Im Zuge der Weissgeld-Strategie haben Schweizer Banken das Wachstum in Schwellenländern forciert. Europa rückt nun gemäss einer Studie plötzlich wieder ins Rampenlicht.
Unter Ralph Hamers, dem CEO der UBS, gehört Europa nicht mehr zu den Märkten, die per se ausgebaut werden. Aus Österreich und Spanien hat sich die Schweizer Marktführerin und grösste Privatbank der Welt nun sogar zurückgezogen. Ähnlich sieht es auch die kleinere Konkurrenz; sie bedient seit der Finanzkrise und dem Schwenk auf die Weissgeld-Strategie meist nur noch ausgesuchte Märkte auf dem Kontinent.
Allerdings zeigt sich die europäischen Vermögensentwicklung nun dynamischer als gedacht. Zu diesem Befund gelangt ein speziell auf den europäischen Markt ausgerichteter Reichen-Report des Zürcher Thinktanks Redesigning Financial Services, der in Zusammenarbeit mit der Liechtensteiner Fürstenbank LGT entstanden ist.
Trotz Corona auf Allzeithoch
Die Studie kommt zum Befund, dass die Privatvermögen im Corona-Jahr 2020 in Europa – einschliesslich der Schweiz – mit 69 Billionen Euro ein Allzeithoch erreichten. Die privat gehaltenen Gelder stiegen damit zum Vorjahr um 3,9 Prozent, währen das reale Bruttoinlandprodukt BIP um 6,4 zurückging und die europäischen Volkswirtschaften damit in die Rezession schlitterten.
Laut dem Thinktank liegt darin eine wichtige Erkenntnis: Das Vermögen wächst tendenziell schneller als die Wirtschaftsleistung, was zu einer zunehmenden Vermögenskonzentration in Europa führt. Spanien, die Schweiz und Deutschland weisen mit 94 und 83 Prozent respektive 51 Prozent laut der Erhebung die höchsten prozentualen Zuwächse beim durchschnittlichen Vermögen im letzten Jahrzehnt auf. 14 Prozent der Schweizer Haushalte verfügen über ein Nettovermögen von über 1 Million Euro.
Wachsende Kluft
Wie bereits in den USA und natürlich in Schwellenländern stellt die Studien auch für Europa eine zunehmende Konzentration der Vermögen fest. Die reichsten 10 Prozent der europäischen Haushalte verfügen über 51 Prozent des gesamten europäischen Nettovermögens. Dies, während die reichsten 1 Prozent der Europäer 19 Prozent des gesamten europäischen Vermögens besitzen.
Jener Trend werde sich 2022 fortsetzen, erwartet man nun beim Thinktank. Mit Folgen, welche sowohl die Politik, wie auch die Bankenwelt zu bedenken haben. «Wenn man davon ausgeht, dass die Kapitalrendite in der Nähe ihres 200-jährigen Durchschnitts von 4 bis 5 Prozent pro Jahr bleibt, liegt es auf der Hand, dass die Konzentration des europäischen Reichtums in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch weiter zunehmen wird», so die Autoren weiter. Damit würden die Vermögenden wahrscheinlich ein noch grösseres Stück vom wachsenden privaten Vermögenskuchen abbekommen.