«Eine Frage, die man mir seit der Bekanntmachung der Fusion von Aberdeen und Standard Life stellt, ist die, ob die Entscheidung offensiv oder defensiv motiviert war», sagt Aberdeen-CEO Martin Gilbert.
Von Martin Gilbert, Mitgründer von Aberdeen Asset Management
Ein Vermögensverwalter, der sich heute keinen Herausforderungen gegenüber sieht, hat den Kopf in den Sand gesteckt. Die Branche ist dabei, sich an zwei gegensätzlichen Polen zu konzentrieren. Da gibt es die exklusiven Boutiquen auf der einen und die grossen Anbieter mit einem breit gefächerten Angebot auf der anderen Seite.
Das Mittelfeld wird es angesichts des scharfen Gegenwinds in der Branche – wie dem Aufstieg passiver Investments, dem Abwärtsdruck auf Gebühren und den höheren regulatorischen Anforderungen – schwer haben und läuft Gefahr, abgehängt zu werden.
In der Gruppe der grossen Anbieter
Der Zusammenschluss unserer beiden Unternehmen, Aberdeen Asset Management und Standard Life, wird uns fest in der Gruppe der grossen Anbieter verankern und uns sowohl bei der Investmentkompetenz als auch bei der Kundenabdeckung zu einem wirklich global aufgestellten Vermögensverwalter machen.
Grundpfeiler der Transaktion ist für uns jedoch das Mass, zu dem unsere beiden Unternehmen sich gegenseitig ergänzen. Denn die Kombination unserer Stärken ermöglicht es uns, auch künftig weiter zu wachsen und unseren Kunden in aller Welt auf lange Sicht noch besser zu dienen.
Das war der ausschlaggebende Aspekt, der meine Kollegen und mich im Vorstand von Aberdeen zu der Überzeugung gelangen liess, dass dieser Zusammenschluss sinnvoll ist.
Fünf Bereiche
Zwei Aspekte spielen bei der Ergänzung unseres Geschäfts eine Schlüsselrolle: Es gibt erstens nur eine minimale Überlappung im Bereich Investmentkompetenz und -ressourcen und zweitens deutlich unterschiedlich geartete Stärken im Vertrieb, so dass wir in der Kombination ein über Assetklassen, Kunden und Erträge hinweg stark diversifiziertes Unternehmen sein werden.
Aus dem Zusammenschluss wird ein grosser und finanzstarker Vermögensverwalter hervorgehen, der in fünf Bereichen umfassend und breit aufgestellt ist – Aktien (sowohl aktiv als auch quantitativ), Renten, Solutions, Immobilien und alternative Investments.
Damit kann das neue Unternehmen die besten Talente für sich gewinnen und dauerhaft an sich binden und gleichzeitig weiter in sein Geschäft investieren. Nach dem Zusammenschluss wird man mit vereinten Kräften über mehr als 1'000 Anlagespezialisten verfügen und aus 20 Ländern heraus arbeiten können.
Anlagekompetenzen der nächsten Generation
Durch die breiter aufgestellte Anlagekompetenz werden Kunden von einer grösseren Auswahl profitieren. Es gibt eine Reihe von Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften und Finanzinstituten (Banken/Vermögensverwalter), die bestrebt sind, mit einer kleineren Anzahl an Fondsmanagern zusammenarbeiten, von denen sie dann eine breitere Palette an Strategien beziehen. In den USA waren viele Fondsmanagement-Giganten sehr erfolgreich damit, ihren Kunden eine Kombination unterschiedlicher Anlagestrategien anzubieten.
Ganz besonders freut mich, dass wir durch den Zusammenschluss bei den zukunftsträchtigen Anlagekompetenzen der nächsten Generation, zum Beispiel in den Bereichen Solutions, Smart Beta und Alternative Anlagen, deutlich präsenter werden.
Eigene Altersvorsorge aufbauen
Diese Bereiche der Vermögensverwaltung sind im Wachstum begriffen, und wir werden in der Lage sein, uns auf Augenhöhe mit den grossen globalen Anbietern zu messen, so wie wir das bei Aktien und Renten bereits tun.
Multi-Asset-Investments – also Portfolios, die Aktien, Anleihen, Immobilien und alternative Anlageinstrumente kombinieren – werden immer wichtiger. Zum Beispiel als massgeschneiderte Lösungen für Versicherungsgesellschaften oder als Portfolios, mit denen Einzelpersonen in spezifisch für die Altersvorsorge entwickelte Produkte investieren und sich so ihre eigene Altersvorsorge aufbauen können.
Auf internationaler Ebene
Was die geografische und vertriebstechnische Aufstellung betrifft, wird die Gruppe ihren Kunden nach dem Zusammenschluss in mehr als 80 Ländern mit 50 Vertriebszentren und ihren sich ergänzenden Stärken im institutionellen Vertrieb und in der Nutzung von Gross- und Einzelhandelsvertriebskanälen zur Verfügung stehen.
Insgesamt werden wir durch die Verbindung der Stärken beider Unternehmen im Investment- und Vertriebsbereich unsere Position im Vereinigten Königreich festigen und ausbauen sowie unsere Kundenbeziehungen auf internationaler Ebene vertiefen und erweitern.
Neue Bedürfnisse
Die Vermögensverwaltung erlebt eine beispiellose Phase des Umbruchs und der Konsolidierung. Da ist Stillstand keine Option. Erfolg haben werden jene, die den Wandel aktiv angehen und sich vorausschauend auf die sich ändernden Bedürfnisse ihrer Kunden einstellen.