Die Nationalbank wird den Leitzins weiter senken, aber nicht unter 0 Prozent. Im anhaltenden Tiefzinsumfeld sind dividendenstarke Aktien attraktiv. US-Aktien sind bereits recht hoch bewertet, profitieren aber von der robusten Konjunktur. Das sind die Kernaussagen der St. Galler Kantonalbank in ihrem Ausblick auf das Anlagejahr 2025.
Die St. Galler Kantonalbank (SGKB) rechnet zwar 2025 mit noch tieferen Zinsen, geht aber nicht davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) wieder einen Negativzins auf den Sichtguthaben, die Bank bei ihr auf den Girokonten handeln, erheben wird.
Allerdings schliesst die SGKB auch nicht aus, dass die Schweizer Geldpolitiker rückfällig werden, wie CIO Thomas Stucki (der früher selber im Asset Management der SNB tätig war) und Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie und Analysen, am Donnerstagmorgen an einer Veranstaltung in Zürich deutlich machten. «Die Hemmschwelle dafür ist kleiner geworden, weil der Negativzins schon einmal technisch gesehen funktioniert hat», gab Stucki zu bedenken.
Mehr Devisenkäufe statt Zinssenkungen im Kampf gegen die Frankenstärke?
Die SNB stehe im Spannungsfeld zwischen einer auf Preisstabilität und Konjunkturförderung ausgerichteten Zinspolitik und einer Wechselkurssteuerung, die eine übermässige Aufwertung des Frankens verhindern soll. Stucki geht davon aus, dass die SNB im Kampf gegen einen zu harten Franken eher zu Devisenkäufen als zu Zinssenkungen greifen wird.
Deshalb prognostiziert die SGKB anders als der Markt nur noch zwei Zinssenkungen, eine im Dezember dieses Jahres und die zweite im März 2025, womit (wenn kleine Schritte unterstellt werden) der SNB-Leitzins auf 0,5 Prozent zu liegen käme.
Markt signalisiert mehrjähriges Tiefzinsumfeld
Tief sind auch die längerfristigen Markterwartungen, die sich aus den Terminsätzen (Forwards) ablesen lassen. Zurzeit gehen die Marktteilnehmer davon aus, dass die ganze Zinskurve von 0 bis 10 Jahren bis Ende 2029 unter 0,7 Prozent bleibt. In diesem Tiefzinsumfeld seien Alternativen zu sicheren Anleihen gefragt, folgerten die beiden Anlagestrategen.
Und dabei richtet sich der Blick fast schon zwangsläufig auf Aktien, besonders solche, die eine verlässliche Dividende versprechen. Mit einer durchschnittlichen Dividendenrendite von 3 Prozent seien Schweizer Aktien attraktiv, hielt Stucki fest. «Der Effekt der kumulierten Dividendenerträge darf nicht unterschätzt werden; gerade für unsere Kunden, die sich vermehrt ihr Pensionskassenguthaben auszahlen und lassen und entsprechend Anlagebedarf haben, ist das ein sehr wichtiges Argument.»
US-Aktien: Hoch bewertet und trotzdem attraktiv
US-Aktien sind zwar hoch bewertet, bleiben aber für die SGKB attraktiv. «Die Konjunktur, die besser läuft als in Europa, und die vom künftigen Präsidenten angekündigte Deregulierung stützen den Markt», führte Stucki aus. Ausserdem wirke der Trend hin zum indexierten, passiven Anlegen insgesamt stabilisierend für den Gesamtmarkt.
Bezüglich der geopolitischen Risiken, die auf den Sorgenliste zahlreicher Anleger derzeit weit oben figurieren, bleibt die SGKB ziemlich gelassen. Sie könnten zwar kurzfristige Schwankungen auslösen, spielten aber keine entscheidende Rolle.
Gold als Anlage und Bitcoin als «Spekulationsobjekt»
Dass Gold und Bitcoin ins Programm des Anlageausblicks 2025 aufgenommen wurden, hat natürlich mit der ausserordentlich guten Performance der beiden Anlageklassen im laufenden Jahr zu tun. Aus dem Sicherheitsgedanken heraus ergebe Gold im Umfang von 5 bis 10 des Portfolios Sinn, u.a. weil die Käufe der Zentralbanken dem Goldpreis eine solide Basis gäben.
Dagegen betrachtet Stucki den Bitcoin weiterhin als «Spekulationsobjekt», das nicht Teil der strategischen Asset Allocation sein darf. Der Markt sei immer noch recht eng, die Preisschwankungen seien zu gross, und die Korrelation zum Aktienmarkt sei zu hoch – Bitcoin könne deshalb nicht das neue Gold sein. «Aber wir werden zurzeit bei allen Kundenveranstaltungen mit dem Thema Bitcoin konfrontiert, auch von Pensionskassen.»