Privatbanken rühmen gerne ihren Generationen-übergreifenden Service. Eine neue Studie aus dem Ausland ist jedoch ein Augenöffner: Als erstes werden nicht die Jungen erben.
Wer die Generation Z der zwischen den Jahren 1995 und 2010 Geborenen versteht, ist derzeit auch bei Privatbanken heiss begehrt. Die Branche muss mit den anstehenden Erbschaften der Babyboomer-Generation den grösste Vermögenstransfer der Finanzgeschichte bewältigen – und dabei sehen, dass ihr die Kundengelder auf dem Weg nicht abhanden kommen.
In einer aktuellen Studie schätzte das «Big four»-Beratungsunternehmen EY das auf dem Spiel stehende Volumen bis ins Jahr 2030 auf nicht weniger als 18 Billionen Dollar.
Ähnliche Demographie
Jene Institute, die sich nun an die «Jungen» der Generationen Y und Z schmiegen, haben die Rechnung aber ohne die Frauen gemacht: Es sind die Unternehmerinnen und Lebenspartnerinnen, denen diese riesige Summen zuerst zufällt. In diese Richtung deutet zumindest eine neue Studie des britschen Vermögensverwalters Schroders, der in der Schweiz unter anderem die Schroder & Co Bank betreibt.
Im Jahr 2025 werden 60 Prozent aller privaten Vermögenswerte in Grossbritannien von Frauen kontrolliert werden, sagen jene Untersuchungen voraus. Der Grund sei eben jener Vermögenstransfer – in der Regel von männlichen Ehe- oder Lebenspartnern auf die Frauen. «Die Prognose bezieht sich zwar auf Grossbritannien, doch die Vermutung liegt nahe, dass dies auch in der Schweiz der Fall sein wird, denn die Demographie der beiden Länder ähnelt sich», stellt Schroders zu dieser Erkenntnis fest.
Auch die Bankbeziehung stirbt
Private Banking müssen demnach zur Kenntnis nehmen, dass Frauen nicht nur 50 Prozent der Menschheit stellen, sondern bei der Vermögensverteilung künftug gar auf den Löwenanteil kommen.
Schroders warnt jedenfalls vor «Wahrnehmungsdiskrepanzen» und mahnt die Kollegen bei anderen Häusern, die Entwicklung nicht nur zur Kenntnis, sondern ernst zu nehmen. Denn bald schon könnten den Private Bankern die Felle davon schwimmen: In der Befragung von 200 Frauen gaben nur 34 Prozent an, dass sie nach dem Tod des Ehepartners oder im Fall einer Scheidung beim ihrem angestammten Bankberater bleiben würden. Befragte Bankberater erwarteten laut der Studie hingegen, dass 62 Prozent dieser Frauen treue Kundinnen bleiben würden.
Viel unzufriedener als gedacht
Ebenfalls unterschäzten die Kundenberater sträflich, wie gross die Unzufriedenheit mancher Kundinnen mit manchen Aspekten ihres Services ist. So nahmen die befragten Banker an, dass rund 8 Prozent der Kundinnen unzufrieden über das Vertrauensverhältnis in der Bankbeziehung seien – in Wahrheit äusserten 48 Prozent der befragten Frauen bei diesem Aspekt Kritik.
Deutlich ist die Diskrepanz auch bei der Frage nach der Zielerfüllung (18 zu 61 Prozent), wo es nicht nur um persönliche Befindlichkeiten geht, sondern ganz objektiv um Performance.
Hauptsächlich mit männlichen Partnern in Kontakt
Folgt man diesen Ergebnissen, ist eine Neuausrichtung auf eine weibliche Kundschaft dringlich, wollen die Vermögensverwalter nicht den Anschluss verpassen. Denn offenbar sind viele von aktuell falsch aufgestellt: Sie verkehren vorab mit reichen Männern. So gaben 45 Prozent der Berater an, dass sie hauptsächlich mit dem männlichen Partner in Kontakt stünden. Lediglich 22 Prozent sagten, dass immer beide Partner bei den Sitzungen anwesend seien.
In der Folge fehlt es an Verständnis, dass Frauen andere finanzielle Bedürfnisse haben als Männer: Laut der Studie machen sich Frauen etwa deutlich mehr Sorgen über ihr Auskommen bei Krankheit und im Alter, was durchaus rational ist. In Grossbritannien sind im Verhältnis 3:1 mehr Frauen als Männer in Pflegeheimen untergebracht, und die Verweildauer ist in der Regel mehr als viermal so lang. Das wäre ein Punkt, wo Private Banker einhaken könnten.
Eigentlich machbar
Denn noch können Sie versuchen, die Gunst der reichen Frauen zurückzugewinnen. So verrieten die Umfrageteilnehmerinnen den Studienautoren nämlich, was sie von einem Wechsel ihre Bankbeziehung abhalten könnte. So wünschen sie sich etwa, dass ihre Berater sie «besser verstehen», auf ihre individuellen Bedürfnisse eingingen und mehr zuhörten.
Das, findet Schroders, sollte eigentlich machbar zu sein.