Das prestigeträchtige Geschäft mit Fusionen und Übernahmen von Firmen ist auch in der Schweiz wegen Corona praktisch zugefroren. Amerikanische Investmentbanken haben dennoch ihre Vormachtsstellung zementiert.
Die stets umtriebigen Investmentbanker haben harte Zeiten hinter sich. Auf der ganzen Welt fror mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (M&A) zu. Zur Untätigkeit verdammt, mussten sie zusehen, wie die Deal-Pipeline eines Jahres zerbröselte: Weltweit brach das Transaktionsvolumen zwischen März und Juni 2020 zum Vorjahr um 57 Prozent ein, in Europa insgesamt um 42 Prozent.
Nun stellt sich zögerlich eine Besserung ein, wie Nick Bossart, Schweiz-Chef der amerikanischen Grossbank J.P. Morgan, vor Journalisten erklärte. «Noch warten die Firmen die Zweitquartals-Zahlen von möglichen Übernahmezielen ab, um deren Verfassung besser einschätzen zu können», beobachtet der erfahrene Investmentbanker.
Starker Rebound?
In den nächsten Monaten sei aber deutlich mehr Fusionstätigkeit zu erwarten, sei doch aufgrund der Pandemie-Folgen der Konsolidierungsdruck in vielen Branchen stark angestiegen. Noch mehr: «2021 rechnen wir mit einem starken Rebound in M&A für die Schweiz und Europa.»
Das Geschäft, sollte es sich denn tatsächlich einstellen, werden indes amerikanische Häuser unter sich ausmachen. Dies lassen jedenfalls die in der Branchen viel beachteten «League Tables» der Analysefirma Dealogic fürs bisherige Jahr vermuten. Nach Volumen führt hierzulande die US-Investmentbank Goldman Sachs mit 10,5 Milliarden Dollar das Ranking an. Es folgen Bossarts Team bei J.P. Morgan sowie Citigroup, Bank of America und Morgan Stanley. Erst auf Platz sechs rangiert mit dem franko-britischen Traditionshaus Rothschild ein europäisches Institut.
Als einzige Schweizer Bank unter den Top Ten figuriert die Credit Suisse auf Platz sieben.
Due Diligence ganz digital
Seit rund vier Wochen sind bei den Firmen nun wieder strategische Themen in den Fokus gerückt, sagt Bossart. Zeit für die Investmentbanker, auszuschwärmen, die League Tables immer im Blick.
Unternehmen wie ihre Bankberater müssen dabei stets mit der Wahrscheinlichkeit einer zweiten Pandemie-Welle kalkulieren. Bei J.P. Morgan sieht man sich jedoch nach den Erfahrungen mit dem Shutdown vom Frühling gewappnet für ein solches Szenario. So lässt sich bei der Bank etwa die ganze Unternehmensprüfung (Due Diligence) für M&A-Transaktionen über Online-Kanäle erledigen.
Im Falle einer zweiten Corona-Welle stünde nun alles bereit, um auf die digitale Schiene zu wechseln, gibt sich Bossart überzeugt – fast alles. «Auf der Ebene der Entscheider und in Verhandlungen mit Private Equity und Grossinvestoren sind weiterhin persönliche Treffen unabdingbar.»