Die Schweiz ist für Aberdeen Asset Management der wichtigste Absatzmarkt auf dem europäischen Festland. Darum darf es nicht verwundern, dass Martin Gilbert von unserem Land schwärmt. Der CEO des schottischen Fondsriesen weiss aber auch, weshalb die Konsolidierung nun an Fahrt gewinnt.
Die zumeist vornehm zurückhaltenden Experten des grössten europäischen Fondshauses Aberdeen Asset Management (Aberdeen) verbringen derzeit viel Zeit auf Twitter.
Über den Kurznews-Kanal zwitschern sie dabei ausgerechnet ein Schweizer Sujet: Nämlich Bilder von den mit dem Aberdeen-Logo versehenen Gepäcktrolleys am Flughafen Zürich – geschoben von Stars wie dem Tennis-As Roger Federer oder dem Formel-1-Rennfahrer Nico Hülkenberg.
«Das ist grossartig», freut sich Martin Gilbert (Bild), Mitgründer und CEO von Aberdeen mit Hauptsitz in der gleichnamigen schottischen Stadt, im Gespräch mit finews.ch über die Gratiswerbung.
Dank Credit Suisse im Rampenlicht
Allerdings haben er und seine Führungsteam noch anderes zu tun, als den Social Media zu frönen – das Wachstum der Firma vorantreiben, zum Beispiel. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Aberdeen die amerikanische Privatmarkt-Spezialistin Flag Capital Management mit Niederlassungen im amerikanische Stamford und in Hongkong übernimmt.
Dies, nachdem die Schotten 2009 mit der Übernahme des Fondsgeschäfts der Grossbank Credit Suisse (CS) auch in der Schweiz auf sich aufmerksam machten und Ende 2013 dank dem Kauf von Scottish Widows Investment Partnership (SWIP) einen Quantensprung hinlegten.
Mit mittlerweile über 470 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen rangiert Aberdeen als Asset Manager noch vor grossen Adressen wie Schroders, Credit Suisse, HSBC oder Morgan Stanley.
«Schliessen Zukäufe nicht aus»
Und der Akquisitionskurs werde weltweit fortgesetzt, sagte CEO Gilbert am Rande einer Medienkonferenz in London. Dabei gehe es Aberdeen immer auch darum, lokale Asset Manager mit guten Kenntnissen ihres Heimmarkts ins Boot zu holen. Das gelte auch für die Schweiz.
«Wir schliessen nicht aus, dass wir dort zukaufen könnten», so der Aberdeen-Chef. Allerdings drängten sich im schweizerischen Asset Management derzeit keine Ziele für den Fondsriesen auf. Ein Umstand, den Gilbert offensichtlich bedauert. Denn die Schweiz, gibt er unumwunden zu, sei klar der wichtigste Absatzmarkt für Aberdeen auf dem europäischen Festland.
«Es ist wohl wahr, dass der Schweizer Finanzplatz auf Grund der bekannten Probleme in den letzten Jahren zu kämpfen hatte», erklärt Gilbert weiter. Das ändere jedoch nichts daran, dass hierzulande die grössten Vermögensverwalter der Welt angesiedelt seien und die Schweizer Privatbanken weiterhin gewaltige Summen verwalteten.
Privatbanken als wichtigste Kunden
Die Privatbanken sind denn auch die wichtigste Zielgruppe von Aberdeen in der Schweiz. «Wir nehmen sie als sehr professionelle Kunden wahr», berichtet Gilbert.
Mit den enormen Privatbank-Vermögen als Basis habe die Schweiz zudem durchaus das Zeug dazu, zu einem wichtigen Hub fürs Asset Management in Europa aufzusteigen. Wobei London, wo auch Aberdeen mehrere Hundert Mitarbeiter beschäftigt, natürlich die wichtigste Konkurrenz darstelle.
Gilbert als Aussenstehender bewertet damit die entsprechenden Initiativen zur Förderung des Asset Management in der Schweiz deutlich rosiger als manche Exponenten in der Schweizer Branche.
Ein Kampf um Leben und Tod
So oder so werde das Geschäft mit Fonds in Bewegung bleiben, glaubt Gilbert zu wissen. «Zahlreiche Asset Manager schauen sich derzeit nach Übernahmezielen um.» Gerade für das Mittelfeld gehe es dabei um Leben oder Tod, so der Aberdeen-Chef.
«Wer sich mit einer Boutique in einer einträglichen Nische positioniert, kann die Marge hoch halten», so Gilbert. Wer jedoch grösser werde, müsse die Infrastruktur eines globalen Anbieters aufbauen, ohne bereits über die entsprechenden Einkünfte zu verfügen. Gilbert: «Dann gerät die Marge unter Druck.»
Entsprechend hoch ist der Drang nach Grösse – auch wenn dies ein steiniger Weg sein kann. Auch die 1983 gegründete Aberdeen Asset Management brauchte fast zehn Jahre, um die ein-Milliarde-Dollar-Grenze zu knacken.
Heute kann Gilbert darüber lachen. «Die erste Milliarde ist die schwerste», witzelt er.