Der Chef der neu gegründeten Notenstein Asset Management, über seine Ziele, Beat Wittmann und die Schweiz als Asset-Management-Standort der Zukunft. 


Herr Prepoudis, Sie werden Chef der neu gegründeten Raiffeisen-Tochter Notenstein Asset Management. Entsteht hier unter der Marke Raiffeisen eine neue Universalbank in der Schweiz?

In gewisser Weise schon. Die Raiffeisen-Gruppe ist mit einer Bilanzsumme von mittlerweile 180 Milliarden Franken die drittgrösste Bankengruppe in der Schweiz.

Sie bietet das Firmen- und Kleinkundengeschäft an sowie über Notenstein das Private Banking und künftig die gebündelte Expertise im Bereich Asset Management an, und über die Beteiligung an Leonteq ist die Raiffeisen-Gruppe auch Garantin für die durch Notenstein emittierten strukturierten Anlageprodukte.

Im Asset Management verfolgte die Raiffeisen-Gruppe bislang einen so genannten Multi-Boutiquen-Ansatz, also verschiedene kleinere Vermögensverwalter, die unter ihrem eigenen Namen tätig waren. Nun werden alle diese Firmen in die Notenstein Asset Management hinein konsolidiert. Warum dieser abrupte Strategiewechsel?

Ich würde nicht von einem Strategiewechsel sprechen: In erster Linie bündeln wir die bereits vorhandene Expertise im Asset Management unter einem Dach. Die erhöhten regulatorischen Vorschriften, aber auch das Bestreben, einfachere und klare Strukturen zu schaffen, haben uns dazu bewogen, diesen Weg zu gehen.


«So können wir unser Know-how besser einsetzen»


Ich denke auch, dass wir das ganze Know-how, das wir über die vergangenen anderthalb Jahre aufgebaut haben, in einer Unternehmung mit einer Marke besser einsetzen können.

Mitte 2017 läuft der Kooperationsvertrag zwischen der Raiffeisen Schweiz und der Zürcher Bank Vontobel aus. Ist die Gründung der Notenstein Asset Management auch eine präventive Massnahme darauf?

Natürlich, denn wir müssen schon heute die Vorkehrungen für die künftige Situation treffen. Mit der Notenstein Asset Management können wir uns schon heute als führendes Unternehmen im Bereich nachhaltiger Investments sowie für quantitative Anlagen – unter anderem über die Firma Vescor – positionieren.


«Wir sollten dem Herdentrieb nicht folgen»


So bauen wir einen Track Record, also einen historischen Leistungsausweis, auf, der ab 2017 umso wichtiger für uns sein wird. Ich bin allerdings schon jetzt überzeugt, dass wir in unserer Firma eine unglaubliche Talentdichte haben, die uns ein stetiges Wachstum erlauben wird.

Die Notenstein Asset Management verwaltet derzeit rund 12 Milliarden Franken an Kundengeldern. Welche Ziele haben Sie sich bis wann gesetzt?

Wir haben allein im institutionellen Asset Management bei Notenstein in den vergangenen zehn Monaten rund 1,5 Milliarden Franken an Neugeld akquiriert. Das ist in etwa unsere Messlatte, wobei wir uns ganz klar auf den europäischen Markt konzentrieren.

Ich finde nicht, dass wir dem Herdentrieb der Schweizer Banken blindlings folgen und auch noch eine Niederlassung im Nahen Osten oder in Asien eröffnen sollten.

Vor allem die bislang zur Raiffeisen-Gruppe gehörende TCMG Asset Management unter der Führung von Beat Wittmann hat in den vergangen Jahren mit einigen Beteiligungsnahmen tüchtig expandiert. Ist damit nun Schluss?

Unsere Priorität liegt jetzt tatsächlich auf organischem Wachstum im europäischen Raum. Natürlich prüfen wir Übernahmeopportunitäten, aber Firmen mit Depots unter 5 Milliarden Franken kommen für uns eher weniger in Frage. Wir wollen aus eigener Kraft wachsen, weil wir auch die erforderlichen Kompetenzen haben.


«Wir wollen die Mehrheit von TCMG integrieren»


Was geschieht mit der TCMG-Gruppe von Beat Wittmann – wird diese einfach wegkonsolidiert respektive in die Notenstein Asset Management integriert?

Die exakte Zielstruktur von Notenstein Asset Management ist noch nicht finalisiert. Wir beabsichtigen, die Mehrheit der bisherigen TCMG-Boutiquen zu integrieren. Beat Wittmann bleibt uns noch in der Übergangsphase als Berater erhalten, will danach aber ausserhalb der Raiffeisen-Gruppe tätig sein.

Ist der Abgang von Beat Wittmann, immerhin ein erfahrener Finanzfachmann und Anlageexperte, nicht ein herber Verlust für die neue Gesellschaft?

Bis zu einem gewissen Grade ist das schon ein Verlust. Aber die neue Strategie unterscheidet sich doch sehr stark vom früheren Multi-Boutiquen-Ansatz, den Wittmann mit seiner TCMG-Gruppe verfolgte.

Mit seiner TCMG-Gruppe hatte sich Beat Wittmann gemäss eigenen Worten in den nächsten paar Jahren ein Ziel von rund 20 Milliarden Franken an Kundengeldern gesetzt. Muss dieses Volumen nicht auch Ihr Ziel sein?

Absolut. Allerdings will ich mich da nicht auf die Äste hinaus lassen, sondern an unserem konservativen Ansatz festhalten. Aber 20 Milliarden Franken an Depots sind sicherlich ein realistisches Ziel.


«Die besten Liftanlagen sind aus der Schweiz»


In der Startphase werden wir rund 12 Milliarden Franken an Assets verwalten, und wir sind selbstverständlich ehrgeizig, weiteres Wachstum zu generieren.

Die Schweizer Finanzbranche will sich in den nächsten Jahren auch als internationales Kompetenzzentrum für das Asset Management etablieren. Sind Sie mit der Notenstein Asset Management der Anfang für dieses Vorhaben?

Ich denke, es ist richtig, dass unser Finanzplatz neue Ertragsquellen erschliesst. Uns Schweizern fehlt halt oftmals einfach das nötige Selbstbewusstsein, um entschlossen aufzutreten. Wir üben uns allzu oft in Selbstmitleid, falscher Bescheidenheit und Larmoyanz. Das ärgert mich!

Warum?

Weil wir bereits bewiesen haben, dass wir ein erfolgreiches Bankenland sind, oder auch ein internationales Rohstoffhandels-Zentrum. Wir bauen auch die besten Liftanlagen auf der Welt, obwohl wir ursprünglich in unserem Land nur ein- oder zweistöckige Bauernhäuser und Chalets hatten. Wieso sollten wir also nicht auch ein führender Asset-Management-Standort auf dieser Welt werden?


Aris Prepoudis 180Aris Prepoudis übernimmt die Leitung der neu gegründeten Notenstein Asset Management. Er ist seit Dezember 2013 Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Geschäftsfeldes Institutionelle Kunden der Notenstein Privatbank. Zwischen 2000 und 2013 war er bei der Bank Sarasin im institutionellen Geschäft tätig, dass er ab 2008 leitete. Von 1997 bis 2000 arbeitete er in der Abteilung Bankenprüfung bei Ernst & Young. Prepoudis hat Betriebsökonomie an der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule in Basel studiert.