Seit kurzem ist Anke Bridge Digitalchefin der Credit Suisse Schweiz – und bereits auf allen Kanälen. Das erinnert nicht von ungefähr an ihr Pendant bei der Erzrivalin UBS.

Die Vergangenheit hat die Credit Suisse (CS) wieder einmal eingeholt. Wie auch finews.ch am vergangenen Freitag berichtete, kam es in London, Paris und in Amsterdam zu Razzien gegen die Schweizer Grossbank. Anstoss dazu hatten niederländische Steuerfahnder gegeben, die beim Institut rund 3'800 Geheimkonten mit Schwarzgeld vermuten.

Einmal mehr zeigt sich: Die CS kommt von ihrer «legacy», den Altlasten, nicht los. Umso wichtiger ist es für die zweitgrösste Schweizer Bank also, nach vorn zu blicken.

Ein Hauch Gründerszenen-Groove

Diese Zukunftsperspektive gibt es: CS-Präsident Urs Rohner zufolge soll das Unternehmen zur Innovationsführerin im Swiss Banking aufsteigen. Fintech heisst dabei das Zauberwort, das etablierten Banken rund um den Globus einen Hauch Gründerszenen-Groove verleihen soll. Und zumindest im Schweiz-Geschäft der CS hat die Zukunftsperspektive seit kurzem auch einen Namen: Anke Bridge.

Seit die 39-jährige schweizerisch-deutsche Doppelbürgerin im letzten Dezember zur Digitalchefin der CS Schweiz ernannt wurde, ist sie in der Branche beinahe auf Schritt und Tritt anzutreffen. Letzten März etwa sass sie in der Jury der «Swiss Fintech Awards». Dem Fachportal «Inside-it.ch» gab sie ein langes Interview über ihre Projekte bei der Grossbank. Selbst die «NZZ» widmete Bridge ein Porträt.

Erzrivalin gibt den Takt an

So viel Publicity erstaunt – umso mehr, als es um die Digitalisierung im Schweiz-Geschäft der CS bisher eher still geblieben ist. Bridges Vorgänger Marco Abele etwa kannte man ausserhalb der interessierten Kreise kaum. Ebensowenig fiel die CS hierzulande als Innovationsführerin auf.

Avantgarde spielte die Grossbank anderswo. Etwa in Asien, wo sie seit 2015 an einem Angebot fürs Digital Private Banking tüftelt. Oder in den USA, wo die CS den Anstoss zu Clade gab, einer Art Facebook für Reiche.

In der Schweiz fiel die Stille um die CS umso mehr auf, als die Erzrivalin UBS in Sachen Digitalisierung praktisch omnipräsent ist. Mit ihrem digitalen Vermögensverwaltungs-Angebot UBS Advice oder der Bezahlapp Paymit sowie der Zusammenarbeit mit Startups wie Sumup und Bexio gibt die grösste Schweizer Bank in der Schweizer Fintech-Szene den Takt an.

Personenkult wie im Silicon Valley

Die Strategie geht für die UBS auch kommunikativ auf. Über den «good news» in Sachen Digitalisierung geht zuweilen vergessen, dass die Grossbank an ähnlichen Altlasten trägt wie die CS.

Gleichzeitig hat es die UBS verstanden, den Personenkult aus dem Silicon Valley in ihre Digitalisierungs-Bemühungen einzubauen. Wie die Vorbilder aus der Technologie-Branche Steve Jobs oder Elon Musk erhielten Banker Gelegenheit, in der Szene aufzutreten und der UBS (und sich selber) ein Profil zu verschaffen. Dies, während im Bankkonzern selber Sololäufe als verpönt gelten.

Entsprechend müssen die Köpfe der UBS-Digitalisierung nicht gross vorgestellt werden: Innovationsleiterin Veronica Lange etwa, oder Markus Iofcea vom Thinktank UBS Y. In der Schweizer Fintechszene klingt jedoch vor allem ein Name ganz hell: Andreas Kubli (Bild unten), Leiter Multichannel Management und Digitization der UBS Schweiz.

kubli 500

Steiler Aufstieg

2010 von der Beratungsfirma McKinsey zum Institut gestossen, legte Kubli einen steilen Aufstieg bei der Grossbank hin. Zusammen mit dem ehemaligen Schweiz-Chef Lukas Gähwiler gleiste er die digitale Zukunft der UBS in der Schweiz auf. Anfang 2016 wurde er gar zum Group Managing Director befördert. Ausserhalb der Bank hat sich Kubli nicht nur einen Ruf als begnadeter Kommunikator und Brückenbauer geschaffen, sondern auch als Fürsprecher der Fintechszene.

Nach dem Urteil von finews.ch möchte die CS Schweiz ihre Digitalchefin Bridge nun ebenfalls zum «Aushängeschild» machen. Von Haus aus Bankerin, machte die Harvard-Absolventin als Produktspezialistin und Expertin für Banklösungen Karriere – nicht zuletzt bei der UBS, für die sie von 2005 bis 2011 tätig war.

«Wir müssen uns nicht verstecken»

Ein Sprecher der CS sagte auf Anfrage zum Vorgehen: «Credit Suisse will im Bereich der Digitalisierung von Banken eine führende Rolle einnehmen. Wir haben eine volle Pipeline von Projekten.» Mit Anke Bridge werde der Bereich Digital Solutions and Delivery von einer Expertin mit Wissen über die Bank hinaus geleitet. «Wir müssen uns nicht verstecken», so das Fazit des Sprechers.

Doch die neue Digitalchefin tritt nicht nur aus dem Versteck heraus – sie hat sich in der kurzen Zeit im neuen Amt schon reichlich exponiert, finden Branchenkenner. So hat sie sich etwa detailliert zum neuen digitalen Firmenportal geäussert, das die CS Schweiz demnächst lancieren will. Sollte sich das Angebot verzögern oder gar floppen, könnte das an Bridge hängen bleiben.

Keine Angst vor dem Scheitern

«Die Angst vor dem Scheitern sollte nicht die Kommunikation bestimmen», beschwichtigt der CS-Sprecher und liegt damit aus der Sicht der Bank wohl richtig. Denn in Sachen Fintech-Tüfteleien agieren die Geldhäuser relativ gefahrlos. Zahlen zu Initiativen werden kaum je publiziert, missglückte Projekte werden klammheimlich eingestellt – und Flops sind nicht so folgenschwer wie im Tagesgeschäft.

Schliesslich gehört selbst das Scheitern zum Innovationsprozess hinzu. Mit anderen Worten: Sogar die «legacy» ist in diesem Fall positiv.