Das World Economic Forum will im Zeitalter der Globalisierungs-Skepsis eine ganz andere Veranstaltung sein. Das versprachen die Veranstalter. Neun Fakten belegen das Gegenteil.

1. Keine globale Elite: Das WEF 2017 ist eine Ansammlung von Verlierern

Lange hat sich das World Economic Forum (WEF) als Veranstaltung für die globale wirtschaftliche und intellektuelle Elite definiert. Dieses Jahr ist es umgekehrt: Das WEF ist eine Ansammlung von Verlierern. Diese hatten am WEF 2016 einen Brexit als Unmöglichkeit abgetan und einen US-Präsidenten Donald Trump als Clown. Das WEF steht damit vor Realitäten, welche die Elite nicht wollte. Sie wird in den kommenden Tagen um die richtigen Worte ringen müssen.

2. Das WEF wird auch 2017 keine richtigen Prognosen treffen

Das WEF hat sich als wirtschaftliches Frühwarnsystem und visionäre Zukunftsantenne mehrmals disqualifiziert. Die «Global Risks Reports» sind Ausdruck dieses Unvermögens. Die «Financial Times» hat dies kürzlich in einem einfachen Vergleich der Risk Reports von 2016 und 2017 dargelegt, indem sie relevante Begriffe gezählt und gegenübergestellt hat. Auch die Finanzkrise von 2007/2008 hat am WEF niemand auch nur im Entferntesten antizipiert.

Anzahl Nennungen im Risk Report von 2016

1. Donald Trump = 0
2. Brexit = 0
3. Europäische Union = 1
4. Nationalismus = 1
5. Grundeinkommen = 0
6. Globalisierung = 15
7. Fake News = 0
8. Krise der westlichen Demokratie = 0
9. Demokratie = 4
10. Anti-Establishment = 1

Anzahl Nennungen im Risk Report von 2017

1. Donald Trump = 9
2. Brexit = 18
3. Europäische Union = 8
4. Nationalismus = 8
5. Grundeinkommen = 5
6. Globalisierung = 25
7. Fake News = 1
8. Krise der westlichen Demokratie = 3
9. Demokratie = 42
10. Anti-Establishment = 9

3. Das WEF sieht – überraschend – im Terrorismus eine Gefahr

Seit zehn Jahren werden im «Global Risks Report» die fünf grössten globalen Risiken genannt. Dieses Jahr hat das WEF Jahr eine Übersicht geschaffen, wie sich die Wahrnehmung verändert hat. Erstmals überhaupt bezeichnen die Auguren den Terrorismus als globales Risiko.

Risikotafel

4. Facebook scheut am WEF keine Kosten

Der Social-Media-Gigant hat sich in Davos nirgends eingemietet, sondern gleich selbst ein Konferenzgebäude errichtet. Der zweistöckige Container steht gleich neben dem Kirchner Museum. Der Betrieb des «Alpenchalets» soll täglich eine Million Dollar kosten. Nach dem WEF wird es wieder abgerissen.

5. Pop-Sängerin Shakira als Mahnerin

Das WEF produziert sich jeweils auch als humanitärer Anlass und zeichnet Celebrities aus, die sich für eine bessere Welt einsetzen. Dieses Jahr hat neben der Geigerin Anne-Sophie Mutter und Schauspieler Forest Whitaker die kolumbianische Pop-Sängerin Shakira den sogenannten «Crystal Award» erhalten für ihren Einsatz, Kindern in ihrer Heimat Zugang zu Schulen und Bildung zu verschaffen. Ihren Aufruf an die globale Elite, mehr für Kinder zu tun, sehen Sie hier.

6. Der grosse Abwesende ist Donald Trump – und wird trotzdem gefeiert

WEF-Gründer Klaus Schwab hat es unterlassen, den künftigen US-Präsidenten Donald Trump nach Davos einzuladen. Es wäre zu einer Terminkollision gekommen: Trump feiert seine Inauguration am kommenden 20. Januar. Repräsentiert wird er in Davos durch einen seiner neuen Berater: Den Hedgefonds-Manager Anthony Scaramucci. Dieser reise allerdings nicht in offizieller Mission an, heisst es aus dem Trumplager. WEF-Habitués ist vor allem Scaramuccis wilde Party von 2011 ein Begriff. Teilnehmer bezeichneten diese als «drunken mess», als «besoffenes Durcheinander».

7. Die WEF-Miesmacher nutzen ihre Plattform

Der Beginn des WEF ist der ideale Zeitpunkt, um möglichst viel Publizität für allerlei Studien zu erlangen, in denen die Unzulänglichkeiten der Veranstaltung aufgezeigt werden. Dieses Jahr nutzte das Beratungsunternehmen Sage die Plattform. Der Vorwurf: Am WEF seien kleine Unternehmen nicht repräsentiert und die Belange von KMU und aufstrebenden Wirtschaftsteilnehmern in unterentwickelten Ländern würden nicht diskutiert. Das WEF übersehe dabei, dass es insbesondere Jungunternehmer und kleinere Betriebe seien, welche die Mehrheit der Jobs generierten.

8. «Big Business» zieht «Big Business» an

Das WEF gilt als Magnet für die Vertreter des «Big Business»: Um ihre Netzwerke zu pflegen, reisen Staatsoberhäupter auf Kosten der Steuerzahler, Konzernchefs auf Kosten der Aktionäre und Milliardäre an, die ohnehin keine Kosten scheuen. Es ist wirtschaftlich die wohl wichtigste Woche des Jahres für die Region Davos. Kein Wunder, dass die Ansammlung von «Big Business» den Geschäftssinn der lokalen Bevölkerung reizt. Dieses Jahr geht wohl dieses Mietangebot als Rekord in die WEF-Annalen ein: Auf Airbnb preist laut «20 Minuten» Anbieterin Johanna ihre Wohnung mit sechs Schlafmöglichkeiten für 4'294 Franken an – pro Nacht.

9. Das WEF kann tatsächlich einen Erfolg aufweisen

Das Gender-Thema ist jeweils auch am WEF gross angeschrieben. Im Jahr 2011 rief die Organisation eine Initiative ins Leben und appellierte an die teilnehmenden Unternehmen, künftig für eine Frauenquote bei ihren Teilnehmenden zu sorgen: Auf fünf männliche WEF-Teilnehmer sollte eine Frau kommen. Und tatsächlich: Eine Auszählung der rund 3'000 WEF-Teilnehmer offenbarte eine Frauenquote von 21 Prozent.