Ein letztes, zentrales Stück fehlt noch in der Aufarbeitung des Debakels der Credit Suisse: der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission. Die Spekulationen schiessen ins Kraut. Manches entpuppt sich jedoch als weniger brisant als angepriesen.

Alles ist streng vertraulich. Selbst um den Veröffentlichungstermin wird ein Geheimnis gemacht. Erscheint der PUK-Bericht nun doch wie angekündigt vor Ende Jahr, wie dies die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) in einer Mitteilung vom 23. Mai 2024 angekündigt hatte?

Als bare Münze ist dies nicht zu nehmen. Aus dem Umfeld der PUK heisst es, möglicherweise werde er am 20. Dezember präsentiert, es könnte aber auch Januar werden.

Darauf Einfluss nehmen kann niemand: Die PUK operiert völlig autonom. Dies ist ein guter Nährboden für Spekulationen – auch bezüglich der Empfehlungen, die das Gremium in seinem Bericht abgeben wird.

Wer ausplaudert, macht sich strafbar

Spekulationen über den Inhalt sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Die je sieben National- und Ständeräte der PUK machen sich strafbar, wenn sie im Vorfeld Informationen preisgäben. Dies gilt im Übrigen auch für alle Personen, die an den Sitzungen und den Befragungen teilnahmen.

Oftmals entpuppt sich denn manche News bei genauerem Hinsehen als viel weniger brisant, als sie gepriesen wird. So will der «SonntagsBlick» erfahren haben, dass die Arbeit der Finanzmarktaufsicht (Finma) im Zentrum des Berichts stehe. Die Finma hätte bei der CS früher eingreifen müssen, schreibt die Zeitung in ihrer jüngsten Ausgabe.

Finma hätten besseren Job machen können

Eine solche Priorisierung der Arbeit der PUK ergibt sich schon aufgrund ihres Pflichtenhefts. «Hauptaufgabe der PUK wird es sein, die Rechtmässigkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirksamkeit der Geschäftsführung der zuständigen Behörden und Organe im Kontext der CS-Krise zu untersuchen und den eidgenössischen Räten darüber Bericht zu erstatten», hält sie in einer Mitteilung vom 13. Juli 2023 fest. 

Dass die Finma beim CS-Debakel kein gutes Bild abgegeben hat, ist kein Geheimnis. Sie hat unzählige Vorabklärungen in die Wege geleitet, Rügen ausgesprochen und Strafanzeigen eingereicht sowie Enforcementverfahren eröffnet – und trotzdem konnte sie sich nicht gegen die Führung der Grossbank durchsetzen. Dies spricht Bände.

Der Finma fehlte es nicht nur an Durchsetzungsvermögen, sondern sie schaffte es auch nicht, die Krise gut zu managen. Sprich: Sie hätte einen besseren Job machen können – auch ohne die zusätzlichen Instrumente, welche sich die Behörde nun ausdrücklich und lautstark wünscht.

Finma-Präsidentin unter Druck

Dass deshalb der Druck auf die Finma-Präsidentin Marlene Amstad – der seinerzeitige Direktor Urban Angehrn ist nicht mehr im Amt und steht daher weniger im Fokus – gross ist und die Frage aufgeworfen wird, ob der Verwaltungsrat des Aufsichtsgremiums mit den richtigen Personen bestückt ist, liegt auf der Hand. Ebenso klar ist, dass der PUK-Bericht Amstad keinen Persilschein ausstellen wird beziehungsweise nicht zum Befreiungsschlag wird.

Auch Thomas Jordan, seinerzeit Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), und Ueli Maurer, damaliger Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), werden nicht mit einer blütenreinen Weste davonkommen. Beide müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, sie hätten mehr tun können. Letzterer hat sich laut der «SonntagsZeitung» vor dem Niedergang der traditionsreichen Schweizer Grossbank regelmässig mit Jordan und CS-Präsident Axel Lehmann getroffen. Maurer habe aber davon abgesehen, das Bundesratsgremium darüber regelmässig ins Bild zu setzen – die Frage, ob Jordan das SNB-Direktorium auf dem Laufenden gehalten hat, ist auch offen, steht aber weniger im Mittelpunkt.

Strafanzeige wegen Infoleck

Die Information bezüglich Maurer aus dem PUK-Bericht kann als relativ gesichert taxiert werden: Die PUK hat jedenfalls nach dem Erscheinen des entsprechenden Medienbeitrags Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht.

Was kann darüber hinaus vom PUK-Bericht erwartet werden? Er ist vor allem eine politische Aufarbeitung der Ereignisse. Eine solche ist auch nötig, weil es sich gezeigt hat, dass sich eine international vernetzte systemrelevante Bank in einer Krise offenbar doch nicht geordnet abwickeln lässt (Resolution).

Damit ist ein Pfeiler der Too-Big-To-Fail-Gesetzgebung weggebrochen, die das Parlament aufgrund der Erfahrung mit der UBS-Rettung in der globalen Finanzkrise auf ausdrückliche Empfehlung von Bundesrat, SNB und Finma beschlossen hatte.

Im Zentrum der Untersuchung stehen «die Geschäftsführung des Bundesrates, der Bundesverwaltung und anderer Träger von Aufgaben des Bundes im Zusammenhang mit der Notfusion der Credit Suisse mit der UBS», wie die PUK schreibt.

Internationaler Vergleich erstellt

Daneben hat die PUK mehrere externe Mandate vergeben. Diese drehen sich unter anderem um die Aufsicht im Finanzmarkt- und Revisionsbereich, umfassen aber auch einen internationalen Vergleich zum Finanzmarkt- und Revisionsaufsichtsrecht sowie eine Analyse zur Lageentwicklung der CS. Die Ergebnisse dieser Aufträge werden in den Bericht der PUK einfliessen.

Es bleibt zu hoffen, dass die PUK Empfehlungen bezüglich der Zukunft der Too-Big-To-Fail-Gesetzgebung speziell im Kapitel Resolution macht. Der Bundesrat hatte im vergangenen April ein Paket mit 22 Massnahmen präsentiert, bislang jedoch mit einer Priorisierung aus Rücksicht auf den PUK-Bericht zugewartet. Insbesondere der internationale Vergleich, den die PUK ebenfalls in Auftrag gegeben hat, könnte zeigen, wohin der Weg gehen soll.

Zur Debatte um die künftig anzustrebende Eigenkapitalausstattung der UBS dürfte der Bericht hingegen nicht sehr viel beitragen – obwohl auch diese Thematik viel Potenzial für Spekulationen bietet.