Totale Kundenorientierung – dieser Ansatz komme von seiner ersten Ausbildung in der Hotellerie, sagt Laurent Gagnebin, CEO der Rothschild Bank. Vielleicht ist der Banker deswegen so glaubwürdig.


Herr Gagnebin, Sie sind seit gut einem Jahr im Amt als CEO der Rothschild Bank in der Schweiz. Was waren die wichtigsten Ereignisse in dieser Zeit?

Es gibt keine Einzelereignisse, die dieses Jahr geprägt haben. Es ist eher die Summe vieler kleiner Massnahmen, die beginnen, Früchte zu tragen. Ein Teil davon hat mein Vorgänger, Veit de Maddalena, noch eingeleitet, ein Teil habe ich mit meinem Team aufgegleist.

Beispiele?

Wir haben viel Energie in die weitere Verbesserung unseres Anlageansatzes investiert, was zu deutlichen Performance-Steigerungen geführt hat. Wir haben unsere Kundenberater-Teams in allen Märkten weiter ausgebaut und damit den Service verbessert. Und auch bei der Kostendisziplin haben wir noch einmal zugelegt und unsere Cost-Income-Ratio deutlich gesenkt.

Wo liegen die grössten Herausforderungen, die Sie noch zu bewältigen haben?

Generell wollen wir in allen Märkten weiterwachsen. Das ist uns in den vergangenen Jahren vor allem in Genf und in Deutschland schon sehr gut gelungen. In Zürich sind wir ebenfalls auf gutem Weg.

«Die ersten drei Monate des neuen Geschäftsjahres waren vielversprechend»

Da wir in der Vergangenheit sehr viel in unsere IT-Plattform investiert haben, ist diese nun problemlos skalierbar, und wir können darauf Wachstum viel kostengünstiger abbilden.
Wir wollen auch einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung machen. Hierbei geht es einerseits darum, den Kunden digital einen besseren Zugang zu unseren Dienstleistungen zu bieten, andererseits wollen wir die neuen Technologien zur Verbesserung des Service einsetzen.

Ihre gesamten Kundenvermögen nahmen im Berichtsjahr zwar zu, doch das Neugeld war rückläufig. Ein Grund zur Sorge?

Nein. Diese Entwicklung ist erklärbar. Wir haben eine von uns gehaltene Tochtergesellschaft innerhalb der Rothschild & Co Gruppe weiterverkauft, womit ein Teil der Kundenvermögen aus unseren Büchern fiel. Abgesehen davon haben wir in allen Märkten Neugelder akquirieren können.

Unsere Ambition ist aber natürlich, dass wir in gewissen, langsamer wachsenden Märkten deutlich mehr neue Kunden gewinnen als dies 2016 der Fall war. Die ersten drei Monate des neuen Geschäftsjahres waren diesbezüglich schon einmal vielversprechend.

Wo ist die Rothschild Bank gewachsen im jüngsten Berichtsjahr?

Besonders erfolgreich waren wir in Genf, Frankfurt und in diversen internationalen Märkten. In Genf konnten wir in den vergangenen drei Jahren unsere Kundenvermögen mehr als verdreifachen.

«Es ging darum, weniger und schlankere Gremien zu haben»

In Zürich ist es uns zudem gelungen, unsere Marktposition und Bekanntheit weiter auszubauen, was sich dieses Jahr direkt in einer Zunahme der Neukunden niederschlagen sollte.

Sie erklärten vor ein paar Monaten in einem Interview mit finews.ch, dass auch die Schweiz ein wichtiger Markt für Sie sei. Was haben Sie quantitativ bisher erreicht?

Vor zehn Jahren hatten wir praktisch keine Schweizer Kunden. Mittlerweile verwalten wir in Zürich und Genf Onshore-Kundenvermögen von rund 5 Milliarden Franken, was über ein Drittel unserer gesamten Kundenvermögen ausmacht.

Wie präsentiert sich die Personalentwicklung in der Schweiz bei der Rothschild Bank?

