Im gegenwärtigen Fintech-Boom können Jungfirmen das Finanzsystem auf den Kopf stellen. Viel eher gehen sie jedoch kläglich unter – oft genug an den immer gleichen Fehlern.
Wenn es ums Thema Fintech geht, hat Pascal Bouvier (Bild links) das letzte Wort. Als Partner von Santander InnoVentures, dem Wagniskapital-Fonds der spanischen Bankengruppe Santander, führt er eines der potentesten Fintech-Investment-Vehikel in ganz Europa. Santander hat bereits im Jahr 2014 gut 100 Millionen Euro in den Fonds gesteckt und geht der Szene mit Studien auf den Grund, wie auch finews.ch berichtete.
Umso genauer sollte Bouvier zugehört werden, wenn er über ein vitales Thema für Fintech-Jungfirmen spricht: das nackte Überleben. Im Branchen-Blog «CB Insights» warnt er vor den zehn häufigsten Fehlern, die Fintech-Pioniere begehen. Und er erklärt, wie sie von Anfang an zu vermeiden sind.
1. Die Lizenz verschlafen
Fintech-Pioniere kommen zumeist aus dem Technologie-Bereich und wollen die ausgefeiltesten Tools für die Kundschaft von morgen entwickeln. Was kümmert da das Plazet der Finanz-Aufsicht? «Schon viele Start-ups sind an der Regulierung gescheitert», mahnt Bouvier. Die Lösung: Frühzeitig externe Finanzrecht-Spezialisten einschalten, auch wenn die teuer sind. Dafür lassen sich später Kosten sparen.
2. Den strategischen Investor verärgern
Etablierte Banken und Versicherer sind nicht einfach Zapfhähne für Kapital. Sie bewegen sich in einem Umfeld voller Regeln und Richtlinien und müssen ihre Investments auf Herz und Nieren prüfen. Entsprechend sollten Jungfirmen die nötigen Informationen zur Hand haben – und sich auf kulturelle Unterschiede einstellen.
3. Regulierung als nervtötende Ablenkung betrachten
Jene Haltung führe zum sicheren Untergang, sagt Bouvier. Wer sich nicht von Anfang an die Regeln etwa bezüglich Geldwäsche hält, der darf später nicht einmal beweisen, dass er sich gerne an die Regeln halten möchte.
4. Einen Kapitalgeber ohne Fintech-Erfahrung auswählen
Tiefes Verständnis des Finanzsystems wie auch der Techologie sind gerade im Fintech-Bereich unanbdingbar, betont Bouvier. Investoren, die über beides verfügen, sind entsprechend rar – und sollten zuvorkommend behandelt werden.
5. Zu schnell zu viel erwarten
Das Geschäft mit Geld gehorcht ganz eigenen Regeln – begonnen mit der Psyche jener, die es besitzen. So spielt die Angst vor Verlust eine entscheidende Rolle und führt dazu, dass Finanzdienstleistungen nicht über Nacht forciert werden können. Entsprechend geraten Start-ups in Nöte, die mit raschem Wachstum planen.
6. Einen Preiskrieg anzetteln
Die etablierten Finanzdienstleister mittels günstigerer Preise schlagen zu wollen, ist ein gefährlicher Weg, sagt der Santander-Experte. Denn letztere gebieten meist über die nötigen Skaleneffekte – und können jedes Start-up unterbieten, wenn es darauf ankommt. Besser, rät Bouvier, sei deshalb, sich über Qualität zu differenzieren.
7. Sich zu sicher wähnen
Wer denkt, eine technische Neuerung lasse sich gut schützen, macht sich oft etwas vor. Meistens, sagt Bouvier, verfügten die etablierten Konkurrenten bereits über ein entsprechendes Patent – oder das Geistige Eigentum lässt sich mit wenigen Kniffen umgehen.
8. Die Komplexität des Zahlungsverkehrs unterschätzen
Der Zahlungsverkehr ist der einfachste Bereich, um als Fintech-Start-up Fuss zu fassen, sagt Bouvier. Es sei dort aber auch am schwierigsten, erfolgreich zu sein. Jungfirmen sollten von Anfang darauf gefasst sein, mit zahlreichen Akteuren vom Handel bis zu den Banken verhandeln zu müssen, mahnt der Santander-Mann.
9. Paragraphen übersehen
Compliance ist die eine Hürde, die rechtlichen Grundlagen eine andere. Wer einen Businessplan im Fintech-Bereich erstellt, muss dafür sorgen, dass er juristisch wasserdicht ist.
10. Den Zyklus missachten
Eine Geschäftsidee im Bereich des Social Lending kann bei tiefen Zinsen vielversprechend sein. Steigen die Zinsen, ist sie bisweilen reif für den Papierkorb. Entsprechend rät Bouvier zu Innovationen, die möglichst wenig von Zyklen im Finanzsystem abhängen.