Seit rund einem halben Jahr leitet Rochus Appert die Schweizer Niederlassung von PGIM Investments, einem der grössten Vermögensverwalter der Welt. Im Interview mit finews.ch erklärt er, wie man den Grundstein für eine langfristige Outperformance setzt, und was das Verschwinden der Credit Suisse für den hiesigen Asset-Management-Markt bedeutet.  


Herr Appert, Sie haben vor einem halben Jahr die Länderverantwortung für die Schweiz bei PGIM Investments übernommen. Wie unterscheidet dieser amerikanische Asset Manager von Ihren früheren Arbeitgebern?

PGIM ist mit mehr als 1,3 Billionen Dollar an Assets under Management (AUM) einer der grössten Vermögensverwalter der Welt. Die ersten Wochen, vielleicht sogar Monate, war ich daher erst einmal damit beschäftigt, mir einen Überblick über die breite Palette an Strategien zu verschaffen, die in Europa grundsätzlich in Dollar oder Euro laufen.

Vermögensverwaltung ist ein durch und durch globales Geschäft, und es kommt darauf an, die optimale Schnittmenge zu finden zwischen den Bedürfnissen des Marktes und dem eigenen Angebot. Für die Schweiz bedeutet das allem voran persönliche Betreuung vor Ort mit einer Mischung aus ausgewählten bewährten Strategien und innovativeren Ansätzen, wie die Investition in Private Equity Secondaries oder Rechenzentren.

Wie gross ist PGIM Investments in der Schweiz?

Wir sind schon seit vielen Jahren in der Schweiz aktiv. Ein eigenes Büro in Zürich haben wir seit 2019 gemeinsam mit unseren Kollegen von PGIM Fixed Income. Dazu kommt noch Montana Capital Partners, eine 2011 gegründete Boutique für Private Equity Secondaries, die in Zug beheimatet ist, mehr als 3 Milliarden Euro verwaltet und seit 2021 zu PGIM gehört.

Welche Prioritäten haben Sie sich seit Ihrem Amtsantritt im vergangenen November 2023 gesetzt?

Grundsätzlich möchte ich die Bekanntheit der Marke PGIM steigern, vor allem bei Banken und unabhängigen Asset Managern sowie Family Offices. Das geht am besten mit Produkten, die sich von der Masse abheben. Die Investitionsmöglichkeiten in Rechenzentren habe ich bereits erwähnt, ebenso unser Angebot im Private Equity – beide sind Teil unseres Schwerpunkts im Bereich Alternatives.

«Die Schweiz ist sowohl auf der Kundenseite als auch auf der Anbieterseite äusserst kompetitiv»

Aber auch in unserem klassischen UCITS-Range im Bereich Fixed Income und Growth Equity haben wir ein paar spannende Strategien im Angebot – zum Beispiel mögliche Gewinner der Energiewende oder Distressed Debt.

Das wichtigste Ereignis der vergangenen Monate auf dem Schweizer Finanzplatz ist die Integration der Credit Suisse (CS) in die UBS. Damit haben auch Sie einen wichtigen Kunden verloren. Wie gehen Sie damit um?

Der Markt ist durch den Zusammenschluss der beiden Banken nicht unbedingt kleiner geworden, auch wenn ein Player künftig noch etwas mehr hervorsticht. Insofern sehen wir dem gelassen entgegen, auch wenn es für mich persönlich schon traurig ist, dass ein derart etabliertes Institut vom Parkett verschwindet.

Wie beurteilen Sie das Verschwinden der CS für die Schweizer Asset-Management-Branche und für den hiesigen Finanzplatz generell?

Natürlich bringt es Veränderungen mit sich, wenn ein grosser Player von der Bühne geht. Doch ich bleibe dabei: Der Schweizer Markt ist gross genug, vor allem aber ist er differenziert genug, als dass es einen spürbaren Einfluss hätte auf die Qualität und Attraktivität des Finanzplatz Schweiz.

Die Schweiz will sich parallel zum Private Banking vermehrt im Asset Management profilieren. Hat der Standort im internationalen Wettbewerb eine Chance?

Die Schweiz ist sowohl auf der Kundenseite als auch auf der Anbieterseite äusserst kompetitiv, vor allem aber hochprofessionell. Es gibt unzählige Beispiele für Anbieter, die sich aus der Schweiz heraus auch international etabliert haben.

«Der Markt ist durch den Zusammenschluss von UBS und CS nicht unbedingt kleiner geworden»

Nehmen wir nur Montana. Gestartet von zwei Private-Equity-Experten hat sich das Unternehmen schon vor dem Zusammenschluss mit PGIM zu einem globalen Player im Bereich Private Equity Secondaries entwickelt. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch in Zukunft immer wieder aus der Schweiz heraus international führende Vermögensverwalter sehen werden.

Welchen Stellenwert hat der Schweizer Markt für einen so grossen Player wie PGIM?

