Neben denDiskussionen über das Bankgeheimnis, Geldwäscherei oder Anlegerschutz lohne es sich in Erinnerung zu rufen, dass die Finanzbranche ein existenzieller Bestandteil der Schweizer Wirtschaft sei, sagt der FDP-Nationalrat und Bankmanager Hanspeter Portmann.
Von Hans-Peter Portmann, Schweizer Politiker und Bankdirektor
In der ganzen Diskussion über den Schweizer Finanzplatz geht es nicht nur um die jährliche Brutto-Wertschöpfung von 64 Milliarden Franken und die indirekt rund 500‘000 davon abhängigen Arbeitsplätze.
Nein, es geht auch darum, dass sowohl unsere globalen Unternehmen wie auch das schweizerische Gewerbe von den Dienstleistungen der Finanzbranche abhängig sind, diese aber gleichzeitig auch zu den unverzichtbaren Kunden für Banken und Versicherungen gehören.
Eine grosse Abhängigkeit
Diese Fakten zeigen, dass eine unmittelbare Abhängigkeit zwischen allen Wirtschaftsbranchen und dem Finanzsektor besteht, und dass damit auch in verschiedensten Bereichen gleiche Herauforderungen bestehen.
Darum muss sich der Finanzplatz in der Tagespoltik einbringen. Nachfolgend beleuchte ich vier aktuelle Problemfelder, wo Handlungsbedarf besteht:
1. Zuwanderung
Oft wird heute die Frage nach dem Vorrang zwischen der Personenfreizügigkeit versus der Steuerung der Zuwanderung gestellt. Nun, der Volkswille lautet klar, die Zuwanderung ist deutlich unter das Niveau von jährlich 80‘000 Personen zu bringen. Das Volk hat aber keinen Auftrag zur Kündigung der Personenfreizügigkeit erteilt.
Ich bin überzeugt, dass wir genügend gesetzliche Massnahmen treffen können, um die ungebremste Zuwanderung zu stoppen, ohne dass uns die EU die bilateralen Verträge kündigt. Die Interessenslage des Finanzplatzes in dieser Frage ist ebenso klar.
Die Schweizer Finanzinstitute sind in einigen Bereichen auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Auch ist der Finanzplatz von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung in unserem Lande abhängig, und dazu sind die bilateralen Verträge von grosser Bedeutung.
Es ist die Quadratur des Kreises, hier eine Gesetzgebung zu schaffen, welche allen Anliegen vollumfänglich gerecht wird.
2. EU-Schuldenkrise
Ein Schuldendesaster, das die EU produziert hat und wieder droht aufzuflammen, könnte uns eines Tages selber einholen. Das Fehlkonstrukt EU mit seiner Gemeinschaftswährung Euro droht auseinander zu brechen. Diese Entwicklung sollte uns im Umgang mit unseren eigenen Staatsfinanzen zur Besinnung bringen.
Ein verschuldeter Schweizer Staat wäre auch für den Finanzplatz eine Katastrophe. Werden die Banken wie im Beispiel EU von der Politik zur Schuldenmaschinerie missbraucht, kommen sie selber ins Strudeln und werden zum Staatsrisiko. Im globalen Finanzmarktumfeld sind umfassende Schuldenkrisen immer auch eine Gefahr für unsere Schweizer Banken.
Wir müssen das eigene Haus in Ordnung halten und unverzüglich unser Ausgabenwachstum angepasst an unsere Einnahmen reduzieren. Die grosszügige Verteilmentalität in der Politik ist zu unterbinden, nötigenfalls auch mit einer Verschärfung des Gesetzes über die Schuldenbremse.
3. Starker Franken
Viele politische Ideologen glauben, dass wir an unserem starken Franken zu Grunde gehen. Es ist auch tatsächlich anzunehmen, dass der Franken noch länger eine starke Währung bleiben wird.
Dieser Umstand zusammen mit den Importvorteilen welche uns der Franken beschert, könnten wir volkswirtschaftlich ins Positive kehren. In diesem Zusammenhang aber die Banken als einzige Profiteure hinzustellen ist falsch. Weil die Banken auf den Bankguthaben keine Zinsen mehr bezahlen, könnte man zwar auf den ersten Blick tatsächlich versucht sein, dies als Gewinnvorteil zu sehen.
Wer aber eben gerade diese Einlagen nicht in grossem Umfang für Hypotheken und andere Kredite verwenden kann, den belasten die Negativzinsen um einiges mehr. Dazu kommt, dass das traditionelle Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz zu einem Grossteil auch in Fremdwährungen besteht, und dort auf Grund der Frankenstärke die Erträge eingebrochen sind.
Damit wir im weltweiten Markt konkurrenzfähig bleiben, müssen wettbewerbsschädliche Regulierungen eliminiert und die wirtschaftliche Abhängigkeit zur EU und zu den USA muss durch Abkommen in anderen Regionen verkleinert werden.
4. Arbeitsplätze
Die Arbeitsplatz-Sicherheit ist eines der grössten Anliegen in unserer Bevölkerung. Arbeitsplätze sind eine Grundvoraussetzung für individuelle Entfaltungen und soziale Freiheiten.
Dabei hat die Wirtschaft im Dienste der Menschen zu stehen, und nicht umgekehrt. Ihre Aufgabe zugunsten unseres Wohlstandes ist es, Arbeitsplätze und Unternehmensgewinne zu generieren.
Nur so können wir auch die Unterstützung für diejenigen Menschen finanzieren, die nicht für sich selber sorgen können. Auch Banken und Versicherungen müssen grosse Anstrengungen unternehmen, um ihre Arbeitsplätze sichern zu können. Der Finanzsektor zählt rund 250‘000 Erwerbstätige und allein die Banken bieten gegen 4‘000 Lehrstellen an.
Die Branche ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und hat mehrmals bekräftigt, dass, wenn immer es die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erlauben, man ein wichtiger Arbeitgeber in der Schweiz bleiben möchte.
Auch da gilt: Immer striktere Regulierungen und ein ungebremster Behördenaktivismus sind nicht nur Gift für die Wirtschaft, sondern gefährden auch das einzigartige Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Bürger in unserem Land. Diese Fehlentwicklung bedroht den Erfolg unserer Schweiz und vernichtet Arbeitsplätze. Hier ist Gegenwehr zu leisten.
Hanspeter Portmann wird am kommenden 6. Oktober am ZBV-Polit-Lunch an einer Diskussionsrunde über die Schweiz als Fintech-Hub teilnehmen.