Die Zinsentwicklung und Änderungen in der Regulierung sind zwei Schlüsselgrössen für die Abschätzung des Gewinnpotenzials von Banken. Die Aktienanalysten der ZKB haben das Umfeld gründlich durchleuchtet – und favorisieren ein Quartett mit ganz unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Sie weisen zudem darauf hin, dass der Ausgang der Eigenmitteldebatte nicht nur für die UBS relevant sein wird.
UBS, Partners Group, Swissquote und die St. Galler Kantonalbank (SGKB): Das sind die Namen der Top Picks 2025 im Finanzsektor. Dies geht aus einer vor wenigen Tagen publizierten Studie zu Schweizer Banken hervor, die das Aktienresearch der (selber notabene nicht börsenkotierten) Zürcher Kantonalbank (ZKB) verfasst hat.
Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass die Aktien von vier Finanzinstituten mit so unterschiedlichen Geschäftsmodellen als «Outperformer» zum Kauf empfohlen werden. Das ZKB-Analysten-Team unter Führung von Michael Klien liefert nachvollziehbare Begründungen, weshalb bei diesem Quartett das Risiko-Chancen-Profil günstig und Potenzial nach oben vorhanden sein soll.
- UBS: Die erfolgreiche Integration der Credit Suisse (CS) habe erheblichen Wert geschaffen, der sich noch nicht vollständig im Aktienkurs spiegele. Allerdings dürfte die derzeitige Phase von erhöhter Volatilität geprägt sein, da die einfachen Gewinne weitgehend realisiert worden seien. Doch später werde man die Früchte der Integration ernten können, und daher sei es sinnvoll, investiert zu bleiben.
- Partners Group: Der führende Anbieter von sogenannten Evergreen-Fonds, die private Märkte auch vermögenden Privatpersonen erschliessen, sei in einem Bereich tätig, der in den nächsten fünf Jahren von heute 500 Milliarden auf 5 Billionen Dollar wachsen werde. Das sollte es dem Unternehmen ermöglichen, die verwalteten Vermögen weiterhin jährlich um 10 Prozent zu steigern. Kurzfristig unterstützend wirke zudem die Normalisierung im Transaktionsgeschäft, speziell des Umfelds für Börsengänge.
- Swissquote: ZKB traut der in der Schweiz führenden Online-Handelsplattform eine markante Steigerung des Marktanteils zu, von hierzulande derzeit noch 2,5 auf mindestens 7,5 Prozent. Zudem sei Swissquote daran, in Europa Fuss zu fassen. Daher werde das Unternehmen die verwalteten Vermögen (Assets under Custody) auf absehbare Zeit mehr als 10 Prozent jährlich steigern können. Zwar belasteten die gesunkenen Zinsen den Zinsertrag, doch biete die Belebung der Kundenaktivitäten Potenzial.
- SGKB: Die Ostschweizer Kantonalbank mit ihrem Hypothekargeschäft leide zwar unter dem Zinstrend – die ZKB-Ökonomen erwarten, dass der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und damit die Frankengeldmarktsätze mit dem Referenzwert Saron gegen 0 Prozent sinken. Aber im Aktienkurs sei bereits viel Gegenwind eingepreist. Die Chance, dass der Schaden kleiner ausfalle als vom Markt erwartet, übersteige das Risiko klar. Zudem sei die SGKB als diversifizierte Bank mit einem soliden Vermögensverwaltungs- und Private-Banking-Geschäft gut positioniert, um die Chancen zu nutzen, die sich aus dem Wandel der Bankenlandschaft, insbesondere mit der Integration der CS, ergäben.
Die ZKB-Analysten setzen sich in ihrer Studie intensiv mit den Folgen der Zinsentwicklung und der Basel-III-Regulierung auf die Ergebnisse der Banken auseinander. Aufgrund der Heterogenität des Schweizer Finanzsektors sind die Institute davon sehr unterschiedlich betroffen.
Tiefere Zinsen treffen nicht nur die Kantonalbanken
Senkt die SNB ihren Leitzins 2025 wie erwartet weiter ab, wird dies grundsätzlich v.a. den Banken zusetzen, bei denen das Zinsgeschäft besonders dominant ist. Beispiele dafür sind die Valiant Bank und die Kantonalbanken, allen voran die Luzerner Kantonalbank. Partners Group, Leonteq oder das VZ Vermögenszentrum weisen demgegenüber aufgrund ihres Geschäftsmodells ein sehr bescheidenes Zins-Exposure auf.
