Cahuzac? Kirchner? Auch der Bürgermeister von Tallinn und Vorsitzende der Zentrumspartei von Estland gerät wegen eines Kontos in der Schweiz unter Beschuss.

«Ich habe kein einziges Bankkonto in der Schweiz», beteuert Edgar Savisaar, Bürgermeister von Tallinn und Vorsitzender der Zentrumspartei in Estland, in der Zeitung «Baltic Business News». Und das ist noch nicht einmal eine Lüge.

Klar ist: Der Politiker besass einst ein solches Konto. Das zeigen Gerichtsdokumente, die unter anderem die Zeitung «Eesti Ekspress» untersucht hat. Das Material zeigt, dass ein Schweizer Konto von Savisaar vor zwei Jahren noch 470'000 Euro beinhaltete. Das gesamte Geld liess sich dann eine in den Gerichtsakten nicht näher definierte Person in bar auszahlen, das Konto existiert nicht mehr.

Bestechungsgelder?

Die Herkunft des Geldes ist nicht klar, doch in den Medien spekuliert man in Estland darüber, dass es Bestechungsgelder seien. Ein russischer Geschäftsmann namens Alexander Kofkin habe von Savisaar zahlreiche «Gefallen» erhalten, schreibt etwa die Zeitung «Aripaev».

Aufmerksam wurden die Behörden auf Savisaar bereits 2011, offenbar durch einen Kredit, den der Politiker bei einer Firma namens Bravotex Ltd. 2009 aufgenommen hatte. Savisaar brauchte die 173'550 Euro, um die Scheidung von seiner Frau zu finanzieren. Zwar habe er das Geld gehabt, schreibt «Baltic Business News» – doch es lag in der Schweiz. Und es von hier zu holen, wäre zu auffällig gewesen.

Kredit von Schweizer Geldern zurückbezahlt

Den Kredit jedoch zahlte er von seinem Schweizer Konto zurück – wenngleich über verschiedene Mittelsmänner in der Schweiz und Liechtenstein –, wie die Behörden schliesslich herausfanden.

Bemerkenswert: Wie schon im Fall Cahuzac erscheinen die Schweizer Ermittlungsbehörden als durchaus hilfsbereit. Denn das Material, welches die estnische Staatsanwaltschaft eventuell gegen den Stadtpräsidenten auffahren wird, erlangte sie durch Rechtshilfe aus der Schweiz. Dies meldet unter anderem auch der Radiosender «Err».

Welche Bank in der Schweiz von Savisaar gewählt wurde, ist nicht offiziell bekannt. Laut Recherchen der Zeitung «Aripaev» handelt es sich aber um Julius Bär.

Familienstiftung gegründet

Um unentdeckt Gelder in der Schweiz zu deponieren, gründete Savisaar schon im Jahr 1997 Arsai Investment – die er als Familienstiftung deklarierte und so unter dem Radar belassen konnte. Savisaar und Kofkin, die vom selben Anwalt vertreten werden, versuchten, die Herausgabe ihrer Daten durch die Schweizer Behörden zu verhindern – ohne Erfolg.

Auch gegen die Anwürfe in Estland reichten die beiden Beschwerden ein. Wie «Baltic Business News» berichtet, wies das Gericht diese aber zurück.