Eine Bestandesaufnahme des Fintechmarkts Schweiz zeigt: Das Ökosystem lebt. Diese Herausforderungen gilt es nun so anzupacken, dass das neue Territorium prosperiert, sagt Martin Hess von der Schweizerischen Bankiervereinigung.
Martin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
Ähnlich wie bei Christoph Kolumbus, der anno 1492 Amerika entdeckt hat, das ehedem auf keiner Landkarte eingetragen war, erging es den Teilnehmern der IFZ Fintech Konferenz am vergangenen Mittwoch. Trotz der Inexistenz der Schweiz bei internationalen Fintech-Standort-Vergleichen von grossen Beratungsunternehmen haben die Teilnehmer eine dynamische Fintech-Population kennengelernt. Die an der Konferenz präsentierte Studie zeichnet auf einer Landkarte ein noch unvollständiges, aber differenziertes Bild der hiesigen Fintechbranche. Und, typisch Schweiz kann man sagen: Klein aber oho.
Punkto Geschäftsmodelle und Firmengrössen ist die Landschaft sehr vielfältig. Zürich, Zug und die Genfersee-Region sind Gravitationszentren. Das Fintech-Ökosystem, bestehend aus Investoren, Kunden, Akzeleratoren, Awards, Experten und Verbänden, lebt. Die Autoren der Studie zeichnen ein Bild, das positiver ist, als bisher vermutet.
Hohe Brandung erschwert die Landung
Drei grosse Herausforderungen bleiben jedoch:
- Weder Fintech-spezifisch noch veränderbar ist zuerst die Tatsache, dass der Schweizer Markt für einen wirtschaftlichen Durchbruch einer Vielzahl von Unternehmen zu klein ist. Dies gilt umso mehr, als viele Fintech-Angebote auf Skalierbarkeit setzen. Fintech-Hub kann somit nur sein, wer globale Lösungen und globale Leader hervorbringt. Die ermutigenden Anzeichen, dass namentlich im B2B-Bereich die Schweizer Firmen international ausgerichtet sind, müssen aber noch breiteren Niederschlag finden.
- Zu enge Grenzen für die Internationalisierung setzen weiter auch die regulatorischen Vorschriften. Dabei werden die nationalen Vorschriften als weniger einschränkend empfunden als die internationale Vielfalt an Vorschriften und die fehlenden Freiheiten für grenzüberschreitende Dienstleistungen. Punkto Marktzugang sind Banken und Fintechunternehmen somit Leidensbrüder.
- Die dritte Herausforderung ist die oft, aber nicht generell, schwierige Finanzierung von Jungunternehmen. Während Seed Capital und Venture Capital in der Expansionsphase genügend vorhanden ist, gibt es bisweilen Engpässe beim Early Stage Venture Capital. In der Schweiz ist sowohl die durchschnittliche Dealgrösse im Branchenvergleich als auch das Gesamtvolumen mit 27 Millionen Franken relativ klein. Aufgrund mangelnder Anlagemöglichkeiten fliesst zu viel Venture Capital ins Ausland.
International kompetitiv
Trotz den Herausforderungen ist der Schweizer Fintech-Markt international kompetitiv und positioniert sich für weiteres Wachstum. Die Zuversicht wird sowohl durch die Anstrengungen wichtiger Finanzmarkt-Akteure als auch durch die Behörden befeuert.
Anfang dieser Woche wurde beispielsweise die Lancierung eines Fintech-Förderprogramms unter dem Dach des Kickstart-Accelerators bekannt. Und bereits liess die FINMA verlauten, sie befürworte eine neue Bewilligungskategorie für Finanzinnovatoren sowie ein bewilligungsfreies Entwicklungsfeld. Insofern halte ich es wie Kolumbus und rufe: «Land in Sicht!».