Gerade in Krisenzeiten sei ein starker Finanzsektor absolut unerlässlich für eine taumelnde Volkswirtschaft, sagt Markus Bürgi im Interview mit finews.ch. Umso wichtiger sei es, die Berufsaussichten in der Branche abzuschätzen.
Herr Bürgi, wie erleben Sie die Zeit des Lockdowns?
Die vergangenen Tage und Wochen waren in vielerlei Hinsicht herausfordernd. Zum einen galt es, den operativen Betrieb des Swiss Finance Institute (SFI) in einem Homeoffice-Modus sicherzustellen, was uns sehr gut gelungen ist.
Ein grosses Kompliment gebührt deshalb an dieser Stelle meinen SFI-Kolleginnen und -Kollegen, die sich in kürzester Zeit auf die neue Situation eingestellt haben und diese bravourös meistern. Zum anderen machen mir der volkswirtschaftliche Schaden aufgrund der Corona-Pandemie und die absehbare Rezession natürlich Sorgen.
«Die Schweizer Regierung hat in meinen Augen bis dato besonnen agiert»
Erfreulich ist sicherlich der Umstand, dass der Schweizer Staat dank bedachter Finanzpolitik nun mit einer tiefen Staatsverschuldung und hohen Fiskalüberschüssen aus den vergangenen Jahren in der Lage ist, die initiierten Konjunkturprogramme zu stemmen.
Die Schweizer Regierung hat in meinen Augen bis dato besonnen agiert. Dies gilt es nun, beizubehalten und die Lockerung rasch sowie flexibel zu gestalten – denn auch die volkswirtschaftlichen Konsequenzen der aktuellen Situation erzeugen grosses Leid.
Sie beteiligen sich auch in diesem Jahr an der Umfrage über die Berufsaussichten in der Finanzbranche. Was versprechen Sie sich davon?
Obwohl wir als Forschungs- und Ausbildungsstätte, die massgeblich von der Schweizer Bankenbranche getragen wird, bereits sehr nahe am Puls der Finanzindustrie stehen, erachten wir die Erkenntnisse aus besagter Studie als wichtigen Indikator.
«Weiteres Effizienzpotenzial birgt sicherlich die fortschreitende Digitalisierung»
Sie ermöglichen es, unsere Aktivitäten im Bereich der Aus- und Weiterbildung auch in Zukunft optimal auf die Bedürfnisse der Studierenden respektive auf die Anforderungen der Finanzinstitute auszurichten.
Sehen Sie in Zukunft – post-Covid-19 – eine effizientere Schweizer Finanzbranche?
Die Schweizer Finanzbranche ist meines Erachtens bereits sehr effizient aufgestellt. Weiteres Effizienzpotenzial birgt sicherlich die fortschreitende Digitalisierung.
Aber auch hier haben die Banken ihre Hausaufgaben gemacht. Und wenn ich sehe, dass zwischen der Ankündigung des Bunderates und der Auszahlung der ersten Überbrückungskredite an notleidende Unternehmen nur wenige Tage verstrichen sind, denke ich nicht, dass unsere Finanzindustrie ein akutes Effizienzproblem hat – im Gegenteil.
Ist die Rolle der Schweizer Banken in dieser Zeit nicht auch eine Chance, ihr Image in der öffentlichen Wahrnehmung zu verbessern?
Die Schweizer Finanzbranche hat ihre enorme Leistungsfähigkeit in den vergangenen Tagen und Wochen eindrücklich unter Beweis stellt. Die von der Eidgenossenschaft verbürgten Sofortkredite für krisengeschüttelte Unternehmen werden derzeit von den Schweizer Banken im Rekordtempo geprüft und ausbezahlt.
«Wir sind eine der erfolgreichsten Bank-und Finanzforschungsfakultäten mit Industriefokus»
Die Finanzinstitute agieren auch im Krisenmodus zuverlässig und stabil, was angesichts der enormen wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen keine Selbstverständlichkeit ist. Es zeigt sich, dass ein starker Finanzsektor gerade in Krisenzeiten absolut unerlässlich für eine taumelnde Volkswirtschaft ist. Die Schweiz ist auch in dieser Hinsicht hervorragend aufgestellt – das sollten wir an dieser Stelle nicht vergessen.
Wie differenziert sich das SFI gegenüber anderen Ausbildungsstätten?
Das SFI beruht auf einer einmaligen «Private Public Partnership» zwischen der Schweizer Bankbranche und den sechs grössten Schweizer Universitäten. Wir sind damit eine der grössten und ich darf mit Stolz hinzufügen, auch eine der erfolgreichsten Bank-und Finanzforschungsfakultäten mit ausgeprägtem Industriefokus.
«Wir vermitteln kein technisches Grundlagenwissen»
Unsere Aus- und Weiterbildungsaktivitäten bauen konsequent auf dem Einbezug hochkarätiger Finanzforscher und der engen Verzahnung unserer Institution mit der Schweizer Bankenindustrie auf. Entsprechend unterscheidet sich die praxisorientierte Weiterbildung am SFI deutlich von anderen Weiterbildungsangeboten.
Wir vermitteln grundsätzlich kein technisches Grundlagenwissen, sondern setzen uns interaktiv mit aktuellen Fragestellungen und neuesten Erkenntnissen aus Industrie und Forschung auseinander. Unsere Knowledge-Exchange-Aktivitäten bieten – wie es der Namen bereits sagt – eine Plattform für den Austausch zwischen Industrie und Akademia auf höchstem Niveau.
Unterhält das SFI auch Beziehungen zu ausländischen Hochschulen oder vergleichbaren Institutionen?
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. SFI-Professoren arbeiten in der Forschung mit anderen Akademikern der weltbesten Universitäten zusammen, darunter Harvard, MIT, Stanford, Chicago, Wharton, Columbia, London School of Economics, Oxford, usw.
Dadurch hat sich das SFI international einen erstklassigen international Ruf erarbeitet und wirkt als Talentmagnet, der nicht nur Spitzenforscher in die Schweiz lockt, sondern auch weltweit gesuchte Talente aus der Praxis, die die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes sicherstellen.
Markus Bürgi ist Chief Financial and Operating Officer am Swiss Finance Institute (SFI). Er besitzt einen Master-Abschluss in Banking & Finance und promovierte in den Bereichen Bankenregulierung, bedingtes Kapital sowie Informationsökonomie an der Universität Zürich. Bevor er seine aktuelle Funktion am SFI wahrnahm, war er für zahlreiche SFI-Aus- und Weiterbildungsangebote verantwortlich und für die UBS in der Fixed-Income-Analyse tätig.