Wie gewonnen so zerronnen – das Bonmot trifft wie selten gut auf die Schweizerische Nationalbank zu. Ihr Eigenkapital ist im ersten Quartal vermutlich drastisch geschmolzen. Der Kuchen für Bund und Kantone wird somit wieder kleiner.
Minus 30 Milliarden Franken – diese Summe hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit Sitz in Bern im ersten Quartal dieses Jahres verloren. Dies zumindest schätzt die UBS, ihres Zeichens grösste Bank der Schweiz.
Der globale Kurssturz mit einem durchschnittlichen Minus von 22 Prozent im ersten Quartal sorgte für ein Minus von rund 35 Milliarden Franken im Aktiendepot der SNB, das Ende Dezember 2019 fast 160 Milliarden Franken wert war, wie die UBS in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht schreibt. Die Grossbank liegt mit ihren Gewinn- und Verlustprognosen für die SNB für gewöhnlich richtig.
Goldbestand gewinnt an Wert
Das Minus bei den Aktien wurde noch verstärkt durch die Aufwärtstendenz des Frankens. So legte der Franken gegenüber der wichtigsten Handelswährung Euro bis heute um gut 3 Prozent zu seit Anfang Jahr. Auch gegenüber dem Pfund verteuerte sich die Schweizer Währung, hier allerdings gleich um etwa 6 Prozent, nachdem die englische Notenbank (Bank of England) wegen den Turbulenzen im Markt ihren Leitzins senkte.
Der Wertverlust durch Aktiencrash und Währungsturbulenzen wurde teilweise wettgemacht durch den steigenden Goldpreis, tiefere Zinsen (und damit höhere Anleihepreise) sowie Einnahmen aus Negativzinsen, wie die UBS Ökonomen weiter schreiben.
Der Preis pro Kilogramm Gold hat seit dem 1. Januar um knapp 12 Prozent zugelegt und kostet heute etwa 52'800 Franken. Die SNB hat einen Goldbestand von 1'040 Tonnen.
Politische Verteilkämpfe drohen
Minus 30 Milliarden heisst, dass sich das Eigenkapital der SNB noch auf 137 Milliarden Franken beläuft. Auch die Ausschüttungsreserve, aus welcher die jährlichen Zahlungen an die öffentliche Hand geschöpft werden, würde sich mit einem Defizit verringern.
Doch noch drohen dem Bund und Kantonen keine Einbussen, wie die UBS schreibt. Die Reserve betrug nach Auszahlung der letzten Beiträge 84 Milliarden Franken. Erst wenn Reserve die Schwelle von 20 Milliarden unterschreitet, drohen geringere Zahlungen. Aber selbst in diesem Fall wäre die SNB nicht vor Rufen nach höheren Beiträgen gefeit, wie auch die UBS notiert.
«Die politischen Verteilungskämpfe werden deutlich härter als zuvor und damit auch die Forderung an die Adresse der SNB lauter, mehr auszubezahlen als bisher», so der Bericht der UBS.
Es droht ein Rauf und Runter an den Märkten
Die Entwicklung der Wirtschaft und an den Börsen wird auch in den kommenden Quartalen heftige Auswirkungen auf die Situation der SNB haben. Seit Ende März haben die Aktienkurse bekanntlich wieder markant zugelegt (bis Mitte April stieg der Weltindex um etwa 8 Prozent), genauso gut können aber die Kurse wieder nach unten gehen, wenn das wahre Ausmass der wirtschaftlichen Verluste durch die Massnahmen der Behörden sichtbar wird.