälle auf Handlungen aus den Jahren 2005 bis 2007 zurück.
Tiefere Zahlungen dank Verzögerungen
Zur RMBS-Verhandlungsstrategie waren Gottstein und Mathers zumindest etwas gesprächiger. Der CFO liess durchblicken, dass die «zeitraubende Strategie» der CS durchaus gewollt sei. «Wenn man die Vergleichslösungen anderer Banken anschaut, aus der Periode von 2011 oder 2012, dann waren diese deutlich teurer als diese (Zahlung von 600 Millionen Dollar). Ich denke, wir haben das richtig gemacht.»
Übers Ganze hinweg gesehen sei es wohl nicht die falsche Strategie gewesen, stimmte Gottstein bei und fügte an, dass diese Entscheidungen von seinen Vorgängern bereits 2009 und 2010 getroffen worden seien. Damals war Urs Rohner noch General Counsel der CS. Er tritt im kommenden April als Verwaltungsratspräsident ab.
Eigener Zeitplan – eigene Dynamik
Die Rhetorik der beiden CS-Top-Manager lässt recht klar darauf schliessen, dass weitere RMBS-Zahlungen folgen dürften. Die Lösung mancher dieser Rechtsfälle sei durch eigene taktische Überlegungen bestimmt,» sagte Gottstein. «Manchmal haben sie ihren eigenen Zeitplan und ihre eigene Dynamik».