Sie gelten als Bedenkenträger – die Finanzfachleute und Ökonomen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Der jüngste Quartalsbericht ist voll solcher Bedenken.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel hat eine undankbare Rolle: Ihre Aufgabe besteht darin, die Notenbanken rund um den Globus zu «coachen», im Prinzip als Bank der Notenbanken zu agieren. Kritik an der Geldpolitik – und damit an der ultralockeren Geldpolitik – ist von der BIZ zwar direkt nicht zu hören. Wohl aber an den Auswirkungen dieser Geldpolitik.
Auch der jüngste Quartalsbericht ist reich an Passagen zu den negativen Konsequenzen der anhaltenden Geldflut – nichts Neues aus Basel, könnte man meinen.
Doch fällt der Quartalsbericht diesmal durch einen alarmistischeren Ton auf als auch schon, was angesichts der ohnehin sich ausbreitenden Unsicherheiten zu Konjunktur- und Börsenentwicklung kein gutes Omen ist. Hier sieht die BIZ Alarmzeichen:
1. Der Graben in der Eurozone
Dass sich die Eurozone immer weiter auseinander entwickelt, ist unter dem Schlagwort Divergenz wohl bekannt. Die Interessenlage im Währungsraum könnte unterschiedlicher nicht sein: Die Netto-Schuldner wollen anhaltend tiefe Zinsen und hoffen auf eine einsetzende Inflation. Die Netto-Zahler verlangen höhere Zinsen und befürchten eine Inflation.
Sichtbar wird diese Divergenz an der Performance der Bankaktien in der Eurozone: Das Problem ortet die BIZ nicht nur an den faulen Krediten in den Bilanzen dieser Banken. Vielmehr ist es die zunehmend engere Verknüpfung von staatlichen Interessen und den Banken.
Was sich so äussert: Eine Bankenreform kommt nicht zustande, weil die Banken weiterhin grosszügig Kredite vergeben sollen. Am Beispiel Italien rächt sich dies nun erneut. Die Bilanzen sind voll mit italienischen Staatsanleihen, deren Kurse stark gefallen sind.
2. Die Sorge um China
Der Handelskrieg mit den USA ist wohl mehr als bloss ein Tropfen auf den heissen Stein: Die Wirtschaft Chinas schwächt sich ab. Wer springt ein, wenn die Weltwirtschafts-Lokomotive des letzten Jahrzehnts unter weniger Dampf fährt?
Fakt ist, dass China grosse Mühe bekundet, das Schuldenwachstum unter Kontrolle zu halten. Das Gesamtkreditvolumen in China ist seit Jahresbeginn rückläufig, was eine zunehmend zurückhaltende Haltung der chinesischen Unternehmen und Konsumenten zu belegen scheint. Kommt die anhaltend unterdurchschnittliche Performance der chinesischen Börse hinzu.
Chinas Ausweg aus dem Konjunkturabschwung dürfte darin liegen, die Wirtschaft mit noch mehr Schulden zu beleben. Was der Angst vor einer Schuldenkrise in China nicht förderlich sein wird.
3. Die schädlichen Zombies
Die anhaltende Bankenkrise in Europa ist zu einer Belastung der gesamten Wirtschaft geworden. Diese äussert sich in einer stetigen Zunahme von sogenannten Zombie-Unternehmen – also Firmen, die eigentlich insolvent sind, jedoch weiterhin Kredite erhalten. Die Regel ist: Je kranker das Bankensystem in einem Land ist, desto mehr dieser Zombie-Firmen gibt es in diesem Land.
Die von der BIZ als «asymmetrisch» kritisierte Geldpolitik verstärkt das Zombie-Problem. Dieses besteht vor allem darin, dass in gesunde Unternehmen weniger investiert wird und Ressourcen falsch alloziert werden. Dies führt zu einer schwächeren Wirtschaftsleistung und zwingt die Notenbanken zu weiteren Zinssenkungen. Ein Teufelskreis.
4. Krisenherd Leveraged Loans
Der BIZ sind zunehmend riskante Unternehmensfinanzierungen ein Dorn im Auge. Die immer höhere Verschuldung von US-Unternehmen hat bereits der Internationale Währungsfonds (IWF) zu Warnungen veranlasst. Diese könne der Auslöser einer nächsten Finanzkrise sein. Das Problem: Die Schuldenwirtschaft dient dazu, höhere Gewinn durch «Financial Engineering» zu erzielen, nicht durch operative Verbesserungen.
Leveraged Loans, also Finanzierungen von Firmenübernahmen durch Private-Equity-Firmen, waren in den vergangenen Jahren ein Boomgeschäft. Investoren nehmen auf der verzweifelten Suche nach Rendite mehr Risiken. Das Problem: In einer schlechten laufenden Konjunktur werden viele Schuldner Mühe bekunden, ihre Kredite zurückzuzahlen.
Es droht ein Domino-Effekt, wenn Investoren ihre Schuldpapiere verkaufen wollen oder müssen und keine Käufer finden. Die Kurse fallen und der Verkaufsdruck steigt weiter. Explosiv wird die Mischung, wenn Bondkurse und Kreditpreise verfallen und die Zinsen in die Höhe schiessen. Die Finanzierungen von Unternehmen würden massiv unter Druck kommen, was sich auch auf die Realwirtschaft auswirken würde.