In den ersten drei Monaten als CEO von Twint musste Markus Kilb unter anderem mit einer Weko-Razzia zurechtkommen. Im Interview mit finews.ch erzählt er, wie er die ganze Schweiz zum Twinten bringen will. 


Markus Kilb, kaum waren Sie als CEO von Twint gestartet, standen die Polizei und die Wettbewerbskommission vor der Tür. Ein Start nach Mass? 

Das war nicht angenehm. Die Erfahrung einer Hausdurchsuchung hatte ich so vorher noch nicht gemacht. Man wurde dann auch gleich sequestriert. Ich wurde also abgesondert, musste einem Polizeibeamten meinen Laptop und mein Telefon abgeben.

Kein angenehmer Auftakt.

Unter dem Strich war das für uns natürlich unkritisch. Erstens sind wir nicht Gegenstand des Verfahrens und wir haben auch ein reines Gewissen.

Das kann man am neunten Arbeitstag als CEO wahrscheinlich auch problemlos haben.

Ich persönlich sowieso, aber auch als Organisation. Zudem hatte die Weko dem Konstrukt Twint ja bei der Gründung zugestimmt.

Twint hat ein Problem mit Apple. Die Schnittstelle zum NFC Chip im iPhone wird nicht geöffnet. Sind Sie diesbezüglich im Kontakt?

Immerhin muss Apple jetzt nach unserer Klage bei der Weko den Unterdrückungsbefehl zugunsten von Apple Pay entfernen. Was wir mit dem Thema NFC-Schnittstelle machen, das überlegen wir derzeit noch. Im Hinblick auf ein «level playing field» halten wir es natürlich für ein Unding, dass Apple den Wettbewerb einfach ausschliesst.

«Das Handy schien ihr wie angewachsen»

Wir stellen uns gern dem fairen Wettbewerb. Wir wollen das beste Nutzererlebnis für unsere Kunden ermöglichen. Da ist das Verhalten von Apple ein Grund dafür, dass da manche Optionen für uns und viele andere Apps einfach nicht möglich sind.

Woher nehmen Sie die Zuversicht, dass mobile Zahlungsmethoden eine Zukunft haben?

Kürzlich sah ich im Café eine jungen Frau, die beim Zahlen merkte, dass sie das Portemonnaie vergessen hatte. Das Handy hingegen schien ihr wie angewachsen. Wahrscheinlich würden viele Menschen dieser Generation sich eher die Hand abhacken, als das Smartphone daheim zu lassen. Ohne Portemonnaie rauszugehen, war aber überhaupt kein Thema für sie. Das wird noch weiter zunehmen, dass das Mobiltelefon zunehmend zum «Hub» eines Lebens wird.

«Twint wird nicht nur sehr aktiv genutzt, sondern verdrängt auch Bargeld.»

Damit bin ich mit dem Büro im Kontakt, darüber bin ich mit meiner Familie in Kontakt. Ich buche damit Zugtickets, Flugtickets, die Kinositze, den Sport. Das kann man gut oder schlecht finden, aber ich glaube schon, dass dies ein sehr zukunftsträchtiges Medium ist, das eben auch Zahlungsvorgänge im täglichen Leben viel bequemer macht als Geldscheine, Münz und Karten mitnehmen zu müssen. Ausserdem bietet das Smartphone viel mehr Möglichkeiten zur Interaktion und Transparenz als ein Stück Plastik.

Was meinen Sie konkret mit Interaktion?

Die Supercard von Coop ist zum Beispiel direkt mit der Twint-App verbunden. Ebenso diverse Loyalitätsprogramme von Shops, Coiffeursalons, Restaurants und so weiter. Diese bieten ihre Stempelkarten und Rabattangebote elektronisch in der Twint-App an. Das wollen wir natürlich weiter ausbauen.

Können Sie mit Zahlen belegen, wie fleissig die Konsumenten das nutzen? Dass die Unternehmen das gut finden, ist ja klar.

Bei den integrierten Coop-Karten zum Beispiel ist das jenseits der 100’000, die das aktiv nutzen. Auch von der Migros haben wir klare Aussagen, dass Twint nicht nur sehr aktiv genutzt wird, sondern auch Bargeld verdrängt. Dass also das Ziel, das sehr teure Bargeld-Handling zugunsten eines nicht-baren, aber trotzdem überall einsetzbaren Zahlungsmittels verdrängen können.

Wie stark sieht man denn, dass Twint Bargeld verdrängt?