Geldgeber aus Nahost sind als Retter in der Not bei Banken willkommen. Doch nun häufen sich Fälle, bei denen ihre Präsenz mehr belastet als hilft. Die Scheichs lassen ein Sensorium fürs Banking vermissen.
Tatort Frankfurt: Nach einem unter den Erwartungen ausgefallenen Halbjahr machten anonyme Grossaktionäre ihrem Missfallen über den Geschäftsgang bei der Deutschen Bank Luft. Via dem deutschen «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) sparten sie nicht an Kritik an CEO John Cryan (Bild unten).
Dieser habe in den zwei Jahren an der Spitze schlicht zuwenig verändert. Der Ex-UBS-Manager sei daher möglicherweise nicht mehr der richtige Mann für den Job, meinten sie.
Für die Kommentatoren war rasch klar, woher die verdeckte Kritik kam: Vom chinesischen Unternehmen HNA sowie von Vertretern der Herrscherfamilie aus Katar, die jeweils etwas weniger als 10 Prozent an der grössten Bank Deutschlands halten. Die Scheichs waren im Sommer 2016 in aller Stille mit zu den grössten Aktionären des Instituts aufgestiegen.
Bärendienst an der Deutschen Bank
Nachdem sie damit Anfangs gute Buchgewinne eingefahren hatten, mussten sie jedoch zusehen, wie ihr Investment dieses Jahr einen Fünftel an Wert einbüsste. Das kann keinem Eigner schmecken.
Indem die Grossaktionäre am Stuhl Cryans sägen, erweisen sie dem Unternehmen nun einen Bärendienst. Der Aktienkurs der Deutschen Bank gab nochmals deutlich nach, und deutsche Medien spekulierten seitenlang über die Zukunft des Instituts.
Doch die Frage bleibt: Wenn der unprätentiöse und erfahrene Cryan nicht der richtige Mann für den Turnaround ist – wer dann?
Walter Berchtold auf dem Sprung
Bereits auf dem Sprung ist der Chef einer anderen von Investoren aus Nahost kontrollierten Bank: Wie auch finews.ch berichtete, hat Walter Berchtold (Bild unten) bei der Falcon Private Bank in Zürich den Hut genommen. Grund dafür ist offenbar eine Meinungsverschiedenheit mit den Eignern der Bank, der Herrscherfamilie aus Abu Dhabi.
Wie es heisst, wollte Berchtold wie ein Unternehmer an Falcon beteiligt werden, drang aber beim Grossaktionär nicht durch. Und ging.
An ihrem Besitz festzuhalten, ist das gute Recht der Eigner am Persischen Golf. Für die Bank kommt der Abgang Berchtolds jedoch zur Unzeit. Der als einstiger Chef des Private Banking der Credit Suisse (CS) bestens bekannte Banker hatte Falcon vor gut einem Jahr in höchster Not übernommen.
Die Privatbank war in den Strudel des Skandals um den malaysischen Staatsfonds 1MDB geraten, dessen mutmassliche Drahtzieher pikanterweise teils auch bei den Falcon-Besitzern in Abu Dhabi sassen.
Mangelndes Gespür
Berchtold hatte es verstanden, den Schnitt mit der Vergangenheit zu machen und dem arg gebeutelten Institut innert Kürze ein frisches Fintech-Image zu verpassen. Dass er nun unter undurchsichtigen Umständen geht, sendet ein verstörendes Signal an die Branche. Und seine Nachfolger mögen ihre Sache noch so gut machen: Punkto Profil können sie dem scheidenden CEO das Wasser nicht reichen.
Dass die Eigner dies in Kauf nehmen, lässt aus Sicht von finews.ch auf ein mangelndes Sensorium für die Eigenheiten des Swiss Banking schliessen.
Die Stagnation mitgetragen
Was bei Falcon nun droht, ist die Stagnation – so, wie sie die CS in den letzten Jahren der Ära von Ex-CEO Brady Dougan erlebte. Die Grossbank war zwar ohne Staatsrettung durch die Finanzkrise gekommen, verpasste es dann aber, das schwierig werdende Investmentbanking rasch zurückzufahren. Einen Teil der Verantwortung dafür tragen abermals die Grossaktionäre aus Katar.
Auf der Höhe der Finanzkrise war der Staatsfonds Qatar Investment Authority (QIA) mit Milliarden beigesprungen – und lässt sich seither sein Engagement mit Dividenden und hohen Zinszahlungen vergolden.
So sind die Katari unter anderem in Besitz von zwei Pflichtwandelanleihen (so genannten Cocos), welche die CS mit im Tiefzinsumfeld sagenhaft hohen Coupons von 9 respektive 9,5 Prozent bedienen muss. Dem Emirat fliessen so jährlich mehr als 380 Millionen Franken zu. Geld, das dem Institut im Turnaround fehlt.
Das Milliarden-Dilemma
Im Verwaltungsrat der Grossbank machten die Katari nicht mit Aktivismus von sich reden. Dem Vernehmen nach soll QIA-Vertreter Bin Hamad J.J. Al Thani (Bild unten) dort vor allem mit langen Rauchpausen aufgefallen sein. Trotzdem sorgte sein im letzten Februar angekündigter Rücktritt aus dem Gremium für einiges Aufsehen. Sofort wurde spekuliert, wie lange die CS noch auf die Milliarden aus Nahost zählen könne.
Das zeigt das Dilemma rund um die Petrodollars: In Krisenzeiten sind sie bei den Banken hoch willkommen. Wenn es aber darum geht, mit dem raschen Wandel in der Branche mitzuhalten, erweisen sich die oftmals undurchsichtigen Züge der Eigner aus Nahost als kontraproduktiv.
Wohlgemerkt – jedem Aktionär ist es unbenommen, seine Rechte geltend zu machen. Doch eine Bank ist nicht ein Unternehmen wie jedes andere. Dies, weil ihr wichtigstes Kapital im Vertrauen der Anspruchsgruppen liegt. Berechenbarkeit und Transparenz sind die Grundbedingungen dafür. Es ist die Aufgabe eines Grossinvestors, dies zu würdigen.