Wegen den durch die Coronakrise ausgelösten Notmassnahmen ist eine Ende der Strafzinsen in die Ferne gerückt. Eine neue Studie sieht nun fünf teils überraschende Folgen für den Schweizer Immobilienmarkt.
Ende 2014 führte die Schweizerische Nationalbank (SNB) Negativzinsen ein, um den Franken zu schwächen. Seither ist der Immobilienmarkt massiven Verzerrungen ausgesetzt, die das Zinsengeschäft der hiesigen Banken unmittelbar treffen.
Eine Abkehr vom Strafzins ist wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie in weite Ferne gerückt, wie die UBS am Dienstag in einer Studie ausführte: Angesichts der europaweit explodierenden Staatsschulden und Notenbankgeldmengen sei ein Ende der Negativzins-Politik in der Schweiz und Europa vorläufig nicht absehbar, warnte die Grossbank.
Aus der Erfahrung der vergangenen fünf Jahre ziehen die UBS-Experten dabei folgende Schlüsse für die weitere Entwicklung des Immobilienmarkts:
1. Wohneigentum wird zum Anlageobjekt
Negativzinsen haben dazu beigetragen, dass Eigenheime stärker als Investitionsgut und weniger als Konsumgut wahrgenommen werden. Viele Haushalte kauften Wohneigentum daher nicht nur zur Selbstnutzung, sondern als Anlage.
Auch bei Selbstnutzung beträgt die Eigenkapital-Rendite bei einer Belehnung von zwei Dritteln stattliche 4 bis 5 Prozent. Angesichts der volatilen Börsen gewinnt deshalb «Betongold» noch an Attraktivität – was in der Vermögens- und Vorsorgeberatung stärker zu berücksichtigen sein wird.
2. Leerstände halten sich hartnäckig
Eine Vielzahl leer stehender Wohnungen müsste eigentlich eine Reduktion des Angebots nach sich ziehen. Doch die Tiefzinsen haben die Bautätigkeit hoch gehalten und so eine Anpassung der Angebots-Entwicklung an die tiefere Nachfrage verhindert.
Zwar flacht die Bautätigkeit seit einigen Quartalen ab, wie die UBS-Experten feststellten. Die Zahl der leeren Wohnungen dürfte allerdings auch langfristig nicht mehr auf die Werte von vor 2015 sinken, erwarten sie.
Das ergänzt den Markt um einen zusätzliche Unsicherheitsfaktor, sollten die Preise ins Rutschen geraten. Denn dann stehen die Eigner mit vielen Leerständen unter akutem Verkaufsdruck.
3. Die Haltedauer wird immer länger
Rendite-Liegenschaften haben seit 2015 einen Boom erlebt. Dem Aufwärtspotenzial bei den Preisen sind allerdings Grenzen gesetzt: Die Kapitalbindungsdauer ist extrem lang, die langfristigen Zinsrisiken sind hoch.
Zudem fallen die Transaktionskosten bei hohem Preisniveau im Vergleich zu den Mieteinnahmen stark ins Gewicht. Wer kauft, muss deshalb auf sehr lange Frist Eigentümer bleiben, was wiederum Folgen fürs Angebot hat.
4. Steuergelder fliessen in Renditeobjekte
Die Renditen sind als Folge der Negativzinsen so stark gesunken, dass Totalsanierungen oftmals lukrativer sind, als eine weitere Immobilie zu kaufen. Die Möglichkeit, staatliche Subventionen zu beziehen, verstärkt den Anreiz zur Sanierung zusätzlich.
Die Staatsgelder etwa für energetische Sanierungen können je nach Kanton und Massnahmen bis zu 30 Prozent der Sanierungskosten ausmachen.
5. Der Druck aufs Kerngeschäft der Retailbanken hält an
Die oftmals negativen Renditen auf Anleihen lassen Hypotheken für Pensionskassen und Versicherer als attraktive Investment-Alternative erscheinen. Was dafür sorgt, dass die Institutionellen (wie Pensionskassen, Versicherungen) den Banken im Neugeschäft mit Hauskrediten zunehmend Konkurrenz machen. Die Folge ist eine Margenerosion bei den Geldhäusern.
Zudem erkennt die UBS eine Segmentierung des Marktes: Institutionelle Anleger fragen überproportional risikoarme Hypotheken nach. Damit dürfte sich eine Zinsschere zwischen moderat belehnten Objekten an guten Lagen und hoch belehnten Objekten an schlechten Lagen öffnen.