Die Bank für Tirol und Vorarlberg wagte 2004  den Sprung in die Schweiz. Und sie reüssiert. Gerhard Burtscher, Leiter Markt Schweiz, spricht über ihre Perspektiven.

Gerhard_Burtscher_BTV.squareHerr Burtscher, an Banken fehlt es in der Schweiz ja nicht. Welcher Teufel hat die BTV geritten, hier eine Bank zu gründen?

In der Tat, die Schweiz ist overbanked. Davor warnte uns auch eine Studie, die wir in Auftrag gegeben hatten: Firmengründung ja, aber nur sicher keine Bank in der Schweiz… Wir waren dennoch überzeugt: Wenn unser Geschäftsmodell in Österreich eine Berechtigung hat, so hat es die auch in der Schweiz. Die Kultur, die Stärke der KMU, die Sprache, die Strukturen – die Schweiz, Vorarlberg,Tirol und Süddeutschland sind sich da sehr ähnlich. Die BTV ist seit ihrer Gründung im Jahr 1904 eine Unternehmerbank, wir fokussieren uns seit jeher auf inhabergeführte, exportorientierte mittelgrosse KMU und deren Bedürfnisse. Mit diesen Kernkompetenzen rechneten wir uns auch gegenüber unseren Mitbewerbern Chancen aus. 


Flache Hierarchien  und direkt beim Kunden


Verraten Sie uns Ihr Rezept! Womit erklären Sie ihr Gedeihen?

Wir konzentrieren uns in der Schweiz seit 2004 voll und ganz auf das Firmenkundengeschäft. Unsere Firmenkunden profitieren von unseren exzellenten Netzwerken und Beziehungen in einer wirtschaftlich potenten Region, nämlich in der Schweiz, in Österreich, Deutschland und Norditalien. Wir öffnen Unternehmern Zugang zu diesen Märkten und vermitteln Unternehmerkontakte. Wir sehen uns als Partner auf Augenhöhe. Uns geht es um persönliche Beziehungen, um das Geschäftsmodellverständnis – nur wenn wir das Geschäft des Kunden verstehen, können wir schnell und richtig handeln. Die Hierarchien sind bei der BTV sehr flach: Entschieden wird nicht in der Fachabteilung eines fernen Glaspalastes, sondern vor Ort, direkt beim Kunden.


Kernkunden sind Schweizer Unternehmen


Sind deutsche und österreichische Firmen in der Schweiz ihre Kernkunden?

Die Kernkunden der BTV sind inhabergeführte KMU zwischen dem Bodensee und Zürich. 80 Prozent sind Schweizer Betriebe, 20 Prozent Firmenkunden aus Österreich und Deutschland mit Verbindungen in der Schweiz.


Wachstum im Neukundengeschäft


Wo liegt ihr Wachstum? Von der Dritt-oder Zweitbank zur Hauptbank ihrer Kunden oder Neukunden?

Unser Wachstum liegt in der Schweiz im Neukunden-Geschäft, wo wir seit 2004 rund 1000 Kunden akquirieren konnten. Wir sind bei diesen Kunden erstaunlich oft die Hauptbank, aber generell die Zweit- oder auch Drittbank.


Der Strategie treu


Ihre Kunden konzentrieren sich auf die Ostschweiz. Warum lassen Sie die wichtigen KMU-Regionen westlich von Zürich unberührt?

Wir bleiben unserer seit 1904 gelebten Regionalbank-Strategie treu, denn nur dann können wir unseren Charakter als Bank leben, die ihr Marktgebiet exzellent kennt, die lokal beim Kunden zu Hause ist. Der Radius von der Firmenzentrale in Innsbruck reicht bis Zürich beziehungsweise bis München und Padua und nicht weiter, einzig Wien ist der Satellit. Das ist für uns eine vernünftige, bewährte Grössenordnung, der wir treu bleiben. Und letztlich ist die Grösse, das Know-how im Markt auch eine Frage des Risikos: Je besser ich den Markt kenne, desto geringer das Risiko.

Wie stark nutzen ihre Schweizer Kunden das regionenübergreifende Know-how der BTV? Hat die Euroschwäche etwas ausgelöst?

Das ist eine sehr gute Frage, der wir uns gerade intensiv widmen. Wir haben eine Studie in Auftrag gegeben, die das Potenzial im Bodenseeraum untersucht. Die ersten Ergebnisse liegen vor: Das Potenzial der Region ist riesig, nur wird es von den Ostschweizer KMU noch nicht entsprechend genutzt. Die BTV VIER LÄNDER BANK pflegt und lebt den grenzüberschreitenden Netzwerkgedanken zwischen Unternehmern und ermöglicht Lösungen, die grenzüberschreitende Geschäfte so einfach wie möglich machen.


«Wir leben das Bankgeschäft»


Ist der Verzicht auf Immobilienfinanzierungen nicht ein Handicap?

Wir konzentrieren uns auf das, was wir am besten können: auf das mittelständische Firmenkundengeschäft und die Geldanlage. Wir leben das Bankgeschäft so, wie es erfunden wurde: Wir legen Gelder an und geben diese an Unternehmer mit Investitionsbedarf aus der Region weiter. Immobilien, die Unternehmen für ihren Betrieb nutzen, finanzieren wir sehr wohl, Immobilieninvestments zu Anlagezwecken dagegen nicht. Das können andere besser als die BTV.  

Ist das Privatkundengeschäft in der Schweiz eine tragende Säule für die BTV oder nur Dienst am Firmenkunden?

Das Private Banking Geschäft ist die zweite tragende Säule, die wir nicht nur als Dienst am Firmenkunden verstanden wissen wollen. Die BTV ist ein exzellenter Vermögensverwalter, wie zahlreiche internationale Auszeichnungen (firstfive, Lipper Fund Awards, Österreichischer Fondspreis, Deutscher Fondspreis, Feri EuroRating dokumentieren. Auch und gerade in instabilen, unberechenbaren Zeiten wie diesen erweist sich die BTV mit ihrer konservativen Strategie «Investieren statt spekulieren» als starker Partner für die Vermögensanlage.


Trend zur «Assetklasse» Schweiz


Viele Deutsche horten Geld in Österreich. berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» vor kurzem. Stellen Sie ein Bedürfnis fest, in der Schweiz ein Depot zu haben?

Resultierend aus der Unsicherheit des Euros und Euro-Raumes ist ein Trend zum Franken beziehungsweise zur Assetklasse Schweiz erkennbar. Die Schweiz als sicherer Hafen zieht Anleger aus dem Euro-Raum aus Gründen der Diversifikation an. Wie hoch der Anteil der Vermögensanlage in der Schweiz ist, hängt von individuellen Aussichten und Bedürfnissen ab. Unserer Erfahrung nach liegt der Anteil bei ca. 10 bis 30 Prozent des Vermögens.