Das St. Galler Kantonalbank hat sich zur feinen Fintech-Adresse gemausert. Während dort Roboter auf dem Vormarsch sind, sollen ausgerechnet Menschen das Staatsinstitut vor Amazon & Co schützen. Ein Augenschein.
Wenn eine Bank in der Digitalisierung auf eine «hybride Strategie» vertraut und sich selber als «Smart Fast Follower» bezeichnet, dann ist die Frage nicht weit: Was machen die eigentlich? Im Falle der St. Galler Kantonalbank (SGKB) ist die Antwort einfach und kompliziert zugleich.
Einfach, weil Service-Center-Chef Felix Buschor (Bild unten) und Falk Kohlmann (Bild ganz unten), der Leiter Digital Banking, tatsächlich schon einiges an Digitalisierung umgesetzt haben. Sie tüftelten unter anderem mit Robotern, lancierten die digitale Kontoeröffnung ebenso wie Online-Hypotheken sowie die Spar-App Häschcash. Der Online-Finanzassistent der Staatsbank zählt mittlerweile 20'000 Nutzer.
Halt an der Kantonsgrenze
Und kompliziert, weil dem Gespann Buschor-Kohlmann eine ganze Reihe Einschränkungen und Besonderheiten auf dem Weg zum Digitalisierungsziel auferlegt wurden. Digitale Lösungen bauen sie primär, um die Kundenbindung im eigenen Marktgebiet zu stärken und Interessenten im Marktgebiet anzuziehen. Von einer nationalen Digitalisierungs-Offensive wie jene etwa der Basler und Schwyzer Kantonalbanken ist das weit entfernt.
Ebenso betrachten sie die gewohnten Absatzkanäle zum Kunden, also etwa Filialen und Berater, als mindestens gleichwertig zu ihren digitalen Bemühungen.
Im Rennen um die Digitalisierung nehmen sich die beiden zudem extra Zeit, um alle von einem neuen Produkt betroffenen Einheiten einzubinden. Buschor und Kohlmann, denen der flamboyante Auftritt so mancher Fintech-Kollegen sichtbar abgeht, wenden dazu die als notorisch schwerfällig geltenden Matrix-Organsiation an. «Das macht die Realisierung zwar langsamer, zahlt sich aber bei der internen Akzeptanz der Produkte aus», erklärt Kohlmann.
Bollwerk gegen marktfremde Konkurrenz
Das hybride Modell, das digitale und analoge Kanäle als gleichwertig betrachtet, ist indes mehr als eine künstliche Komplikation. Geht die Strategie auf, dann bietet sie der Staatsbank ein brauchbares Bollwerk gegen branchenfremde Eindringlinge, wie Buschor erklärt. «Mit der Hybridstrategie wähnen wir uns relativ sicher vor marktfremden Playern wie Amazon oder Google». Denn: Professionelle Finanzberatung werde auch künftig persönliche Beratung erfordern.
«Die Internetriesen beschränken sich wohl auf rein digitale Beziehungen, weshalb sie dieses relativ hochmargige Geschäft wohl nicht anpacken», urteilt der Banker.
Automatisierungs-Offensive im Backoffice
Ebensowenig ist das hybride Vorgehen als Artenschutz fürs traditionelle Geschäft zu verstehen. Nachdem die St. Galler bei der Übernahme der Kundengelder der MM Warburg Bank (Schweiz) erstmals Robotik einsetzte, wollen sie bei der Automatisierung weiter vorwärts machen. «Wir überlegen uns nun, an die 20 Prozesse im Backoffice zu automatisieren», so Buschor.
Damit können durchaus bestehende Jobs überflüssig werden, wie der Manager durchblicken lässt. Allerdings: «Wenn sich durch die Robotik Einsparungen bei den Stellen ergeben, versuchen wir, diese durch die natürliche Fluktuation auszugleichen», sagt er. Dort, wo es sinnvoll sei, würden Mitarbeitende für neue Aufgaben ausgebildet.
Widerspenstige Kundschaft
Einiges an Herausforderungen bietet weiterhin auch die «Kundenschnittstelle». «Kunden nutzen die digitale Angebote nur dann, wenn sie auch Nutzen stiften», weiss Kohlmann, der einst beim Telekomriesen Swisscom den Fintech-Thinktank E-foresight lenkte und zu den bekannten Köpfen der hiesigen Szene zählt.
Um etwa den heute erfolgreichen digitalen Finanzassistenten zu den Kunden zu bringen, erinnert sich der Digitalchef, habe es nicht weniger als fünf Marketing-Versuche gebraucht.