Bei keiner Schweizer Retail-Bank verdient die Chefetage soviel wie bei Raiffeisen. Das besagt eine neue Studie – und bringt auch sonst viel Aufschlussreiches über die Bankchefs in den Regionen zutage.
Wenn sich männiglich über «Banker-Boni» empört, können sich die Chefs von Retail-Banken meist im Windschatten halten. Mehr noch: Die Schlagzeilen über die Dougans und Orcels dieser Welt sind durchaus dienlich, sich beim einfachen Kunden als Hort der Stabilität anzudienen.
Dabei gibt es sie, die Vielverdiener unter den Retailbankern in der Schweiz. Und zwischen dem, was die verschiedenen Institute in der Region für ihre Chefetage ausgeben, besteht nicht selten ein klaffender Unterschied. Das jedenfalls legt die diesjährige Retail Banking-Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern nahe.
Grossverdiener auch bei ZKB, BCV und Valiant
Total 65 Retailinstitute hat das IFZ-Team um Finanzprofessor Andreas Dietrich unter anderem auf die Entlöhnung der Geschäftsleitung untersucht – angefangen bei der Frage, wie viel Geld die Banken für ihre jeweiligen Führungsriege insgesamt ausgeben.
Dabei erscheint es nachvollziehbar, dass die landesweit tätige Raiffeisen Schweiz ihren Chefs das 24-fache der viel kleineren Ersparniskasse Schaffhausen zahlt, nämlich 11,9 Millionen Franken.
Überraschender ist dann die Erkenntnis der IFZ-Auswertung, dass die als bäuerlich-bodenständige bekannte Raiffeisen auch bei der durchschnittlichen Pro-Kopf-Entschädigung ihrer Geschäftsleitung obenaus schwingt. Diese liegt bei 1,488 Millionen Franken (vgl. nachstehende Grafik) – fast das Zehnfache dessen, was die Alternative Bank Schweiz mit im Schnitt 177'000 Franken ihren Chefs zahlt.
Generell gilt offenbar die Regel, dass eine grosse Bank auch gross zahlt. Auf Raiffeisen folgen beim Pro-Kopf-Einkommen der Chefetage die Waadtländer Kantonalbank (BCV), die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die Bank Valiant. Gemessen an der Grösse eher bescheiden nehmen sich die durchschnittlichen Einkommen bei der Postbank Postfinance aus; sie belaufen sich im Schnitt auf 429'000 Franken.
Die Aufstellung, mahnt das IFZ, sei allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Etwa, weil ein hoher CEO-Lohn den Durchschnitt massiv beeinflussen könne. Bei Raiffeisen wäre dies der Fall: Chef Pierin Vincenz (Bild ganz oben) verdiente gemäss Geschäftsbericht 2013 rund 1,9 Millionen Franken (ohne Vorsorgeleistungen).
Freiburger KB: Am meisten Chef fürs Geld
Erst recht interessant wird der Vergleich, wenn das IFZ den Personalaufwand der Geschäftsleitung ins Verhältnis zum Jahresgewinn setzt.
Dann wird deutlich, wie viel sich eine Bank ihre Chefs tatsächlich kosten lässt. Am «günstigsten» kommt dort die Freiburger Kantonalbank mit rund 1 Prozent des Gewinns weg; mit 470 000 Franken liegen die Freiburger dabei auch im Pro-Kopf-Vergleich im sparsamen Bereich.
Bei Raiffeisen Schweiz liegt das Verhältnis von Gewinn zum Kostenpunkt Cheflöhne bei 1,66 Prozent, bei der ZKB bei 1,07 Prozent. Bei der BCV ist das Verhältnis mit 3,77 Prozent schon weniger vorteilhaft.
Ganze 56,18 Prozent des Gewinns gibt die Alternative Bank Schweiz (vgl. nachstehende Grafik) für ihre operativer Führung auf; eine interessante Beobachtung bei einer Bank, die sich ganz dem nachhaltigen Geschäften verschrieben hat.
Allerdings, hält das IFZ fest, spielen auch bei dieser Berechnung die Grösse und Ertragskraft eine wichtige Rolle.
Wenig Akademiker – kaum Frauen – viel Sitzleder
Immerhin: Bei einem mittleren Pro-Kopf-Einkommen von rund 600'000 Franken sind die Chefs der untersuchten Retailinstitute auch nicht gerade günstig. Umso wichtiger die Frage, was die Banken davon haben: Nur 34 Prozent der 272 untersuchten Geschäftsleitungsmitglieder sind Akademiker; nur 6 Prozent von ihnen sind Frauen (In Zahlen: 16 von 272).
Dafür beweisen sie Sitzleder: Die durchschnittliche Verweildauer in der Funktion beträgt 8 Jahre. Das macht ihnen bei den Grossbanken so schnell keiner nach.