Gut möglich. Aber das ist egal: Dieser Mann ist brandgefährlich für den Schweizer Finanzplatz. Darum muss man ihn durchaus ernst nehmen.
Seit Jahren versucht Rudolf Elmer (Bild) mit seinen Anliegen Aufmerksamkeit zu erheischen. Und viele Medien berichten gerne über den Einzelkämpfer, der vom Angestellten der Bank Julius Bär zum Bankenkritiker mutierte.
Von «Hürryiet» über den «Guardian» bis zur «Süddeutschen Zeitung» wurde er schon gross gewürdigt, demnächst kommt ein Film über ihn ins Kino, und auch die heutige Pressekonferenz mit Julian Assange in London brachte Elmer wieder globale Aufmerksamkeit.
Weitere PR-Schläge
Das lässt auf weitere PR-Schläge hoffen. Wenn sich Rudolf Elmer in dieser Woche in Zürich wegen Verletzung des Bankgeheimnisses zu verantworten hat, geschieht dies unter den Augen der Weltöffentlichkeit. Und damit werden gar nicht so sehr die Verfehlungen eines frustrierten Bankangestellten verhandelt, sondern debattiert wird wieder einmal die Redlichkeit des Schweizer Finanzplatzes.
Es ist langsam eine ernst zu nehmende Lektion: Man mag Leute wie Rudolf Elmer verurteilen, ihre Ehrlichkeit anzweifeln (und sogar ihre psychische Gesundheit); aber darum geht es nicht: Die frustrierten Ex-Banker können brandgefährlich werden.
Zweifelhafte Gestalten mit grosser Wirkung
So wie eine (gelinde gesagt) schillernde Figur wie Julian Assange es schaffte, der amerikanischen Diplomatie das wohl grösste PR-Problem ihrer Geschichte einzubrocken, so schaffte es Heinrich Kieber, die Liechtensteinische Fürstenbank LGT zu erschüttern. Auch Kieber, ein einzelgängerischer Informatiker, war eine zweifelhafte Gestalt. Aber seine Daten genügten, um den Finanzplatz Liechtenstein umzukrempeln.
Oder Bradley Birkenfeld: Wohl bestenfalls ein mittelmässiger Private Banker, aber die UBS nahm seine Forderungen und Drohungen wohl zu wenig ernst. Fazit: Birkenfeld stürzte die grösste Schweizer Bank in den wohl gefährlichsten Prozess ihrer Geschichte, und obendrein ist seit ihm das Schweizer Bankgeheimnis nicht mehr dasselbe wie einst.
Zwischen Elmer und Rohner
Insofern ist auch Rudolf Elmer durchaus ernst zu nehmen. Nicht nur als ein Dauer-Problem für die Reputation der Bank Julius Bär, sondern auch für den ganzen Finanzplatz Schweiz. Denn mögen seine Voten noch so widersprüchlich, ja bisweilen kaum nachvollziehbar sein, so zieht er eben doch den hiesigen Standort in Zweifel.
Und wenn Elmer nun verkündet, dass er nun selber inzwischen zur Anlaufstelle für andere Whistleblower geworden ist und deshalb neues Material zugespielt erhält, so zeigt er zumindest eines: Das Problem bleibt bestehen. Und zwar so lange, wie es trübe Stellen gibt, die durch Verrat ans Licht gezerrt werden können.
Ein Finanzplatz, wo selbst ein ehemaliger UBS-Banker wie Marcel Rohner – in dessen Ära die Grossbank ihre Kunden nun wirklich nicht sehr respektvoll behandelte – nach so kurzer Zeit wieder ein Plätzchen hoch oben finden kann: Solch ein Finanzplatz lässt durch Leute wie Rudolf Elmer auch leicht in Zweifel ziehen.