Ist die UBS durch die Integration der Credit Suisse ein zu grosses Risiko für die Schweiz geworden? Soll die Grossbank ihren Sitz ins Ausland verlegen? finews.ch-Chefredaktor Dominik Buholzer erklärt, warum dies keine elegante Lösung ist.

Es war neulich bei einem Nachtessen, als mein Gegenüber plötzlich sagte: «Weisst Du, all die Diskussionen über einen drohenden Wegzug der UBS – für mich ist dies ein Angebot.» Die Risiken für die Schweiz seien zu gross, ihm wäre es wohler, die Grossbank würde ihren Sitz ins Ausland verlegen.

Mein Gegenüber nimmt für sich nicht in Anspruch, Experte auf diesem Gebiet zu sein.

Irland und Island als Beispiele

Doch auch von dieser Expertenseite kommen jüngst vermehrt solche Signale. Hier zwei Beispiele, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben:

In einem Gastbeitrag in der «NZZ» (bezahlpflichtiger Artikel) zeigt Georg Junge, ehemaliger Managing Director im Bereich Credit Risk Control des SBV und der UBS sowie Mitarbeiter in der Finanzmarktaufsicht Finma im Bereich Grossbankenregulierung, anhand der Beispiele Irland und Island auf, wie verheerend Bankenkrisen für kleine Volkswirtschaften sein können.

Zu gross, um gerettet werden zu können

«Beide Länder konnten die Schulden ihrer übermässig exponierten Banken nicht tragen und mussten um externe Hilfe nachsuchen. Der Preis war hoch: Verlust der fiskal- und geldpolitischen Unabhängigkeit, tiefe Rezession und eine jahrelange hohe Arbeitslosigkeit», schreibt er und betont: «Ein ähnliches Szenario im Falle einer Rettung der UBS dürfte die Schweiz in eine ähnliche Notlage bringen.»

Die UBS ist deshalb für ihn too big to save, zu gross, um gerettet werden zu können.

Eine mögliche Lösung für dieses Problem ist für ihn die Verlegung des UBS-Hauptsitzes ins Ausland.

Ins gleiche Horn stiess jüngst auch Peter Bodenmann, ex SP-Präsident und Walliser Hotelier, in der «Weltwoche». Auch er spricht sich für einen Wegzug aus. Zum Beispiel in die USA: «Wenn die UBS in den USA versagt, bedeutet dies für die noch stärkste Volkswirtschaft der Welt gleich viel, wie wenn in der Schweiz die Bündner oder die Walliser Kantonalbank in Schwierigkeiten gerät», schreibt er in seiner Kolumne (Text hinter Paywall).

Ein Wegzug hätte fatale Folgen

Es hört sich nach einer vermeintlich eleganten Lösung an: Die UBS verlegt ihren Sitz ins Ausland, und die Schweiz ist ein grosses Risiko los. Als Auslandbank hätte sie immer noch hierzulande einen Schwerpunkt, so dass sich de facto gar nicht so viel ändern würde.

Einspruch!

Mittel- und langfristig würde ein Wegzug der UBS zu disruptiven Veränderungen führen. Der Bankenplatz Schweiz würde nicht nur international an Strahlkraft verlieren, wenn die grösste Bank aus dem eigenen Land flieht. Auch ein wichtiger Antriebsmotor würde ausfallen: Die Geschichte des Finanzplatzes Schweiz ist eng mit jener der Grossbanken verknüpft. Sie haben viele Innovationen und Entwicklungen angestossen, von denen auch die gesamte Schweizer Wirtschaft profitiert.

Ein Wegzug hätte unweigerlich einen Reputationsverlust zur Folge. Die Schweiz würde international als weniger attraktiver Finanzstandort wahrgenommen.

Ein Wegzug würde zudem Tausende von Arbeitsplätzen kosten, direkt bei der UBS oder indirekt durch Zulieferer und Dienstleister. Dazu käme, dass sich wohl unzählige hochqualifizierte Fachkräfte abwenden würden.

Und es gäbe auch Konsequenzen für die zahlreichen multinationalen Schweizer Unternehmen. Sie brauchen eine Bank, die das internationale Geschäft versteht und Finanzdienstleistungen weltweit anbieten kann. Das können nur Grossbanken. Gäbe es keinen Schweizer Player mehr, könnte auch ihre Verbundenheit mit dem Heimmarkt erodieren.

Das Korsett nicht zu eng schüren

Die UBS zählt zu den grössten Steuerzahlern in der Schweiz. Ein Wegzug brächte Steuerausfälle auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene mit sich. Die Zeche müssten am Ende die Bürger bezahlen.

Die Diskussion darüber, wie das Too-big-to-fail-Problem entschärft werden kann, ist derzeit im vollen Gange. Es ist zu begrüssen, wenn Wege gefunden werden, mit denen das Risiko reduziert werden kann, dass die Schweiz erneut eine Grossbank retten muss.

Doch die Massnahmen müssen verhältnismässig sein, das Korsett der Regulierungen darf nicht zu eng geschnürt sein. Auf Dauer sind nur Grossbanken widerstandsfähig, die regelmässig substanzielle Gewinne machen.

Den Wettbewerb fördern

Und statt über einen Wegzug zu diskutieren oder sich ausschliesslich auf eine nachgebesserte Regulierung zu verlassen, täte die Schweiz gut daran, ein Umfeld zu schaffen, in dem andere Banken so stark werden können, dass sie der UBS die Stirn zu bieten vermögen.

Auch dadurch liesse sich das «Klumpenrisiko UBS» für unser Land vermindern. Der Bund könnte mit einer Privatisierung der Postfinance einen Anfang dazu machen.