Das Beispiel der Privatbank EFG International zeigt erneut, wie sehr der Stellenmarkt für Private Banker derzeit in Bewegung ist. Doch der Untergang der Credit Suisse ist dafür nicht die einzige Ursache, stellt finews.ch fest.
Giorgio Pradelli darf sich freuen: Die von ihm geführte EFG International, eine der grössten Schweizer Privatbanken, hat sich in den vergangenen Monaten als richtiggehender Magnet für neue Talente entwickelt.
So hat das Institut laut dem am (heutigen) Donnerstag vermeldeten Quartalsergebnis seit Jahresbeginn 130 neue Kundenberater eingestellt – damit ist die vom Bankchef bis zum Jahresende erwartete Marke von mehr als 100 Anstellungen schon Ende September klar übertroffen worden.
Zweite Riege der Privatbanken im Rampenlicht
Die Hände in den Schoss legen will der in Turin geborene CEO deshalb nicht, wie er kürzlich gegenüber finews.ch ausführte. «Ich will nicht hören, dass wir auf dem Gipfel sind», bläut der Manager jeweils auch seiner Mannschaft ein.
Dass bis Mitte Jahr rund ein Drittel der bei EFG neu eingestellten Privat Banker von der Credit Suisse (CS) hinüber wechselten, hat die Rekrutierung-Bemühungen Pradellis ins Rampenlicht gerückt. Dabei hat nicht nur EFG bei der im vergangenen März von der UBS zwangsübernommenen Grossbank zugegriffen. Auch das Zürcher Traditionshaus Julius Bär hat ganze Teams eingestellt, ebenso die Genfer Konkurrentin Lombard Odier oder die Liechtensteiner Fürstenbank LGT.
Zinswende regt zum Nachdenken an
Die Integration der CS bietet für diese Häuser eine Chance, wie sie sich nur einmal in einer ganzen Generation von Bankern bietet. Ob dabei die neuen Kräfte mit zu hohen Versprechungen angelockt werden und sich ihr Einsatz mittelfristig rechnet, ist sekundär. Was zählt, ist vielmehr, dass die Privatbanken das frei werdenden Potenzial nutzen und im besten Fall nicht nur von neuen Kundenvermögen, sondern auch vom spezialisierten Grossbanken-Knowhow der Neuankömmlinge profitieren.
Es zeigt sich aber, dass nicht nur der Untergang eines Schwergewichts das Kundenberater-Karussell beschleunigt.
Wie langjährige Berufsleute feststellen, hat auch das Marktumfeld zur allgemeinen Aufbruchstimmung beigetragen. So überdenken praktisch alle Banken angesicht der Zinswende ihr Geschäftsmodell. Gerade bei den grösseren Finanzkonzernen kann das weitreichende Folgen haben: Wenn sich solche Kolosse neu ausrichten, können ganze Sparten mit Hunderten Angestellten überzählig werden.
Nicht mehr bloss ein Rädchem im Getriebe
Wie es heisst, können fokussierte Privatbanken wie EFG International, Julius Bär oder die Genfer Häuser von diesem Trend weg von den Finanzmultis profitieren. Private Banker wollen nicht mehr für Häuser arbeiten, die ihre Tätigkeit unter «ferner liefen» irgendwo im Konzern behandeln.
Nicht zuletzt treibt auch die reiche Kundschaft die Personalwechsel an. In den an den Börsen sowie auch geopolitisch turbulenten Zeiten sind sie auf der Suche nach Sicherheit für ihr Vermögen – und genau das versprechen die hiesigen Privatbanken dank ihrer «Swissness» und der zumeist üppig ausgestalteten Kapitalbasis.
Bilanzen wie eine Festung
EFG-Chef Pradelli sagte es unlängst so: «Es hat sich für uns und unsere Kunden bezahlt gemacht, dass wir unsere Bilanz als ‹Festung› verstehen und immer viel Liquidität vorhalten. Ich bin weiterhin besorgt, dass die Zinswende in der Realwirtschaft noch für Probleme sorgen könnte. Wir bleiben sehr wachsam.»
Bei Private Bankern, die stets wachsam nach dem nächsten Karriereschritt Ausschau halten, dürften solche Ansagen auf offene Ohren stossen.