Im Zuge einer Strategieüberprüfung will Julius Bär im grossen Stil Stellen abzubauen, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Auch die 1'500 Kundenberater der Zürcher Privatbank werden davon betroffen sein.
Auf die Zürcher Privatbank Julius Bär kommt ein «substanzieller» Stellenabbau zu, wie finews.ch von mehreren mit der Sache vertrauten Personen erfahren hat. Mit Hilfe des Beratungsunternehmens McKinsey arbeitet das Institut derzeit an der alljährlichen Überprüfung der Strategie, die im Januar 2020 abgeschlossen sein soll.
Diese bietet CEO Philipp Rickenbacher (Bild unten), der die Bank seit drei Monaten leitet, eine erste Gelegenheit, Julius Bär seinen Stempel aufzudrücken.
Neben dem geplanten Abbau hat er auch den bereits 2015 diskutierten Plan aus der Schublade geholt, wonach die Bank die mehr als 2 Milliarden Franken teure Konkurrentin EFG International übernehmen könnte, wie eine mit der Sache vertraute Person bestätigte. Eine Übernahme in dieser Grössenordnung wäre zwar spektakulär, ist kurzfristig aber weniger wahrscheinlich als der Sparkurs.
EFG International dementierte denn auch Gespräche mit Julius Bär, man halte an der bisherigen Strategie fest, wie das Institut am vergangenen Freitag mitteilte.
Rickenbacher sei ohnehin nicht begeistert von der Vorstellung, sich mit einer inkompatiblen Kultur und möglichen Compliance-Altlasten herumschlagen zu müssen, hiess es gegenüber finews.ch. Grundsätzlich stehe er Akquisitionen aber aufgeschlossen gegenüber.
Hunderte von Stellen
Kurzfristig will er die Bank mit Jobkürzungen für die Zukunft fit machen. Welches Ausmass diese annehmen werden, steht allerdings noch nicht fest, wie die Quellen sagten. Intern spekuliert man, es könnte 5 Prozent bis 10 Prozent der Belegschaft treffen.
Die definitive Antwort soll am 3. Februar 2020 kommen, wenn Rickenbacher das Resultat für das Gesamtjahr präsentiert. Julius Bär beschäftigt 6'768 Personen, auch ein Abbau im einstelligen Prozentbereich würde also Hunderte von Angestellten treffen.
Vor den geplanten Massnahmen können sich auch Kundenberater nicht sicher fühlen: Unprofitable Banker werden gehen müssen – selbst wenn sie substanzielle Vermögen verwalten, wie eine Person sagte.
Keine Kompromisse
Damit unterscheidet sich diese Sparübung von ähnlichen Programmen in der Vergangenheit, bei denen Berater durch ihre Fähigkeit geschützt waren, Neugeld anzuziehen. Parallel zu überzähligen Mitarbeitenden will Julius Bär dem weiteren Vernehmen nach auch beginnen, kleinere Kunden auszusortieren.
Rickenbacher und Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher gehen im Strategieprozess keine Kompromisse ein. Denn die Kosten drohen bei der 129-jährigen Privatbank aus dem Ruder zu laufen: Wie finews.ch schon berichtete, ist Julius Bär eine der am wenigsten fitten Privatbanken der Schweiz.
Bereits im vergangenen Februar hatte die Bank deswegen Stellen abgebaut, nachdem sie ihre Ziele verfehlt hatte: Das Kosten-Ertrags-Verhältnis war vergangenes Jahr auf 74,3 Prozent gestiegen. Im Verlauf von 2019 gelang es Julius Bär dann, die Kosten wieder etwas besser in den Griff bekommen und reduzierte das Kosten-Ertrags-Verhältnis auf 71 Prozent – mit einer weiteren leichten Verbesserung bis im Oktober.
Sinkende Margen
Das Ziel für nächstes Jahr ist, für jeden Franken Ertrag nur 68 Rappen auszugeben. Das scheint unerreichbar, solange Rickenbacher die Personalkosten nicht senkt. Zusätzlicher Rückenwind kommt allerdings, wenn die drei Jahre andauernde Überprüfung aller Kundenbeziehungen beendet sein wird; das Projekt namens «Atlas» schlug mit fast 100 Millionen Franken an Kosten zu Buche.
Zugleich hat die Bank mit abnehmenden Einnahmen zu kämpfen. Vor zwei Jahren betrug die Bruttomarge – der Ertrag gemessen an den verwalteten Vermögen – noch 90 Basispunkte. Diese Kennzahl liegt inzwischen lediglich noch bei 82 Basispunkten.
Fokus auf Superreiche
Immerhin konnte der CEO dieses Jahr noch vom Börsenboom profitieren. Dass die Hausse im gleichen Mass anhält, ist jedoch nicht sicher. Julius Bär leidet, zusammen mit der ganzen Branche, an einem Mangel an Anlagemöglichkeiten für Kundengelder. Ein wichtiger Grund dafür sind die Negativzinsen in Europa.
Auch vor diesem Hintergrund will sich Rickenbacher stärker auf das Segment der Superreichen konzentrieren. Diese machen bei Julius Bär mit 150 Milliarden Franken an Kundengeldern bereits mehr als ein Drittel der verwalteten Vermögen aus. Um die Beratung zu «personalisieren», will der CEO dort mehr Ressourcen einsetzen, wie finews.ch im August berichtete.