In Zeiten der Erholung bevorzugen die Anleger meist jene Aktien, die während der Krise am wenigsten gelitten haben, behauptet Simon Mungall.
Simon Mungall ist Head of Multimanager beim britischen Vermögensverwalter Ignis Asset Management und hat diesen Beitrag exlusiv für finews.ch verfasst.
Der Zusammenbruch des amerikanischen Hedge-Fund Long-Term Capital Management im Jahr 1998 führte zu einem Run auf Technologiewerte.
Bei der Rally nach der jüngsten Krise hat sich die Hoffnung bisher insbesondere auf die Aktien von Schwellenländern und Rohstoffunternehmen konzentriert.
Ironischerweise bereitet dieser Prozess nicht selten den Boden für die nächste Aktienmarktblase. Anleger sollten sich also davor hüten, der Masse zu folgen und dabei zu riskieren, in eine Momentumfalle zu tappen.
Unterschätztes Potenzial in Japan und den USA
Das Kapital dürfte in den kommenden Monaten weiter an die globalen Aktienmärkte zurückkehren, und die Rally sollte im Zuge der Erholung der Risikobereitschaft entsprechend an Breite gewinnen. Bei Ignis Multimanager haben wir verschiedene, von der herrschenden Marktmeinung abweichende Möglichkeiten untersucht, um von dieser Erholung zu profitieren.
Generell haben wir unser Engagement in Fonds von Stockpickern erhöht, die unseres Erachtens ungeachtet schwacher wirtschaftlicher Aussichten in der Lage sind, gute Erträge zu erwirtschaften. Unser Interesse gilt dabei insbesondere den Industrieländern wie den USA und Japan, deren Potenzial von der Mehrzahl der Anleger nach wie vor unterschätzt wird.
Keinesfalls nur rosige Aussichten
Die Aussichten für die entwickelten Märkte sind keinesfalls rosig. Die Stimmung hatte zuletzt jedoch extrem pessimistische Züge angenommen, so dass es beträchtlichen Spielraum für positive Überraschungen gibt. Vor allem scheint der Markt die Fähigkeit der Industrienationen zu unterschätzen, die derzeitige Krise aus eigener Kraft zu überwinden.
Zum Beispiel besteht eine extrem hohe Nachfrage nach dem Erwerb der US-Staatsbürgerschaft. Das Land wird daher weiterhin junge, talentierte und einsatzfreudige Menschen zur Stärkung seines Wirtschaftspotenzials gewinnen. Die USA sind flächenmässig auch gross genug, um diese Arbeitskräfte aufzunehmen.
Gefahren einer strafferen Geldpolitik
Auch wenn das Wachstum der Binnenwirtschaft vorerst schwach bleiben dürfte, so hat sich das Bruttoinlandprodukt im 4. Quartal 2008 doch derart mässig entwickelt, dass die Vorjahresvergleichszahlen für das aktuelle Quartal nur positiv ausfallen können. Hinzu kommt, dass das US-Leistungsbilanzdefizit inzwischen drastisch geschrumpft ist und die Sparquoten auf ein annehmbares Niveau zurückkehren.
Die grösste Gefahr besteht darin, dass die Industrienationen zu früh zu einer strafferen Geldpolitik übergehen. Die Zentralbanken werden unter zunehmendem Druck stehen, die Zinsen zu erhöhen, da sich die Basiseffekte niedriger Rohstoffpreise jetzt allmählich materialisieren und folglich mit einem Anstieg der Inflation zu rechnen ist. Dies ist ein wichtiger Zeitpunkt für die kurzfristigen Aussichten.
Fed nimmt Inflation in Kauf
Wir gehen jedoch davon aus, dass die Notenbanken im Zweifel eher eine höhere Inflation in Kauf nehmen als Zinsanstiege. In einer Erklärung des Offenmarktausschusses der Federal Reserve zu Beginn des Monats hiess es dann auch, dass die US-Notenbank die Zinsen für einen «längeren Zeitraum» niedrig halten würde. Nach Ansicht vieler sind damit mindestens sechs Monate gemeint. In der Zwischenzeit wird es nach wie vor Spielraum zur Erwirtschaftung solider Erträge geben.
Demgegenüber scheinen die Anleger die Risiken in den Schwellenmärkten auf eine zu leichte Schulter zu nehmen. China, der Motor des Schwellenländerwachstums, verfügt als Planwirtschaft nicht über die notwendige politische und soziale Flexibilität, um dieses Wachstum zu unterstützen.
Japan wird unterschätzt
Japan ist vielleicht besser positioniert, um die asiatische Wachstumsstory zu tragen, und seine Fähigkeiten diesbezüglich werden sicherlich unterschätzt. Das Land verfügt über fundamental solide Unternehmen von Weltklasse, die seit vielen Jahren unter schwierigen inländischen Bedingungen überlebt haben und somit dem derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld ganz gut die Stirn bieten können.
In Japan geht zudem nun eine Generation in Rente, die vielfach über Vermögen im Ausland verfügt, die jetzt für Konsumzwecke zurückgeholt werden und damit der Binnenwirtschaft zugutekommen dürften. Was den heimischen Aktienmarkt betrifft, so muss sich dieser erst noch von den Tiefständen des vergangenen Jahres analog zu seinen Pendants in den übrigen Industrieländern erholen.
Verlustpotenzial begrenzt
Nach einem Kurseinbruch von etwa 50 Prozent gegenüber den Höchstständen von 2007 ist es schwierig, den Grenzverkäufer auszumachen. Sollten wir allerdings falsch liegen, dürfte das Verlustpotenzial angesichts derart niedriger Bewertungen gering sein.
Im aktuellen Umfeld nehmen sich die Fundamentaldaten wichtiger denn je aus. Erfolgreich werden unserer Meinung nach Stockpicker mit der richtigen Nase für Unternehmen sein, die diesen Fundamentaldaten unabhängig von der jeweiligen Marktdynamik gerecht werden.