Andrea Orcel hat die von ihm geführte UBS Investmentbank über Jahre knallhart zurückgestutzt. Doch nun werden bereits wieder Forderungen laut, die nochmals nach drastischen Massnahmen rufen.
Zuletzt standen die Zeichen in der UBS Investmentbank auf Entspannung. «Wir sind exakt da, wo wir sein sollen», liess Sparten-Chef Andrea Orcel letzten Juli in einer seiner raren Wortmeldungen verlauten.
Den Angestellten des für seinen fordernden Führungsstil bekannten Italieners dürfte ein Stossseufzer entwichen sein. Nachdem Orcel seit 2012 den drastischen Rückbau der UBS-Investmentbank vorantrieb und Hunderte Jobs abbaute, liess er damals durchblicken, dass vorläufig keine weiteren Stellen mehr in seiner Division gestrichen würden.
Halbierter Gewinn
Die Atempause könnte sich nun als kurz erweisen. Der Vorsteuergewinn der Sparte halbierte sich im dritten Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahr auf 342 Millionen Franken. Die wichtige Kosten-Ertrags-Rate (Cost Income Ratio CIR) stieg auf über 80 Prozent (siehe Grafik unten). Laut der UBS haben auch die Risikogewichteten Aktiven der Investmentbank in der Bilanz zugenommen; sie stiegen gegenüber dem Vorquartal um rund 1 Milliarde Franken.
Das sorgt bei den Beobachtern nun für Stirnrunzeln, zumal beim Team des viel beachteten Bank-Analysten der britischen Grossbank Barclays, Jeremy Sigee.
«Grosse Anpassungen nötig»
In ihrer Würdigung der UBS-Quartalszahlen kommen die Barclay-Experten zum Schluss, dass die Einheit immer noch mit hohen Kosten und tiefer Rendite zu kämpfen hat. Darüber binde die UBS-Investmentbank weiterhin «überraschend» viel Kapital. «Unserer Ansicht nach», schliesst Sigee, «sind deshalb weitere grosse Anpassungen nötig».
Solche Kommentare müssen für den 53-jährigen Spartenchef Orcel bitter klingen, konnte er seine Equipe in den letzten Monaten doch eher aus- denn abbauen. Dank der bereits 2015 abgeschlossenen Neuausrichtung der Investmentbank war die UBS Konkurrenten wie der Schweizer Credit Suisse (CS) oder der Deutschen Bank fast um einen Zyklus voraus.
Nicht mehr so erstrebenswert
Seit dem dritten Quartal nimmt sich die Position der UBS-Investmentbank auf einmal nicht mehr so erstrebenswert aus. Zuletzt war es die Deutsche Bank (und wohl auch die CS), die von einem starken Handel mit Zinspapieren profitierte – jenem Bereich also, den Orcel konsequent zurückbaute.
Auch in der klassischen Beratung von Firmen bei Fusionen und Übernahmen (M&A), die Chef Orcel besonders am Herzen liegt, sammelten letzthin andere Banken die Lorbeeren ein – besonders aufgefallen ist dabei wiederum die Erzrivalin CS.
Extreme Risikoaversion
Das alles wäre nicht weiter schlimm, vermöchte der Konzern die Entwicklungen in seiner Investmentbank so ohne Weiteres abzufangen. Doch das ist wohl nur noch bedingt der Fall. Die Kernsparte der UBS, die Vermögensverwaltung, sieht sich nämlich ebenfalls mit einer Durststrecke konfrontiert. Aufgrund der extremen Risikoaversion der Kunden dort schmelzen die Erträge der ganzen Gruppe schneller, als die Kosten gesenkt werden können.
Entsprechend könnte bald der Aufruf an Orcel ergehen, erneut mit der Peitsche zu knallen. Mental darauf vorbereitet hat er sich bereits letzten Juli. Schon damals fand er nämlich: «Das wird ein hartes Jahr.»