Grossbanken wie die Schweizer UBS oder die Credit Suisse schauen ihren Angestellten längst ganz genau auf die Finger. Nun steht eine neue Technologie bereit, die sogar ins Innerste der Banker vordringt.
In den letzten Jahren haben die Grossbanken ihre Mitarbeiter an die kurze Leine gelegt. Systeme überwachen die Chat-Protokolle und Telefongespräche der Banker. Ebenso werden ihre Bewegungen innerhalb der Bank überwacht.
Zum Einsatz kommen auch bei den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse auch Schnüffel-Software, ehemalige Terroristen-Jäger und Abhörspezialisten vom Militär, wie auch finews.ch berichtete.
Doch bald könnte die Überwachung nochmals dichter werden. So haben Finanzhäuser nun die Möglichkeit, ins Innerste der Banker zu blicken – und deren Emotionen für ihre Zwecke zu nutzen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur «Bloomberg».
Händler im «Psycho-Checkup»
Dazu wurden bereits erste Experimente durchgeführt. Der MIT-Finanzprofessor Andrew Lo bestückte einen Handelsraum mit Monitoren. Am Experiment nahmen 57 Trader teil, wie weiter berichtete wurde. Die Banker wurden zudem mit Armbändern ausgestattet, die Puls und Schweiss-Austritt massen.
Den Probanden wurde ein fiktives Limit von 3 Millionen Dollar gewährt mit der Aufgabe, das Geld möglichst schnell zu vermehren. Teilgenommen haben Trader diverser Altersklassen und mit unterschiedlichem Erfahrungsschatz.
Top-Händler zeigten dabei eine typische Reaktion auf Volatilität, fand Lo heraus, der die detaillierten Ergebnisse nächstes Jahr publizieren wird. Sie liessen sich nicht von Gefühlen irre leiten, sondern bewiesen sich als «emotionale Athleten». Sie reagierten sofort auf stressige Situationen und beruhigten sich wieder, wenn die Situation sich entspannte.
So tankten sie Energie für die nächste Herausforderung.
Merkmale eines schlechten Händlers
Die besten Händler erwirtschafteten einen Gewinn von 1,1 Millionen Dollar innert weniger Stunden. Die Schlechtesten verloren hingegen bis zu 5 Millionen Dollar. Ihr Manko: Sie blieben während des gesamten Beobachtungszeitraums emotional aufgeladen – auch in langweiligen Finanzmarktsituationen. Dies zeigte ihr Kardiogramm und der Ausschuss des Stresshormons Kortisol an.
Der emotionale «Sweetspot» für Händler definiert sich laut Bericht wie folgt: Zu viel Emotionen und die Händler agieren zu aggressiv oder zu ängstlich. Zu wenig Emotionen und die Händler sind nicht recht bei der Sache.
«Produktivitäts-Badge» bald im Praxistest
Die Technologie, um den optimalen Trader ausfindig zu machen, existiert bereits – und auch die Motivation, sie einzusetzen. Denn Miss-Trades kosten die Bank Millionen.
So hat die Firma Humanyze – ein Startup gegründet von MIT-Absolventen – ein mit Sensoren vollgepackter Bagde entwickelt, der Gespräche, allerlei Aktivitäten und Stress-Muster der einzelnen Trader aufzeichnet. Die Daten dienen dem Zweck, erfolgreiche von durchschnittlichen Mitarbeitern zu separieren, hiess es weiter.
Laut Ben Waber, CEO von «Humanyze», steht der Abschluss mit einer Bank demnächst bevor. Sie disloziert derzeit Mitarbeiter in ein neues Office. Die Badges von Humanyze sollen die Produktivität der Händler, Asset Manager und des Supports steigern, so Waber.
Anschreien löst Alarm aus
In der Aufschlüsselung menschlicher Emotionen ist auch Bhavox tätig. Das von einem ehemaligen Goldman-Sachs-Analysten Erkin Adylov gegründete Startup mit Sitz in London hat sich auf die Analyse der Kommunikation der Händler spezialisiert.
Weicht ein Telefongespräch vom gewohnten Muster ab, indem zum Beispiel ein Händler seinen Gesprächspartner anschreit, dann ist ein Anhaltspunkt für eine weitere Analyse gegeben. Die Analyse von Emotionen sei derzeit bei Banken gefragt, so Adylov und ergänzt: «Alles, was der Mensch macht, ist von Emotionen geleitet.»
Von solchen und anderen Überwachungs-Technologien könnten auch Risiko-Manager Gebrauch machen, um Probleme aufzudecken, bevor sie millionenteure Schäden anrichten – wie einst der ehemalige Skandal-Trader der UBS Kweku Adoboli.
Die Fitness-Industrie macht es vor
Finanzprofessor Lo ist laut Bericht überzeugt, dass sich diese Technologien binnen zehn Jahren als Standard bei allen Banken durchsetzen werden.
In der Fitness-Industrie habe sich die Überwachungs-Technologie bereits etabliert, so Lo weiter. Über Fitness-Bänder am Handgelenk sind die Träger jederzeit über ihr Fitness-Level informiert. Interessant: UBS-Präsident Axel Weber sagte vor kurzem, dass der Bankensektor von der Fitness-Industrie lernen muss, wie auch finews.ch berichtete.