Im Konter gegen Sammelkläger betonen Anwälte der Grossbank, die Credit Suisse sei bei der Zwangsübernahme vor einem Jahr unterkapitalisiert gewesen. Ein Geschäftsleitungs-Mitglied der Finanzaufsicht kommt nun aber zu einem anderen Schluss.
Da der Anlass fast auf den Tag genau auf den Untergang der Credit Suisse (CS) fiel, war das Thema an der traditionellen Jahresmedienkonferenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) gesetzt: Die Anwesenden Mitglieder der Direktion sowie die Präsidentin Marlene Amstad der Behörde räumten am Mittwoch der Grossbanken-Aufsicht viel Raum ein in ihren jeweiligen Ausführungen.
Amstad spielte dabei den Ball dem Bundesrat zu, der im April einen Bericht zur Weiterentwicklung der Aufsicht über die verbliebende international systemrelevante Schweizer Grossbank – die «neue» UBS – präsentieren will. In diesem Zusammenhang fordert die Finma unter anderem die Kompetenz, Führungsorgane von Banken stärker zur Verantwortung zu ziehen, sowie die Möglichkeit zu Bussen und eine offene Kommunikation über Sanktionen.
Verschärfte Stresstests
Hier liegt die Offenlegungs-Quote in der Schweiz bei nur 10 Prozent, gegenüber fast 100 Prozent bei ausländischen Aufsichtsbehörden.
Ebenfalls wird eine klarere Formulierung der gesetzlichen Grundlagen gefordert, damit die Finma bei der künftigen Beaufsichtigung der UBS nicht allein auf Verordnungen respektive auf ihren Ermessens-Spielraum zurückgreifen muss. Im Rahmen ihres Ermessens hat die Finma bereits die Stresstests nicht nur zur Kapitalisierung, sondern auch zur Liquidität bei der UBS verschärft, wie es am Mittwoch hiess.
Laut dem zuständigen Thomas Hirschi, Leiter Banken in der Finma-Geschäftsleitung, wird nun geprüft, die Resultate jener Stresstests zu veröffentlichen. Auch das ist im Ausland, zumal etwa in den USA, Gang und Gäbe.
CS deutlich schlechter als die UBS
Bis jetzt hat die Finma zu ihren Stresstests stets geschwiegen. Auch zu jenen bei der CS, die zuletzt deutlich schlechtere Resultate gezeigt hätten als jene bei der UBS, wie Hirschi nun erklärte. Auch aus diesem Grund habe die Aufsicht von der Grossbank zuletzt mehr Eigenkapital verlangt. Diese Vorgabe habe mit zu einer «soliden Kapitalisierung» der CS beigetragen, so Hirschi wörtlich.
Das deckt sich zwar mit der gängigen Sichtweise, dass das Geldhaus an einem Liquiditätsengpass gescheitert ist, und nicht an fehlendem Eigenkapital. Hingegen widersprechen Hirschis Aussagen der Argumentation von Anwälten der UBS diametral: Sie betonten vergangenen Februar in einer Klageantwort gegenüber Sammelklägern, die CS sei zuletzt unterkapitalisiert gewesen und habe eine Gefahr für das weltweite Finanzsystem dargestellt.
«Die CS-Aktie war so gut wie wertlos»
Dies soll den tiefen Kaufpreis von 3 Milliarden Franken, welche die UBS bei der Zwangsübernahme der Rivalin zahlte, rechtfertigen – und die Grossbank gegenüber Schadenersatz-Forderungen schadlos halten. Auch UBS-Präsident Colm Kelleher stiess in einem Interview jüngst in diese Kerbe: Bei der CS habe eine Kapitallücke von 16 Milliarden Franken geklafft, die dank des Abschreibers auf CS-Pflichtwandelanleihen habe geschlossen werden können.
«Mit einem 16-Milliarden-Loch hätten wir die Transaktion anders gestalten müssen», sagte Kelleher im Rückblick auf den 19. März 2023.
UBS muss ab 2026 Eigenkapital äufnen
Doch bei der Finma, die federführend bei der Notrettung der CS gewesen ist, sieht man das offenbar anders. An anderer Stelle sagte Hirschi zudem, die Eigenkapital-Vorgaben an die CS seien nicht das Problem gewesen.
Derweil muss die «neue» UBS schon bald beginnen, ihr Kapital aufzustocken. Die Schweizer Mega-Bank profitiert zwar von einem Eigenkapital-Moratorium bis Ende 2029, das ihr die Finma eingeräumt hat. Wie Hirschi erklärte, müsse das Institut aber bereits im Jahr 2026 Vorkehrungen treffen, um die vier Jahre später geltenden Anforderungen zu erfüllen.
Diese Vorgaben, liess er durchblicken, würden sowohl bei der Kapitalisierung wie auch bei der Liquidität «deutlich» über den für die UBS bis 2023 geltenden Werten liegen.