Mit der zweiten Leitzinssenkung in diesem Jahr reagiert die Schweizerische Nationalbank, SNB, auf den geringen Inflationsdruck. Die Lockerung soll der Konjunktur helfen. Der Blick geht auch zum Aussenwert des Franken.
Die Nationalbank hat den SNB-Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent gesenkt. Der zugrundeliegende Inflationsdruck sei gegenüber dem Vorquartal nochmals gesunken, heisst es in der Mitteilung zur Zinsentscheidung.
Mit der erneuten Senkung halte die Nationalbank die monetären Bedingungen «angemessen». Man werde die Inflationsentwicklung weiter genau beobachten und die Geldpolitik wenn nötig anpassen.
Seit der letzten Lagebeurteilung ist die leicht angestiegen und lag im Mai bei 1,4 Prozent. Zu diesem Anstieg haben insbesondere eine höhere Teuerung bei den Mieten, bei den Dienstleistungen im Tourismusbereich und bei den Erdölprodukten beigetragen. Insgesamt wird die aktuelle Inflation in der Schweiz vor allem von der Teuerung der inländischen Dienstleistungen bestimmt, wie es weiter heisst.
Inflationserwartung geringfügig tiefer
Die SNB senkt die Inflationsprognose leicht. Für das laufende Jahr wird mit einer durchschnittlichen Teuerung um 1,3 Prozent gerechnet. Für 2025 werden 1,1 Prozent und für 2026 1,0 Prozent erwartet.
(Grafik: BFS/SNB)
Der Inflationsdruck im Ausland dürfte über die nächsten Quartale weiter graduell nachlassen. Gleichzeitig dürfte sich die globale Wirtschaft etwas beleben.
In der Schweiz wuchs das Bruttoinlandprodukt (BIP) im ersten Quartal 2024 moderat. Der Dienstleistungssektor expandierte weiter, während die Wertschöpfung in der Industrie stagnierte. Die Arbeitslosigkeit stieg weiter leicht an. Die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten waren normal ausgelastet.
Moderates Wachstum
In den kommenden Quartalen dürfte sich das moderate Wachstum in der Schweiz fortsetzen. Die SNB erwartet für dieses Jahr ein BIP-Wachstum von rund 1 Prozent und für das kommende von 1,5 Prozent.
In diesem Umfeld dürfte die Arbeitslosigkeit 2024 weiter leicht ansteigen und die Auslastung der Produktionskapazitäten leicht sinken. Mittelfristig sollte sich die Wirtschaftsentwicklung gestützt durch eine etwas stärkere Auslandnachfrage schrittweise verbessern.
Erstarkte Währung als Hauptgrund
«Wie schon im März erachten wir für den Schritt die erstarkte Währung als Hauptgrund», schreibt Philipp Burckhardt von Lombard Odier in einem Kommentar. «Konjunkturindikatoren haben sich seit März besser entwickelt, während die Inflation abgeschwächt hat.»
Arthur Jurus von Oddo BHF sieht in den SNB-Prognosen keine Überraschungen. Für das Währungsverhältnis Franken-Euro werde die Senkung keine Auswirkungen haben. «Die Unsicherheit über die Weltwirtschaft und die politischen Herausforderungen in Europa bleiben exogene Risiken. Für die SNB betrifft dieses Risiko eine zu starke Aufwertung des Schweizer Franken, die mit einem Rückgang der Importpreise einhergehen würde», heisst es hier in einem Kommentar.
«Die SNB reagiert mit ihrer Entscheidung auf die europäische Zentralbank (EZB), die im Juni 2024 ebenfalls ihren Leitzins gesenkt hat», schreibt Postfinance-CIO Philipp Merkt. «Ansonsten hätte sich die Zinsdifferenz vergrössert, was tendenziell den Aufwertungs- druck des Schweizer Frankens erhöht.»