Die Privatbank BSI soll an EFG International gehen. Das überrascht, steht doch die EFG unter ihrem neuen CEO Joachim Strähle noch keineswegs solide da. Womöglich muss er gerade deswegen zugreifen.
Bislang hat im Schweizer Bankenkonsolidierungsprozess eher die Regel gegolten: Die Grossen übernehmen die Kleinen. Die von der «Financial Times» am Mittwochmorgen kolportierte Übernahme der Tessiner Privatbank BSI durch die in Zürich ansässige EFG International wäre hingegen ein Deal unter – fast – gleich starken Instituten.
Denn hinsichtlich der verwalteten Vermögen stemmt EFG rund 85 Milliarden Franken und die BSI knapp 90 Milliarden. Für international tätige Privatbanken ist dies zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben – nicht umsonst galt EFG selber schon als Übernahmekandidatin. Vor rund einem Jahr stand die Bank in Verhandlungen mit Julius Bär.
EFG in der Rolle des Konsolidators
Stattdessen will die in Zürich ansässige Privatbank nun selber einen grossen Happen schlucken. Solche Pläne liess EFG-CEO Joachim Strähle bereits bei der Präsentation der Halbjahreszahlen 2015 durchblicken. Damals präsentierte er einen «Fitnessplan» als Reaktion auf die enttäuschenden Ergebnisse, wie auch finews.ch berichtete.
Darin gab er als Ziel vor, die verwalteten Vermögen schnellstmöglich auf mindestens 100 Milliarden Franken zu erhöhen. Mit der Übernahme der BSI käme er auf über 175 Milliarden.
Je mehr, desto besser
Eine Übernahme dieser Grösse würde die Buchungsplattformen der EFG deutlich besser auslasten als dies bis anhin der Fall war. Denn das Wealth-Management ist auch ein Massengeschäft – je mehr Vermögen auf eine Plattform gepackt werden, desto profitabler das Geschäft.
Dies ist ganz im Sinne des Ex-Sarasin-CEO Strähle, der das Kosten-Ertrags-Verhältnis konzernweit auf unter 75 Prozent drücken will. Nach dem ersten Halbjahr 2015 lag es noch bei über 83 Prozent.
Strähle dürfte bei der BSI auch die verwalteten Vermögen in Asien im Fokus haben. Denn der seit April 2015 agierende CEO will insbesondere in Asien weiter zulegen. «Seine» Bank verwaltet in Asien rund 18 Milliarden und die BSI rund 15 Milliarden Dollar. EFG unterhält ein volle Banklizenz sowie je ein Buchungszentrum in Hongkong und Singapur – da ist kritische Masse gefragt.
Bereits Anfang Januar kaufte die Privatbank Kundenvermögen im Umfang von 800 Millionen Dollar von der Falcon Private Bank in Hongkong.
Kapitalerhöhung notwendig
Allerdings: Sollte die Privatbank die BSI tatsächlich schlucken, bräuchte sie etwa zehn Mal soviel Kapital wie sie derzeit als Überschusskapital bunkert. Laut Michael Kunz, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), beträgt dieses rund 120 Millionen Franken. Doch soll die EFG rund 1,2 Milliarden Franken für die BSI geboten haben.
Für eine Kapitalerhöhung spricht auch die in der Branche eher dünne Eigenkapitaldecke (Tier 1). Diese liegt derzeit bei 14 Prozent. EFG gibt als Minimalziel 12 Prozent vor. Zum Vergleich: Bei Julius Bär liegt die Tier-1-Quote bei 19 Prozent.
Mit der milliardenschweren griechisch stämmigen Reeder-Familie Latsis, als Mehrheitsaktionärin von EFG, hat die Privatbank aber einen Ankeraktionär, der die Übernahme auch mitfinanzieren wird.
Clash der Kulturen
Als grösster Prüfstein könnten sich allerdings die unterschiedlichen Unternehmenskulturen erweisen. Denn bei der EFG bekommen die Kundenberater 20 Prozent vom Profit, den sie mit ihren Kunden erwirtschaften, als Bonus ausbezahlt, weiss ZKB-Analyst Kunz. Und EFG ist bekannt dafür, dass sie unterdurchschnittlich performende Banker rasch über die Klinge springen lässt.
Diese strenge Performance-Kultur wird einige BSI-Banker verunsichern. Insofern dürfte der eine oder andere bei einer Übernahme – sollte sie denn tatsächlich über die Bühne gehen – das Weite suchen und mit ihm Teile der Kundenvermögen.