Andrea Orcel, Chef der UBS-Investmentbank, hat eines seiner raren Interviews gegeben. Darin schimpft er über das schwierige Umfeld – und lobt für einmal sein Team.
Andrea Orcel (Bild unten) ist ein strenger Chef. Und dazu einer, der selten zufrieden ist. Das weiss niemand besser als die Mitarbeitenden der UBS-Investmentbank, welcher der rastlose Italiener seit Ende 2012 vorsteht. Um seine Mannschaft auf Trab zu bringen, verfrachtete er diese auch schon in die Wüste von Arizona.
Da muss es überraschen, dass Orcel in einem seiner raren Interviews nun voll des Lobes ist für seine Mannschaft. «Wir haben allen gezeigt, dass es uns braucht. Wir sind immer noch da, und noch wichtiger, wir wachsen profitabel», sagte der obersten UBS-Investmentbanker gegenüber dem Online-Portal «Business Insider».
«So schlimm wie seit 25 Jahren nicht mehr»
Orcels lobende Worte sind umso erstaunlicher, als die UBS wie die meisten anderen Grossbanken mit extrem widrigen Märkte zu kämpfen hat. Wie auch finews.ch berichtete, liess Chef Sergio Ermotti erst kürzlich die Möglichkeit eines Verlusts im ersten Jahresviertel durchscheinen.
Dabei dürfte nicht zuletzt die Investmentbank exponiert sein.
Das gibt Orcel unumwunden zu. Das derzeitige Umfeld sei so herausfordernd wie in den letzten 25 Jahren nicht mehr – die Finanzkrisen-Jahre 2008 und 2009 ausgenommen. Gleichzeitig stelle der Strukturwandel die ganze Industrie auf den Kopf.
Doch für sein Team sieht Orcel in diesem Umfeld Chancen. «Ich sage meinen Leuten, es ist wie ein Formel-1-Rennen bei Regen», erklärt der Top-Banker, dessen Arbeitgeber selber die prominenten Autorennen sponsert. «Bei nasser Piste zählen nicht mehr die PS, sondern die besten Fahrkünste.»
Wendigkeit statt PS
Die UBS hat unter der Ägide von Präsident Axel Weber und CEO Ermotti ihre Investmentbank massiv zurückgestutzt und damit PS gegen Wendigkeit eingetauscht. Damit will Orcel nun angreifen.
So sieht Orcel Chancen im Geschäft Zinspapieren und Devisen – also just jenen Bereichen, wo die meisten Konkurrenten derzeit Verluste anhäufen. Und natürlich im Aktienhandel, der bei der UBS-Investmentbank schon immer die Paradedisziplin war. Im Jahr 2015 stiegen dort die Erträge von 3,7 auf 4 Milliarden Franken. «Dort gehören wir zu den Top-3-Anbietern und sind hoch rentabel, folglich müssen wir um den Ausbau bemüht sein, vor allem in den USA».
Eine ganz andere Bedeutung
Sowieso stellt Orcel wieder Personal ein, während viele andere Investmentbank-Chefs das Sparbeil schwingen.
So sucht er etwa nach erfahrenen Bankern für das Geschäft in China und Australien, in den USA Spezialisten für die Beratung von Firmen aus ausgewählten Sektoren. Und schliesslich sollen auch in Europa die Teams verstärkt werden, kündigt der Top-Banker an.
«Doing the UBS» stand in der Branche lange für gnadenlosen Stellenabbau. Nun könnte die Redewendung eine ganz andere Bedeutung bekommen.