Für den Genfer Privatbankier Evrard Bordier, der seit bald 14 Jahren in Singapur lebt und arbeitet, ist der Kollaps der Credit Suisse ein Verlust für die Schweiz, wie er im Gespräch mit finews.asia erklärt. «Jetzt haben wir eine Mega-Institution, und ich glaube nicht, dass das gut für den Wettbewerb oder den Schweizer Finanzplatz ist», sagt er klar und deutlich.
Von rund 160 Schweizer Privatbanken im Jahr 2010 gibt es heute nur noch knapp 100. Es kam zu Fusionen aller Grössenordnungen, von der Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS bis hin zur kürzlichen Akquisition der Kundendepots der familiengeführten IHAG Privatbank durch Vontobel.
Einige Experten glauben, dass sich die Konsolidierung für alle Banken ohne ausreichende Grösse fortsetzen wird. Laut Evrard Bordier, geschäftsführender Partner und CEO der Schweizer Privatbank Bordier in Singapur, muss dies allerdings nicht zwangsläufig der Fall sein.
Rentabilität in Asien vor einigen Jahren erreicht
«Viele Leute in der Branche behaupten, dass man eine gewisse Grösse haben muss, um profitabel zu sein. Ich denke nicht, dass Grösse wirklich wichtig ist», sagt Bordier, ein Familienmitglied der fünften Generation, in einem Interview mit finews.asia. «Wir haben die Rentabilität vor einigen Jahren [in Asien] erreicht, als wir weniger als eine Milliarde Dollar an verwaltetem Vermögen hatten.»
Der Hauptgrund, warum Grösse als Voraussetzung für das Überleben angesehen wird, sind steigende Kosten für technologische Infrastruktur sowie für die Einhaltung der regulatorischen Vorschriften. Obwohl Bordier anerkennt, dass die Anforderungen in der Branche gestiegen sind, betont er auch, dass es kosteneffiziente Lösungen gebe.
«Das Wichtigste ist, eine Grösse zu haben, die zur eigenen Struktur und Kostendisziplin passt. Heute gibt es viele Möglichkeiten, Kosten zu kontrollieren, zum Beispiel durch Outsourcing bestimmter Funktionen», betont er.
Co-Pilot mit Künstlicher Intelligenz geplant
«Man kann auch auf Technologie setzen. Nach Covid haben wir durch die Nutzung von Cloud-Technologie unsere Bürofläche reduziert. Wir planen, generative KI-Fähigkeiten wie einen Co-Pilot einzusetzen, um die Effizienz der Mitarbeitenden zu steigern oder unsere Investment-Teams bei einer tiefergehenden Portfolioanalyse zu unterstützen.»
Bordier betont überdies, dass eine grössere Privatbank nicht nur keine Vorteile, sondern auch Nachteile mit sich bringt.
Auch für kleinere Kundinnen und Kunden da
«Viele Privatbanken haben sich zu mächtigen Unternehmen entwickelt, und es gibt immer weniger Boutique-Betriebe wie wir. Natürlich verlieren viele von ihnen dadurch ihren massgeschneiderten Ansatz», sagt er.
«Ein wesentlicher Vorteil, klein zu sein, ist, dass man einen besseren Service und persönliche Betreuung selbst für kleinere Kundinnen und Kunden bieten kann. Im Gegenzug sind diese Kunden auch bereit, für die Beratung zu zahlen, vorausegetzt, dass sie darin ach einen Mehrwert erkennen», erklärt Bordier.
Der Fall Credit Suisse – ein Verlust für die Schweiz
Zum Thema Credit Suisse glaubt Bordier, dass deren Kollaps ein Verlust für die Schweiz ist. «Ich denke, das Debakel um die Credit Suisse hat der Schweiz insgesamt nicht geholfen. Das ist wirklich traurig, weil es eine angesehene Marke war, die dem Markt Vielfalt verlieh. Jetzt haben wir eine Mega-Institution, und ich glaube nicht, dass das gut für den Wettbewerb oder den Schweizer Finanzplatz ist», kommentiert er klar und deutlich.
Laut Bordier gibt es fünf Elemente, welche die 180-jährige Privatbank Bordier von der Konkurrenz unterscheiden: Familienbesitz, Innovation, ein massgeschneidertes Angebot, Agilität und Zuverlässigkeit.
Partnerschaft mit der Sygnum Bank
Hinsichtlich des Familienbesitzes hebt er hervor, dass Bordier weiterhin eine Institution mit unbeschränkter Haftung sei, was die Interessen der Bank mit denen der Kunden in Einklang bringe. Die Bank punkte auch mit Innovationen wie der digitalen Partnerschaft mit der Sygnum Bank.
Schliesslich hat die Bank keine Schulden und eine solide Bilanz. Sie engagiert sich im Lombard-Kreditgeschäft, vermeidet jedoch kommerzielle Kredite, Hypotheken oder Premium-Finanzierungen für Versicherungen, was bedeutet, dass Kapital verfügbar sein wird, «falls es eines Tages Probleme gibt», beispielsweise im Zusammenhang mit markanten Kurseinbrüchen an den Finanzmmärkten.
Kooperation mit dem Militär in Vietnam
In Asien ist Bordier seit 13 Jahren in Singapur präsent und beschäftigt derzeit fast 50 Mitarbeiter. Die Hauptzielmärkte sind Singapur, Greater China, Thailand, Malaysia und Indonesien.
Neben dem Offshore-Geschäft verfügt die Bank auch über eine Onshore-Partnerschaft mit der Military Commercial Joint Stock Bank in Vietnam, mit der sie ihr Know-how im Bereich Private Banking teilt. Bordier prüft laufend weitere potenzielle Onshore-Partnerschaften mit Fokus auf Thailand, Festlandchina und Taiwan.
Verliebt in Hongkong
Derzeit bekundet die Bank keine Pläne, eine weitere Niederlassung etwa in Hongkong zu eröffnen. Gleichwohl schliesst Bordier eine zukünftige Expansion nicht aus. «Ich denke nicht, dass es einen Wettbewerb zwischen Hongkong und Singapur gibt, da der Markt in Asien gross genug für beide ist», stellt er fest.
Als 19-jähriger Student reiste er erstmals nach Hongkong. «Es war meine erste Liebe in Asien. Hongkong ist ein erstaunliches Zentrum. Obwohl unser Fokus in Asien derzeit auf Singapur liegt, bleiben wir immer offen, zumal sich in Zukunft Gelegenheiten durchaus ergeben könnten.»