Über Immobilien und den Hypothekarmarkt im Besonderen diskutierten an einer Podiumsrunde des von schweizeraktien.net veranstalteten «Branchentalks Banken» hochkarätige Experten über die Chancen und Herausforderungen. finews.ch war Medienpartner.
In seinem Impuls-Referat ging Patrick Schnorf, Partner bei Wüest Partner, zunächst tief in die Vergangenheit. Er erläuterte, warum seine Firma schon 1997 einen Preisindex für Immobilien eingeführt hat. Tatsächlich geht dieser Index auf Bestrebungen der Schweizerischen Nationalbank zurück, einen solchen zur besseren Erfassung des Marktes einzuführen.
Wüest & Partner, wie das Unternehmen damals noch hiess, sprang auf den Zug auf und konnte auf einen Datenschatz seit 1970 zurückgreifen, der unbearbeitet in den Tiefen der Archive schlummerte.
Snapshots vom Branchentalk Banken
Schnorf strich denn auch die höchst unterschiedliche Entwicklung der Immobilienpreise nach Kantonen heraus. So seien alleine im vergangenen Jahr die Preise in den Kantonen Schwyz und Zug um 8 Prozent gestiegen, während sie im Rest der Schweiz nur etwas mehr als 2 Prozent zulegten.
«Die hohen Preisniveaus werden uns noch eine Zeitlang begleiten», so Schnorf. Denn die tiefen Zinsen trieben weiter die Nachfrage. Das sehen auch die beiden anderen Podiumsteilnehmer, Riku Aro, stv. CEO der Clientis BS Bank Schaffhausen, und Lukas Vogt vom Hypotheken-Vermittler Moneypark, so.
Pendel schwingt zurück
Aro verwies auf den Rückgang der Immobilien-Versteigerungen nach den Zinserhöhungen in den letzten Jahren, sagte aber auch, dass bereits jetzt das Pendel wieder zurückschwinge. Er geht wie Schnorf von einer weiter stabilen Marktentwicklung aus.
Das stützen auch Vogts Beobachtungen. Er sprach von einer unglaublich hohen Nachfrage nach Immobilien, diese sei um 100 bis 150 Prozent höher als 2023.
Regionalbanker kennen ihre Kunden
Die im Publikum anwesenden Banker von regional tätigen Instituten waren höchst interessiert an den Ausführungen der Immobilienexperten, nimmt doch gerade bei ihnen das Hypothekargeschäft eine herausragende Stellung ein. Sie kennen die Kunden, sind tief in der Region verankert und sind oft die erste Anlaufstation, wenn es um die Finanzierung einer Immobilie geht.
Allerdings berichtete Schnorf, dass die Banken zur Zeit restriktiver mit Finanzierungen umgingen als auch schon. So habe ein Immobilienentwickler von 19 Grundstücken am Zürichsee keine Finanzierung über eine Bank gefunden. Auch Vogt berichtete von der Zurückhaltung der Banken bei der Hypothekarvergabe.
Das seien Anpassungsprozesse, so Schnorf, ein Justieren von Angebot und Nachfrage. Der Wettbewerb unter den Kreditgebern habe zwar etwas abgenommen, aber sobald die Zinsen wieder etwas anstiegen, gebe es auch wieder mehr Wettbewerb.
Am Beispiel der Eltern
Wie sehr die durchgehend steigenden Immobilienpreise den Erwerb zum zum Beispiel eines Einfamilienhauses verteuert haben und damit auch den Eigenkapitalbedarf erhöhen, machte Aru am Beispiel des Hauses seiner Eltern fest.
Sie hätten vor 20 Jahren ein Haus für 600’000 Franken gekauft, die andere Doppelhaushälfte sei jetzt zum doppelten Preis verkauft worden. Bei 20 Prozent gefordertem Eigenkapital mussten seine Eltern seinerzeit 120’000 Franken aufbringen, heute sind es 240’000 Franken. Aber in dieser Zeit seien die Löhne ja nicht um 100 Prozent gestiegen, so Aru.
Aufweichung der Tragbarkeit
Deshalb, so Vogt, würden Banken bereits von der 33-Prozent-Tragbarkeitsregel (Die Regel besagt, dass der Zinsaufwand des Hypothekarnehmers nicht mehr als 33 Prozent seines Einkommens ausmachen darf) insbesondere bei Kaufinteressenten wie jungen Familien absehen und bis zu 40 Prozent akzeptieren, um überhaupt noch einen Kauf zu ermöglichen.
Auch bei Rentnern spiele eine Aufweichung der Tragbarkeit eine zentrale Rolle, damit sie in ihrem Haus wohnen bleiben könnten.
Kreditsuchende Kundschaft
Das Podiumsgespräch unter der kundigen Leitung des finews.ch-Gründers Claude Baumann bestärkte die anwesenden Regionalbanker, sich weiter intensiv um ihre kreditsuchende Kundschaft zu kümmern – und das ganz unabhängig von sinkenden oder steigenden Zinsen.
Denn eins ist klar: Die Nachfrage wird bestehen bleiben. Es bräuchte eine lang währende Rezession über einige Jahre, um den Markt substanziell in eine andere Richtung zu schicken, so Schnorf. Eine solche Rezession ist nicht abzusehen.
- Artikel mit Material von schweizeraktien.net