Das Rennen um die Präsidentschaft in den USA ist gelaufen. Laut Hochrechnungen hat Donald Trump gewonnen.

Die endgültigen Resultate der US-Präsidentschaftswahl stehen zwar noch aus, aber laut aktuellen Hochrechnungen hat Donald Trump die nötige Zahl der Wahlmänner-Stimmen erreicht. Zudem haben die Republikaner im Senat die Mehrheit übernommen.

In ersten Kommentaren äussern sich die Investment Officer und Ökonomen verschiedener Banken und Institute dazu, was der Trump-Sieg für die Wirtschaft und die Finanzmärkte bedeuten dürfte.

«Wenn die Republikaner beide Häuser des Kongresses und das Weisse Haus erobern, erwarten wir eine dynamischere US-Wirtschaft mit einem Wachstum über dem Potenzial und einer Inflation über dem Ziel der Federal Reserve», schreibt etwa Samy Chaar, Chief Economist und CIO Switzerland bei Lombard Odier. «Die Zinssätze werden dann wahrscheinlich höher sein als vor der Wahl erwartet. Das Rennen um das Repräsentantenhaus wird darüber entscheiden, ob die Wahlversprechen vollständig umgesetzt werden können.»

Zölle entscheidend für Welthandel

Die Frage der von Trump immer wieder angedrohten Zölle sei entscheidend für den Welthandel und die Aussichten der Fed auf eine Lockerung der Geldpolitik, heisst es weiter. «Wir sehen, dass hochverzinsliche Kredite und Gold gut abschneiden. Globale Aktien, einschliesslich US-Aktien, haben ebenfalls das Potenzial, in den nächsten 12 Monaten zu steigen, da die Erträge wachsen und die Gewinnspannen hoch bleiben. Auf dem US-Markt dürften sich Finanz-, Technologie- und Rüstungswerte unter einer Trump-Regierung gut entwickeln», so die Einschätzung weiter.

Die Rückkehr von Trump ins Weisse Haus könnte die US-Wirtschaft ankurbeln, heisst es auch von Mirabaud-Ökonom John Plassard. Dabei dürfte der Schwerpunkt auf den Sektoren Energie, Verteidigung und verarbeitende Industrie liegen.

«Trumps Wirtschaftsprogramm mit Steuersenkungen und weniger Regulierung könnte die Gewinne der US-Unternehmen ankurbeln, was den Aktienmarkt trotz der Sorgen über das Defizit und die Inflation begünstigen würde», schreibt er weiter. «Dieser ‹America First›-Ansatz könnte jedoch die geopolitischen Spannungen, insbesondere mit China, verschärfen und die transatlantischen Beziehungen erschweren.»

Jahresendrally nicht zwangsläufig

Bei der DWS ist man nicht davon überzeugt, dass der Ausgang der US-Wahl zwangsläufig zu einer Jahresendrally an den Aktienmärkten führen wird. «Auch wenn das grundlegende Sentiment ist, dass die Märkte Trumps Wirtschaftspolitik den Vorzug geben würden, gibt es eine Handvoll Gründe, diese Wahl nicht als Anlass einer vermeintlichen Jahresendrally zu deuten.»

Anders als vor acht Jahren komme Trump diesmal nicht überraschend für die meisten Anleger. In Summe sei über die vergangenen Monate bereits ein Sieg Trumps eingepreist worden. Eine Umkehr dieser Trades sei nicht zu erwarten, aber eben auch kein weiteres Aufwärtspotenzial für gewisse Anlageklassen.

Die Experten rechnen zudem mit einer besonders fragilen Übergangsperiode zwischen Wahl und Amtseinführung im Januar, die für Marktvolatilität sorgen könnte.

Reale Umsetzung und Wahlkampfrhetorik

«Zudem denken wir, dass die Wahl auf wirtschaftspolitischer Ebene nicht nur Antworten gibt, sondern auch Fragen aufwirft.» Dazu zählen etwa, wie rigoros die Massnahmen von Trump ausfallen und welche Zugeständnisse er dem Kongress machen muss oder wie sich die Staatsschulden entwickeln. Zudem sei fraglich, wie jene Staaten reagieren, denen US-Handelsrestriktionen drohen.

«Im Falle eines klaren Sieges der Republikaner ist die Verlängerung der Steuersenkungen von Trump aus dem Jahr 2017 gesichert», schreiben die Experten des Franklin Templeton Institute. «Weniger sicher ist, ob die Zölle in dem Umfang und Ausmass erhöht werden, wie es Trumps Wahlkampfrhetorik verspricht.»

Power Grab verstärkt Unsicherheit

«Trump strebt bei seiner zweiten Präsidentschaft einen umfassenden ‹Power Grab› an, der auch vor der Neutralität der US-Notenbank nicht haltmachen wird», warnt das deutsche FERI Cognitive Finance Institute. «Trump will direkte Kontrolle der Zins- und Währungspolitik. Das bedroht die Integrität des US-Finanzsystems und erzeugt globale Unsicherheit», schreibt deren Leiter Heinz-Werner Rapp. Er sieht die Zukunft demokratischer Institutionen in den USA gefährdet und erwartet Schritte in Richtung einer massiven Machtkonzentration auf das Amt des US-Präsidenten.