Insgesamt sind die Mitarbeiterenzahlen stabil geblieben. Allerdings haben wir unsere direkte Kundenbetreuung ausgebaut und Ressourcen vom Backoffice hin zu den Kunden verlagert. Alleine im Geschäftsjahr 2016/2017 sind mehrere Kundenberater zu uns gestossen.

Im Verwaltungsrat der Bank kam es im Berichtsjahr zu einem Exodus an Mitgliedern. Sogar Baron David de Rothschild trat aus. Hat er das Vertrauen in das Institut verloren?

Nein, im Gegenteil. Baron Davids Sohn Alexandre de Rothschild ist weiterhin in unserem Verwaltungsrat. Er vertritt die Familie in der 8. Generation. Die Veränderungen haben mit einer Vereinfachung der Strukturen innerhalb der Rothschild & Co Gruppe zu tun. Es ging darum, weniger und schlankere Gremien zu haben.

Sie verantworten in Ihrer Funktion seit kurzem auch das asiatische Geschäft. Welche Strategie verfolgen Sie in diesem Wachstumsmarkt?

Asien ist für uns ein wichtiger Markt, wo wir uns auf sehr vermögende Familie und Unternehmer konzentrieren, die einen Teil ihres Vermögens diversifizieren und daher in Europa verwalten lassen wollen.

«Es hat eine Verlagerung von Hongkong nach Singapur gegeben»

Wir profitieren dabei besonders von unserer bekannten Marke, der starken Präsenz unseres Global Advisory Geschäfts sowie unserer Trusteinheit. Ebenfalls sind die asiatischen Kunden sehr an der Möglichkeit interessiert, gemeinsam mit uns in Private Equity zu investieren. Das ermöglicht unser Merchant Banking Geschäft. Da wir vor Ort in Asien über keine Buchungsplattform verfügen, haben wir nicht das Overhead-Problem, das andere Auslandbanken dort haben.

Sie haben im vergangenen Jahr den Standort Singapur personell deutlich verstärkt. Was sind Ihre Erwartungen?

Wir sind in Singapur und Hongkong vertreten und unsere Mitarbeitenden-Zahlen sind in den letzten drei Jahren insgesamt nur unwesentlich gestiegen. Es hat allerdings eine leichte Verlagerung von Hongkong nach Singapur gegeben.

«Derzeit ist die achte Generation am Ruder»

Insgesamt arbeiten in Asien derzeit rund 30 Personen für den Bereich Private Wealth und das Trustgeschäft. Unser Ziel ist es, mit diesem schlanken Setup und dem klar definierten Angebot, in Asien in den kommenden Jahren deutlich zu wachsen.

Mit welchen Führungsprinzipien leiten Sie die Bank?

Mir ist der totale Fokus auf unsere Kunden das Wichtigste. Dieser Ansatz kommt wahrscheinlich von meiner ersten Ausbildung an der Ecole Hotelière de Lausanne und meinen Erfahrungen im Hotel- und Gastronomiegeschäft. Weiter setze ich auf flache Hierarchien, Vertrauen und Teamwork.

Ausser durch ihren Namen, wie unterscheidet sich die Rothschild Bank von der Konkurrenz?

Unser gesamtes Angebot ist sehr einfach und fokussiert. Wir sind uns bewusst, dass wir nicht alles für jeden bieten können. Eine unabhängige und konfliktfreie Beratung, da wir keine eigenen Produkte anbieten, ist ein sehr wichtiges Unterscheidungsmerkmal.

Dies ist gepaart mit Kostentransparenz und einem langen Anlagehorizont. All diese Merkmale entsprechen der DNA der gesamten Rothschild & Co Gruppe und gehen auf eine lange Familientradition zurück. Derzeit ist die achte Generation am Ruder. Genau deshalb sind wir auch ein glaubwürdiger Partner für Unternehmer.


Der 40-jährige Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als Nachfolger von Veit de Maddalena die Rothschild Bank in der Schweiz.

Laurent Gagnebin ist der Sohn von George Gagnebin, einem in der Branche bekannten Bankier, der in den späten 1990er-Jahren zum Top-Management der damals fusionierten UBS gehörte und heute als Verwaltungsratspräsident der Genfer Banque Pâris Bertrand Sturdza amtet.