Das ist einfach: Die Schweiz ist ein Zentrum des globalen Finanzmarkts und damit sozusagen das natürliche Arbeitsumfeld von führenden Vermögensverwaltern wie PGIM. Mit unserem Know-how und unserer breiten Palette an etablierten Strategien sehen wir für PGIM in der Schweiz ein hohes Erfolgspotenzial – für uns ebenso wie für unsere Investoren.

Wie differenziert sich PGIM Investments von der Konkurrenz hierzulande?

Mit seiner Multi-Affiliate-Struktur bietet PGIM eine Kombination aus Breite und Tiefe, also aus Grösse und Spezialisierung. Für unsere Investoren und Partner in der Schweiz und aus aller Welt bedeutet das, dass wir ihnen eine breite Palette von aktiv gemanagten Strategien aus zahlreichen Assetklassen anbieten.

Dabei agieren und investieren unsere Affiliates wie Montana, PGIM Fixed Income – einer der grössten Fixed -Income-Investoren der Welt, oder Jennison Associates, unser Growth-Equity-Anbieter, autonom, während sie gleichzeitig von der Erfahrung und Reichweite eines globalen Vermögensverwalters mit einem verwalteten Vermögen von 1,3 Billionen Dollar profitieren.

Welche Nachfrage-Trends seitens der Investorinnen und Investoren sehen Sie aktuell?

Die Schweiz ist nicht unbedingt ein Land der Hochrisiko-Investoren. Im aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld hat sich diese Tendenz noch einmal verstärkt. Der Fokus liegt daher tendenziell auf defensiveren Anlageformen und auf Strategien, die sich an langfristigen Trends orientieren.

Nehmen wir etwa die rapide zunehmende Relevanz von Künstlicher Intelligenz (KI), die naturgemäss auf hohes Interesse seitens der Investoren stösst: Unabhängig von den konkreten Anwendungsformen ist heute schon klar, dass es für KI ein starkes und solides Fundament an Rechenleistung brauchen wird, das weit über das heutige Angebot hinausgeht. Unternehmen, die diese Rechenkapazität liefern können, und die dafür notwendigen Rechenzentren, werden also vermutlich zu den langfristigen Gewinnern zählen.

In den vergangenen Jahren haben sich viele institutionelle Anlegerinnen und Anleger vor allem auf passive Investments und Fonds fokussiert. Wie begegnen Sie diesem Verhalten?

Grundsätzlich erlauben die unterschiedlichen Eigenschaften und Stärken von aktiv und passiv eine für Investoren finanziell erfolgreiche Koexistenz. Ich sehe zahlreiche Gründe, optimistisch in eine aktive Zukunft zu blicken.

«Die historische Anomalie der Niedrigzinsphase ist wohl endgültig vorüber»

Erstens ist, auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen zum ersten Mal wieder leicht gesenkt hat, die historische Anomalie der Niedrigzinsphase wohl endgültig vorüber. Aufgrund der höheren Finanzierungskosten wird die Zahl der Ausfälle und Insolvenzen daher in den nächsten Jahren kontinuierlich steigen, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Aktive Manager können einerseits finanzstarke Unternehmen identifizieren und somit die Allokation in schwächere Unternehmen vermeiden, sowie auf der anderen Seite über distressed credit ausgewählte und vielversprechende Unternehmen unterstützen, die in Schieflage geraten.

Zweitens braucht es aktives Management und eine aktive Titel-Selektion, um genau jene Unternehmen zu identifizieren, die zentral sind für die Energiewende und daher am meisten von ihr profitieren werden. Hier geht es um einen deutlich breiteren Kreis als jene Unternehmen, die klassischerweise in ESG-Vehikeln landen – denn diese sind meistens bereits grün. Aber auf dem Weg eine ökologisch nachhaltige Zukunft braucht es weitaus weitreichender Anstrengungen, etwa von Unternehmen, die die technische Grundlage für die Transformation liefern oder eben auch möglicherweise das eine oder andere Unternehmen aus dem fossilen Bereich, das mit Hochdruck auf regenerative Energien umsattelt.

Drittens haben die vergangenen Monate wieder eindrucksvoll gezeigt, wie sehr die Hochs der Indizes oft von einigen wenigen Titeln getrieben sind – aktuell gerade aus dem Tech-Umfeld. Wer diese Unternehmen identifizieren kann, setzt den Grundstein für langfristige Outperformance.


Rochus Appert ist seit November 2023 Länderchef Schweiz von PGIM Investments und gleichzeitig Vertriebsleiter. Er bringt 30 Jahre an Erfahrung in der Schweizer Finanzbranche mit. Zuletzt arbeitete er bei Columbia Threadneedle als Leiter Discretionary Sales Switzerland. Zuvor war er in diversen Führungspositionen tätig, unter anderem als Head of Intermediary Sales Central Europe bei BMO Global Asset Management – vor der Übernahme durch Columbia Threadneedle – sowie bei State Street Global Advisors, der Grossbank Credit Suisse und der deutschen West LB. PGIM Investments ist die Asset-Management-Tochter des amerikanischen Versicherers Prudential Financial (nicht zu verwechseln mit dem britischen Versicherer gleichen Namens).