Die Grossbank rollt ihr Multibanking für Schweizer Firmen aus – später als die Konkurrenz. Doch die UBS vertraut darauf, mit einer neuen Funktion die wichtige Kunden-Schnittstelle für sich zu erobern.
Nach dem Pilot vom vergangenen Sommer erfolgt nun der «Mini-Rollout» bei rund 100 Schweizer Unternehmen: Die UBS trägt seit Anfang November ihre neue digitale Multibanking-Lösung zu den Firmenkunden. Bis im ersten Quartal 2021 sollen dann alle hiesigen Unternehmen aufs Angebot zurückgreifen können, erklärte die Grossbank am Donnerstag vor den Medien.
Mit dem Angebot ist der Schweizer Marktführer spät dran, wie er selber zugibt. Diverse Banken bieten ihrer Firmenkundschaft bereits ein Multibanking an, mit dem sich die Geldflüsse auch bei Konkurrenzinstituten nachverfolgen lassen. Die Erzrivalin Credit Suisse (CS) etwa lancierte mit Direct Business schon vor drei Jahren eine solche Lösung. Auch Buchhaltungs-Software-Anbieter bieten solche Übersichten.
«Den steinigen Weg gegangen»
«Die UBS ist den steinigen Weg gegangen und hat sich mehr Zeit für die Entwicklung dieses Angebots genommen», rechtfertigte sich Andy Kollegger (Bild unten), Leiter für internationale Firmenkunden bei der Grossbank in der Schweiz, am Donnerstag. Dafür verfüge man nun aber über ein Alleinstellungsmerkmal bei den Kunden. «Wir nehmen an, dass die anderen Banken hier nachziehen müssen, um im Rennen zu bleiben.»
Was ist Kolleggers Geheimwaffe? Es widerspricht der Idee des Multibanking, dass ein Unternehmen mehrere solche Angebote betreibt – die Bank, die das Instrument zuerst installieren darf, wird die zentrale Schnittstelle voraussichtlich verteidigen können. Und es ist klar, dass das Geldinstitut, das den Zahlungsverkehr einer Firma aggregiert, mit dieser mehr in Kontakt ist und eher zusätzliche Dienste anbieten kann; the winner takes it all.
Bis vor kurzem Science-Fiction
Wenn Bankgeschäfte künftig zur «Commodity» werden und vor allem die Rundum-Beratung zählt, wird Multibanking zum Gamechanger. Das sagte Markus Gygax, der amtierende Präsident der Berner Regionalbank Valiant, schon Anfang 2019 zu finews.ch: «Wer ein solches Angebot etablieren kann, wird einen enormen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz erhalten.» Sein Institut ist bereits seit einem Jahr mit dem eigenen Multibanking am Start.
Kolleggers Digitalbanker mussten sich also etwa einfallen lassen: Sie integrierten zusätzlich eine Zahlungsauslösung bei Drittbanken. Übers UBS-Portal können Firmen so bei einer Bank etwa in Asien die Rechnung an einen dortigen Lieferanten auslösen und begleichen. Hierzulande funktioniert dies laut dem Institut bei über zehn Konkurrenzbanken. Vor wenigen Jahren war das noch Science-Fiction. In der Schweiz pflegte praktisch jede Bank einen eigenen Übermittlungsstandard.
Der Markt ist noch nicht verteilt
Doch inzwischen treffen die UBS-Banker auf ganz neue Möglichkeiten. Die Basis fürs Open-Banking ist mit der b.Link-Plattform der Schweizer Börsenbetreiberin SIX gelegt. Noch wichtiger ist indes das Mammut-Projekt der Umrüstung des Schweizer Zahlungsverkehrs auf die ISO-Norm 20022 und damit auf den europäischen Standard. Dieser erleichtert wiederum den automatisierten Austausch von Zahlungs- und Kontodaten gemäss dem Ebics-Standard, welcher von immer mehr Schweizer Finanzinstituten angewendet wird und auch in Deutschland und Österreich verbreitet ist.
Für den Austausch von Zahlungsdaten ins übrige Ausland setzt das UBS-Multibanking auf den internationalen Zahlungsübermittler Swift.
Kollegger und Co sehen sich damit gerüstet, um die Aufholjagd anzutreten und zum «One-Stop-Shop» für Schweizer Firmen zu avancieren. Denn, sagt Kollegger: «Der Markt für Multibanking-Lösungen ist in der Schweiz noch nicht verteilt.»