Er ist der erste Ex-Banker, der sich wegen Manipulation des Libors vor einem Londoner Gericht verantworten muss. Der Staatsanwalt unterstellt dem Mathematiker niedrige Motive.
Staatsanwalt Mukul Chawla erklärte zum Prozessauftakt am Montag vor dem Southwark Crown Court in London, Tom Hayes (Bild) habe selbst eingeräumt, seine persönlichen Gewinne über alles andere gestellt zu haben: «In seinen eigenen Worten: Er war gierig.» Dies berichtete die Nachrichtenagentur «Reuters» am Dienstagabend.
Die von ihm massgeblich mit betriebenen Zinsmanipulationen hätten «fast täglich» stattgefunden. Die Stellungnahme der Verteidigung vor Gericht stand noch aus.
Mehrwöchiger Prozess
Konkret beschuldigt ihn die britische Strafverfolgungsbehörde in acht Fällen der Verschwörung zum Betrug in den Jahren 2006 bis 2010. Damit drohen Hayes bis zu zehn Jahre Gefängnis. Doch der 35-Jährige gibt sich kämpferisch und plädiert auf nicht schuldig. Der Prozess dürfte etwa zwölf Wochen dauern.
Mit dem Verfahren erreicht die Aufarbeitung des Zinsskandals eine neue Dimension: Zum ersten Mal steht eine Einzelperson vor einem Geschworenengericht und könnte von diesem verurteilt werden.
Bislang nahmen sich die Regulierer vor allem die Banken vor. Dabei gingen sie unter anderem der Frage nach, ob die internen Kontrollen ausreichten, um Schummeleien zu vermeiden. Zahlreiche Grossbanken wurden zu hohen Strafen verurteilt – mitunter die UBS, wie auch finews.ch berichtete.
Im Mittelpunkt eines Händlerkartells
Die SFO fanden in umfangreichen Chat-Protokollen Hinweise auf illegale Absprachen. Diese könnten für weitere Ermittlungen von grosser Bedeutung sein. Allein in Grossbritannien und den USA sollen 21 Banker vor Gericht.
Einer davon ist Hayes. Laut den Strafbehörden stand er im Mittelpunkt eines Händler-Kartells, das sich über mindestens zehn Banken und Brokerhäuser erstreckte. Der Vorwurf lautet, dass sich die Händler abgesprochen haben, um den Libor jeweils in die gewünschte Richtung zu lenken – damit ihre individuellen Wetten aufgingen.
Hayes war bis 2009 im Derivate-Handel bei der UBS tätig gewesen, bevor er zur amerikanischen Citigroup wechselte. Diese entliess ihn im Jahr 2010, als seine Verwicklung in den Libor-Skandal bekannt wurde. Zwei Jahre später wurde er in Grossbritannien festgenommen. Die Staatsanwaltschaft beschreibt den studierten Mathematiker als höchst intelligent.