Hierzulande spricht man eigentlich nur von Revolut und N26, wenn es um die international tätigen Neobanken geht. Nun braut sich aus den Niederlanden ein Sturm zusammen, der die beiden Platzhirsche vom Feld fegen könnte.

Das Jahr 2019 ist definitiv das Jahr der Neobanken. Wie finews.ch bereits berichtet hat, nutzen inzwischen rund 300'000 Kundinnen und Kunden in der Schweiz das Angebot eines digitalen Herausforderers der klassischen Banken.

Nach Revolut und N26, den beiden Einhörnern aus dem Ausland, macht nun ein dritter Player in Europa von sich reden: die holländische Bunq (Bild unten).

bunq logo

Auch wenn das 2012 gegründete Unternehmen, das seit 2015 in den Niederlanden über eine vollwertige Banklizenz verfügt, in der Schweiz – mangels derer Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum EWR – noch nicht tätig ist, dürfte es den globalen Neobanken-Markt erneut aufmischen.

Bunq – der Name lässt sich in Kleinbuchstaben vorwärts wie rückwärts lesen – wurde vom in Kanada geborenen und seit dem siebten Lebensjahr in Holland lebenden Tech-Millionär Ali Nikham (Bild unten) gegründet.

bunq ali niknam

40 Millionen investiert

Nikham begann laut eigener Aussage im Alter von neun Jahren mit Coden, kaufte mit zwölf Jahren zum ersten Mal Aktien und gründete mit 16 seine erste Firma. Mit 21 Jahren gelang ihm mit der Gründung von TransIP der Durchbruch, einem Webhosting- und Domain-Namen-Anbieter, der inzwischen einer der drei weltweit führenden Anbieter in diesem Bereich ist.

2012 gründete er, inspiriert von der Finanzkrise 2008, die Neobank Bunq. Dem britischen Magazin «NSBanking» sagte er, es habe ihn tief getroffen, wie sein Umfeld von der Krise heim gesucht worden sei: Zum Beispiel «Menschen wie meine High-School-Freunde, die keine Hypothek bekommen konnten oder gezwungen waren, ihr Haus zu verkaufen; oder Unternehmerfreunde, die ihr Geschäft schliessen mussten, weil ihr Kredit plötzlich widerrufen wurde.»

Kein warmes Wasser

Damit das nie mehr passiere, habe er eine Bank gegründet. Das Startkapital von rund 40 Millionen Euro – fast Nikhams gesamtes Vermögen – warf er selber auf. Die Anfangszeit sei hart gewesen, so Nikham: «Wir begannen mit nur 15 Personen in einem Gebäude ohne Heizung und Warmwasser. Damals wusste niemand wirklich, wie man eine Banklizenz beantragt, da es seit Jahrzehnten keine Anträge für sowas von Greenfield-Unternehmen gab.»

Und er hat es doch geschafft. Wie viele anderen Neobanken gibt sich Bunq modern, familiär und entspannt locker. Im Gegensatz zur Konkurrenz gibt es bei dieser Neobank aber nichts gratis: Den günstigsten Zugang gibt es für 7,99 Euro, Geschäftskontos und zu zweit nutzbare Kontos für 9,99 Euro. Im Gegensatz zu Revolut wird bei Auslandszahlungen nicht der Interbanken-Kurs verrechnet, sondern der normale Mastercard-Kurs. Dafür wirbt das Unternehmen damit, alle Zahlungen in Echtzeit abzuwickeln.

Gefährliche Farbauswahl

Vor ein paar Monaten machte Bunq – wenn auch unverschuldet – negativ von sich zu reden. Ein holländischer Kunde wurde in Indien, als er in einem Kaffee mit der Karte (Bild unten) von Bunq bezahlen wollte, von einem Mob brutal zusammengeschlagen und ins Spital eingeliefert.

bunq karte

Der simple Grund: Der homophobe Mob nahm an, dass die regenbogenfarbige Karte einen Hinweis auf die sexuelle Orientierung des Trägers sei, hielt ihn für homosexuell und griff ihn darum an.

Nikham selber äusserte sich darauf in einem Statement, er sei zutiefst entsetzt, repräsentierten die Farben doch nur «das Glück und die Freude, die alle Menschen der Welt mit dem Anblick des Regenbogens verbinden.» Bunq setzte sich daraufhin mit dem Kunden in Verbindung.

Metall für die Umwelt

Inzwischen hat die Neobank eine neue Karte herausgegeben, ohne Regenbogen, dafür aus Metall wie bei der Konkurrenz. Die sogenannte Green Card (Bild unten) soll die – zugegebenermassen im Trend liegende – nachhaltige und ökologische Attitüde des Unternehmens unterstreichen: Das Cashback-Programm, in dessen Rahmen viele Anbieter ihren Kunden einen gewissen Anteil ihres Umsatzes zurückerstatten, nutzt Bunq für die Aufforstung.

Die Neobank hat versprochen, in Zusammenarbeit mit der in Madagaskar, Haiti, Nepal, und Indonesien tätigen Nichtregierungsorganisation Eden Reforestation Projects pro 100 Euro Umsatz einen Baum zu pflanzen.

Punkto Schweiz sagte das Unternehmen vor zwei Jahren, ihre Dienstleistungen seien zurzeit nur im EWR-Raum verfügbar. Auf dem Weg zur Weltherrschaft liege die Schweiz aber natürlich auch auf dem Weg. Angaben zu ihren Nutzerzahlen* veröffentlicht Bunq nicht.


 * Korrektur: In einer früheren Version wurde die Zahl 1,1 Millionen Nutzer genannt. Diese Angabe war falsch.