Die ZKB-Analysten skizzieren ein hypothetisches Szenario eines massiven Zinsschocks, in dem sich die ganze Zinskurve um 1 Prozentpunkt nach unten verschiebt und ermitteln daraus die (ins Verhältnis zum Eigenkapital Tier 1 gesetzte) Gewinnsensibilität (auf Basis der Zahlen 2023). Dass mit der Genfer und der Glarner Kantonalbank die Ergebnisse zweier Staatsinstitute am empfindlichsten auf einen solchen Schock reagiert hätten, überrascht wenig. Aber auf den nächsten Plätzen folgen bereits EFG International und Vontobel, bei denen das Hypothekargeschäft keine grosse Rolle spielt.
Komplexer Zinseffekt
Der tatsächliche Effekt tieferer Zinsen auf das Ergebnis hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, u.a. davon wie rasch eine Bank die Verzinsung der Spargelder nach unten anpassen und umgekehrt auf der Aktivseite z.B. bei der Vergabe neuer Hypotheken die Anpassung hinauszögern kann. Und ein hoher Anteil ausstehender variabel verzinslicher Hypotheken ist aus Bankensicht bei fallenden Zinsen ebenfalls negativ.
Neben den Kundengeldern nutzen die meisten Banken auch andere Finanzierungsquellen, namentlich den Anleihenmarkt. Dort führten die Zinssenkungen der SNB grundsätzlich zwar ebenfalls zu einem Abwärtsdruck auf das Renditeniveau, aber die Banken zahlten 2024 höhere Risikoaufschläge (Spreads) gegenüber dem Swapmarkt, der als Referenz gilt. Dort tauschen Banken untereinander variable gegen fixe Verzinsung und umgekehrt.
Banken müssen am Kapitalmarkt höhere Spreads bezahlen
«Selbst Kantonalbanken mit sehr guter Bonität, die zuvor Anleihen mit minimalen Aufschlägen gegenüber Saron emittierten, mussten eine Ausweitung ihrer Aufschläge auf 40 bis 50 Basispunkte hinnehmen. Dieser Trend ist in der gesamten Branche zu beobachten und spiegelt sich auch in den Spreads von Pfandbriefen wider, die in der Schweiz als nahezu risikolos gelten», beobachtet die ZKB (siehe Grafik unten).
Naturgemäss trifft diese Entwicklung Banken mit einer grösseren Einlagenbasis weniger als solche, die sich mehr über den Kapitalmarkt refinanzieren müssen – sei dies direkt oder indirekt, über die beiden Pfandbriefinstitute.
Banken, die grössere Bestände an variabel verzinslichen Assets halten, sind gemäss der Studie generell stärker von niedrigen Zinsen betroffen. Dies erklärt auch das auf den ersten Blick überraschend grosse Exposure von EFG und Vontobel.
BCV: Eine Bank, die vom Schweizer Alleingang mit Basel III final profitiert
Von den zwar international im Rahmen von Basel III beschlossenen, von der Schweiz aber im Alleingang per 1. Januar 2025 verschärften Kapitalstandards (Basel III final) seien primär Banken betroffen, die sich zur Einschätzung der Bonität ihrer Kreditkunden auf interne Ratings abstützten.
Dazu zählt die Banque Cantonale Vaudoise (BCV), die gemäss den ZKB-Analysten per saldo vom neuen Regime sogar profitieren könnte.
Was der Super Bowl mit den «Basel endgame rules» zu tun hat
Dass die Schweiz mit der Implementierung von Basel III final allein auf weiter Flur ist, liegt offenbar auch daran, dass die Arbeit der Bankenlobby in anderen Ländern stärker gewirkt hat. Die ZKB verweist nämlich darauf, dass die US-Banken gegen die dort als «Basel endgame rules» bekannte Regulierung Werbung im Finale des American-Football (Super Bowl) geschaltet haben.
Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat bekanntlich wiederholt Bedenken gegen einen helvetischen Alleingang geäussert. So lehnte sie bereits Ende 2022 ein Vorpreschen der Schweiz ab und zeigte sich im Juni 2024, als der Bundesrat die Umsetzung per Anfang 2025 beschloss, entsprechend «irritiert». Vielleicht muss sie künftig doch härtere Kampagnen fahren, wie in den USA das Financial Services Forum mit «Another bill Americans can't afford»
UBS-Kapitaldiskussion ist auch für andere Banken relevant
Zurück zur Studie: Die ZKB geht zudem davon aus, dass der Ausgang der Diskussion um die künftigen Eigenmittelanforderungen für die UBS nicht nur für die Grossbank relevant ist, sondern auch Folgen für andere Schweizer Banken haben könnte.
Wer also als Manager einer Schweizer (Nicht-Gross-)Bank glaubt, dass ihn die ganze Eigenkapitaldebatte nichts angeht (und vielleicht sogar leichte Schadenfreude verspürt), könnte bald unsanft aus seiner Traumwelt gerissen werden.