Beim Teilverkauf ihrer Bezahlsparte hat die Börsenbetreiberin SIX einen ansehnliche Preis gelöst. Doch die Barkomponente des Deals könnte Begehrlichkeiten wecken, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Glaubt man dem Umfeld innerhalb der SIX, hat der Finanzinfrastruktur-Konzern mit dem am Dienstag bekanntgegebenen Teilverkauf seines Kartengeschäfts einen guten Schnitt gemacht. Der Preis von 2,3 Milliarden Euro, den die neue französische Partnerin Worldline dafür bezahlte, entspricht rund dem Zwanzigfachen des Betriebsgewinns (Ebitda) jener Sparte.
«Die SIX konnte wirklich auswählen», berichtet ein Kenner des Deals gegenüber finews.ch. Denn im europäischen Payment-Geschäft ist eine rasante Konsolidierung in Gange. Dabei hat das Business der Schweizer sowohl die richtige Grösse wie auch die Qualität, um einen Käufer in diesem Rennen nach vorn zu bringen, heisst es.
Due diligence in die Gegenrichtung
Tatsächlich steigt das Duo Worldline-SIX voraussichtlich zum Zahlungsverkehr-Marktführer auf dem Kontinent auf.
Allerdings ging es bei der Transaktion laut jener Quelle nicht nur um den Preis; die SIX habe ausserdem darauf gepocht, einen signifikanten Minderheitsanteil zu halten und an den langfristigen Ertragschancen des neu entstandenen Marktteilnehmers voll teilzunehmen. Um sich dessen zu versichern, hätten die Schweizer die in der Endrunde verbleibenden Bieter ihrerseits einer «rerverse due diligence»-Prüfung unterzogen.
Seitens der SIX war die US-Investmentbank J.P. Morgan beratend unterwegs; die Franzosen wurden von der ebenfalls amerikanischen Konkurrentin Citigroup unterstützt. Dass die für den Teilkauf notwendige Kapitalerhöhung bei den Aktionären von Worldline durchkommt, gilt dabei als so gut wie ausgemacht. Demnach sollte das Geschäft bis im vierten Quartal 2018 in trockenen Tüchern sein.
Sonderdividenen haben Tradition
Doch die Frage stellt sich, ob sich auf Schweizer Seite von da an Begehrlichkeiten regen. Insbesondere, wenn es um die Verwendung des Baranteils von 338 Millionen Franken geht: Beobachter halten es für möglich, dass die 130 Schweizer Banken, denen die SIX gehört, dieses Geld als Sonderdividende für sich einfordern.
Mit Blick auf die Vergangenheit schein das nicht so abwegig. Nach dem Verkauf des Anteils an der europäischen Derivatebörse Eurex schüttete die SIX 2013 eine Sonderdividende von 9.41 Franken pro Aktie an die Banken aus; 2015 gingen rund 400 Millionen Franken als ausserordentliche Dividende an die Aktionäre, nachdem die SIX ihre Anteile am Joint-Venture Stoxx mit der Deutschen Börse veräussert hatte. Geld, das die Banken in jenen stürmischen Zeiten gut gebrauchen konnten.
Lieber den Spatz in der Hand?
Beim Teilverkauf des Kartengeschäfts präsentiert sich die Lage nun anders; die SIX will von einer langfristigen Beteiligung profitieren. Im Sinne der Langfristigkeit wäre es daher naheligend, das Cash aus der Transaktion im Konzern zu reinvestieren. Doch die Aktionäre könnten zum Schluss gelangen, dass der Erfolg der Partnerschaft nicht im Vornherein feststeht.
Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, würden sich die SIX-Eigner da sagen – und die Sonderdividende einfordern. Somit begänne der Tanz ums Goldene Kalb.
Auf Anfrage hiess es bei der SIX, dass über eine allfällige Sonderdividende erst an der Generalversammlung im Jahr 2019 entschieden werde. Es ist aber zumindest denkbar, dass die Börsenbetreiberin nicht so leicht vom Cash aus Frankreich lässt. So kündete die SIX im vergangenen März an, dass aufgrund der strategischen Partnerschaft im Payment-Bereich die Dividendenpolitik künftig «kritisch hinterfragt» werden müsse.