World Economic Forum, Moore Capital, Vontobel, UBP: Der nächste Präsident der Nationalbank durchlief die Stationen in hohem Tempo.
Kein Zweifel: Der Mann hat gute Voraussetzungen für einen Nationalbank-Chef. Philipp M. Hildebrand wirkt ruhig planend und antizipierend, im kleinen Diskussionskreis zeigt der grossgewachsene Banker oft eine breites historisches und politisches Wissen – freilich: Dass ihn seine Laufbahn in der hektischen Welt der Finanzmärkte bereits im Alter von 46 Jahren auf den Präsidentenstuhl der Nationalbank führen würde, war ihm keineswegs vorgezeichnet.
Nach Studien der Politikwissenschaften mit Vertiefung in Politischer Ökonomie an den Universitäten Toronto, Genf, Harvard und Florenz promovierte Philipp Hildebrand 1994 in Oxford. Dann entschied er sich jedoch gegen eine akademische Karriere und für die Praxis: Er trat in die Dienste des World Economic Forum in Genf.
Für den dreifachen Schweizer Schwimm-Meister wurde dieser Job zu Sprungbrett: Während der Vorbereitungen zum Davoser Weltwirtschaftsforum erkannte Rob Johnson, der zur Moore-Gruppe wechselnde Managing Director von George Soros' Quantum Fund, Hildebrands Talent und warb ihn ab.
Partner von Louis Moore Bacon
Die publizitätsscheue Hedge-Fonds-Industrie erhielt mit ihm einen Exponenten, der die Interessen der Branche auf dem internationalen Parkett geschickt wahrnahm: Der eloquente Philipp Hildebrand tauchte als Stratege der amerikanischen Moore Capital Management (MCM) an Konferenzen auf, hielt Referate und pflegte Kontakte zu führenden Köpfen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Zu den wichtigen Figuren der Notenbanken fand er da bereits Zugang. Unter seiner Führung analysierte die Londoner MCM-Tochter die Auswirkungen wirtschafts-, geld- und fiskalpolitischer Entscheide auf die Finanzmärkte und setzte die Ergebnisse anlagepolitisch um. 1997 stieg Hildebrand zum Partner des Wallstreet-Gurus und MCM-Gründers Louis Moore Bacon auf und übernahm die Leitung der Moore Capital Strategy Group.
Ein Schlenker bei Vontobel
«Die vergangenen sechs Jahre waren eine aufregende Zeit, die mir wertvolle Einsichten zur Rolle des Staates im internationalen Wirtschaftssystem vermittelt hat», zog er einst in der «Finanz und Wirtschaft» Bilanz; da war er 37 Jahre alt und kurz davor, ein neues, kurzes Kapitel seines Berufslebens aufzuschlagen, das nicht so recht passen will: das Engagement bei You, also der Internetbank der Bank Vontobel, die als Flop in die Wirtschaftsgeschichte eingehen sollte.
Nach reiflicher Überlegung, ob das der perfekte Einstieg für eine Schweizer Karriere sei, hatte er im September 2000 den Job als Chief Investment Officer bei der Bank Vontobel angetreten. In der gleichen Funktion nahm er wenig später Einsitz in der Geschäftsleitung von You. Im Sommer 2002, nach dem Kollaps von You, verliess er die Bank schon wieder.
Erst Kritik, dann Mitarbeit
Hildebrand stiess in Genf zur Union Bancaire Privée (UBP), wiederum als Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsleitung. Dort blieb er aber zu wenig lang, um das Institut vor dem Riesenschlamassel mit Madoff-Engagements zu bewahren. Als Vierzigjähriger ersetzte er im Juli 2003 in der Schweizerischen Nationalbank Bruno Gehrig, der zur damaligen Rentenanstalt wechselte. Hildebrand hatte nun Gelegenheit, die Geldpolitik der SNB mitzugestalten – nachdem er sie 1996 in einem Leitartikel der «Finanz und Wirtschaft» noch scharf kritisiert hatte.
In der Nationalbank leitete Hildebrand das zweite Departement (Bargeld, Finanzen, Finanzsysteme Sicherheit), wobei er unter anderem für das Management der Goldverkäufe verantwortlich war. 2007 wählte ihn der Bundesrat zum Vizepräsidenten. Bis dahin war Hildebrand auch Vorsitzender der Stellvertreter der Zehnergruppe (G-10). Heute ist er Mitglied der Working Group on Enhancing Market and Institutional Resilience des Financial Stability Forum (FSF), und seit Frühjahr 2009 Vorsitzender der Working Party No. 3 der OECD. Zudem ist er Präsident des International Center for Monetary and Banking Studies (ICMB) in Genf und Mitglied der Group of Thirty.
Ein Ziel hat der stets gelassen wirkende Hildebrand übrigens nicht erreicht: 1984 verpasste er knapp die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Los Angeles. Im Gerede war er mehrmals als Präsident der UBS: Als es vor gut einem Jahr um die Nachfolge von Marcel Ospel ging, nahm er sich aber rasch selber aus dem Spiel und meldete via «Wall Street Journal», dass er nicht zur Verfügung stehe. Dass ihm die Diskussion darüber schmeichelte, ist indessen verbürgt.
Philipp Hildebrand ist verheiratet und Vater einer Tochter.