Der ehemalige UBS- und CS-Chef vergleicht den aktuellen Zustand der beiden Grossbanken – wobei er die UBS leicht im Vorteil sieht.
Für den früheren Chef von UBS und Credit Suisse ist das Bankgeschäft nicht mehr das, was es einmal war. «Die Zeiten des Wachstums sind vorbei», sagt Oswald J. Grübel im Interview mit der «Handelszeitung».
«Die beiden Schweizer Grossbanken werden ihre Bilanzen halbieren und in den nächsten fünf Jahren kleiner und kleiner werden», so Grübel. Das werde sich auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken.
«Die CS hatte immer weniger Bürokratie»
Im Vergleich der beiden Schweizer Grossbanken attestiert Grübel der UBS im Moment eine bessere Verfassung: «Die UBS hat den Vorteil, dass sie die grossen Probleme mit den USA schon hinter sich hat und sich nun gezielter um ihr Geschäft und ihre Zukunft kümmern kann.» Andererseits hält Grübel die Kultur der CS für «spontaner und dynamischer» als diejenige der UBS. «Die CS hatte immer weniger Bürokratie», erklärt Grübel.
Für den gebürtigen Deutschen hat das Schweizer Bankgeheimnis aufgehört, zu existieren. Im Gesetz gebe es das Bankgeheimnis zwar noch, aber in der Praxis habe es «grosse Löcher, seit die Daten-CDs nach Deutschland und überall hin verkauft wurden». Darum fragt Grübel: «Wie gut ist ein Gesetz, das Sie nicht mehr durchsetzen können?» Es sei kein gutes Zeichen für einen Staat, «wenn er Gesetze erlässt, die er nicht einhält. So wird das Bankgeheimnis zur Farce.»
«Eher sagt man: Mmh, ja, ja»
Den Verwaltungsräten in der Schweiz attestiert Grübel wenig Kompetenz: «Es ist sicher falsch, diese Leute für Supermänner zu halten. Bis zuletzt hatte ich mit Menschen zu tun, die mir erklären wollten, wie das Banking läuft, und die selber noch nie in dieser Branche gearbeitet hatten.»
Heutzutage sei das Geschäft in den Banken so komplex, dass es für eine Geschäftsleitung leicht sei, den Verwaltungsrat zu umgehen. «Man kann ihm das Geschäft noch etwas komplexer darlegen, sodass er es garantiert nicht versteht», erläutert Grübel. «Kaum jemand in so einem Gremium wird sagen: 'Oh, ich verstehe das nicht.' Das habe ich in meinem ganzen Berufsleben nie erlebt. Eher sagt man: 'Mmh, ja, ja.'»
Darum plädiert Grübel für eine Entmachtung der Aufsichtsgremien: «Wir sollten den Verwaltungsrat darauf beschränken, die Geschäftsleitung zu bestimmen.»
«Das wollen wir einführen?»
Grosse Zweifel hegt der Vollblutbanker an der Umsetzung der Weissgeldstrategie des Bundesrats. «Weissgeldstrategie? Das ist für mich das Unwort des Jahres», sagt Grübel.
Denn: «Bei einer Weissgeldstrategie müssten Sie sicherstellen, dass jemand, der Geld in die Schweiz bringt, es tatsächlich versteuert hat in seiner Heimat, und dass er auch in Zukunft Steuern darauf zahlt. Um das zu können, ist ein riesiger administrativer Aufwand nötig – wenn es überhaupt möglich ist. Aber von manchen Staaten kennen Sie ja nicht einmal die Steuergesetzgebung. Das wollen wir einführen?»
Grübel geht davon aus, dass bei einer Umsetzung der Weissgeldstrategie die Zuflüsse an ausländischen Kundengeldern versiegen werden. «Wir spielen mit dem Feuer. Oder glauben Sie, dass noch jemand sein Geld in die Schweiz bringt?», fragt Grübel.
- Das Interview ist bislang nur teilweise veröffentlicht, es erscheint morgen Donnerstag in der neuen Ausgabe der «Handelszeitung».