Der Bedarf nach Büroflächen von UBS und Credit Suisse ist in Zürich schon vor der Zwangsübernahme in Bewegung gewesen, wie Recherchen zeigen. Zeichnen sich künftig ein Angebotsüberhang oder gar ein Preisschock ab?
Als UBS-CEO Sergio Ermotti an der Medienkonferenz Ende August von einem Journalisten nach der Zukunft des Hauptquartier der Credit Suisse (CS) am Paradeplatz gefragt wurde, konnte er sich ein leicht müdes Lächeln nicht verkneifen. «Wir hatten bisher noch keine Zeit, um uns über die Gebäude Gedanken zu machen», lautete lapidar die Antwort des Chef-Integrierers der kombinierten Grossbank.
Dennoch hat die Frage Gewicht – rein schon vom Umstand her, dass die neue UBS mit dem Besitz der CS und dank gemeinsamen Investmentvehikeln zum grössten privaten Immobilieneigentümer im Land avanciert ist. Und wie sich zeigt, ist auch der Bedarf nach Büroflächen bereits in Bewegung, mit langfristigen Folgen nur schon für den Zürcher Markt.
Auszug und Neubau
So hatten beide Banken bereits lange vor der Not-Übernahme grundlegende Entscheidungen in Bezug auf ihre Liegenschaftsbewirtschaftung in Zürich gefasst. Bei der CS betraf das vor allem die Kündigung der Bürotürme an der Hagenholzstrasse. Seit 15 Jahren hatte die Bank die ehemaligen Sunrise-Towers auf dem Gebiet der Gemeinde Seebach an der Grenze zu Oerlikon genutzt.
Der Auszug und damit die Aufgabe von rund 30'000 Quadratmetern Bürofläche ist für Mitte 2024 geplant. Die rund 1'000 Mitarbeitenden werden an andere Standorte verlegt, insbesondere den bekannten Bürokomplex Uetlihof.
CS an der Hagenholzstrasse (Bild: Shutterstock)
Noch weiter hinaus hat die UBS geplant. Sie will in Altstätten im Zürcher Kreis 9 bis 2029 ein rund 110 Meter hohes Bürogebäude errichten in dem rund 2'700 Menschen arbeiten sollen. Das Projekt, das unter dem Namen «Areal VZA 1» geführt wird, soll den Altbau aus den 1970er Jahren an der Max-Högger-Strasse ersetzen.
Mit dem neuen Hochhaus würde die UBS neben dem Hauptsitz an der Bahnhofstrasse und dem Verwaltungsgebäude an der Zürcher Europaallee einen neuen Schwerpunkt schaffen.
Entwurf «Areal VZA 1» (Bild: UBS)
Karten neu gemischt
Mit der CS-Integration und dem damit einhergehenden Stellenabbau werden auch punkto Büroflächen in Zürich die Karten neu gemischt. Doch das wird ein langfristiger Prozess sein. Damit dürften grössere Marktverwerfungen am Zürcher Büroflächenangebot ausbleiben, folgt man Experten wie Daniel Stocker.
«Ich rechne nicht mit deutlichen Auswirkungen durch die CS-Integration in die UBS auf den hiesigen Büromarkt», sagt der Research-Leiter beim bekannten Immobilienberater Jones Lang LaSalle (JLL) zu finews.ch. «Das wird ein längerer Prozess, und die Flächennachfrage an zentralen Lagen ist in Zürich weiter hoch.»
Die Liegenschaftsverwaltung der kombinierten Bank dürfte derzeit jedenfalls jetzt schon gut beschäftigt sein. Nach Angaben der Bank ist der Bereich Group Corporate Services global und in der Schweiz für den Immobilienpark zuständig. Angaben zum künftigen «Footprint» in Zürich könne man derzeit nicht machen, hiess es auf Nachfrage.
Gründlich Bestandsaufnahme
Am Anfang der Überlegungen dürften bei der UBS eine gründliche Evaluation des Immobilienbestandes stehen sowie eine Prüfung der bestehenden Verträge und Konditionen. Erst wenn auch die Bedarfsplanung steht und klar ist welche Bereiche der fusionierten Bank auch räumlich zusammenarbeiten sollen, werden Entscheidungen anstehen.
Dabei kann es dann auch zu strategischen Verlagerungen kommen, etwa, wenn es um IT-Einrichtungen oder Backoffice-Funktionen geht.
«Aktuell ist noch nicht zu erwarten, dass die UBS definitive Entscheidungen für alle Immobilien beziehungsweise über den zukünftigen Raumbedarf treffen wird», sagte Stocker weiter.
Stellenabbau viel höher
Die UBS rechnet als Folge der CS-Integration mit rund 3'000 Entlassungen in der Schweiz durch die Integration, wovon rund 1'000 auf den Standort Zürich entfallen dürften. Dieser Prozess soll ab Ende 2024 beginnen.
Allerdings ist zu bedenken, dass die Entlassungen nur einen Bruchteil des Stellenabbaus bei der Megabank ausmachen. Hinzu kommen freiwillige Abgänge, Frühpensionierungen sowie die Kündigungen von temporären Angestellten und externen Spezialisten. Das alles spricht für weniger Bürofläche. Doch neben der laufenden Restrukturierung spielen noch andere Aspekte bei der Raumbedarfsplanung eine Rolle, wie etwa das Thema Home-Office und flexibles Arbeiten.
Leert sich die Europaallee?
Wenn man einen durchschnittlichem Flächenbedarf von 15 Quadratmetern pro Mitarbeitenden ansetzt, bedeutet das, dass 1'000 weniger Arbeitsplätze rund der Hälfte der Bürofläche der UBS in der Europaallee entsprechen.
In dem 2013 eingeweihten Gebäude stehen auf rund 31'000 Quadratmetern rund 2'000 Arbeitsplätze zur Verfügung.
UBS in der Europaallee (Bild: Architekturbüro Max Dudler)
Damit würde sich auch der Trend der vergangenen Jahre fortsetzen. Mit der Konzentration auf weniger Standorte lassen sich Kosten sparen. So hatte die UBS die Zahl ihrer Zürcher Standorte seit 2010 von über 50 auf rund 20 reduziert. Bei der CS sank die Anzahl von rund 60 auf 15. Ein prominenter Umzug war etwa der Auszug des UBS Asset Managements aus dem «Hochhaus zur Schanze» am Zürcher Schanzengraben im Jahr 2019.
Zentrale Lagen weiter gesucht
Der JLL-Experte sieht für A-Lagen in den urbanen Zentren in der Schweiz derzeit eine weiter sehr hohe Nachfrage. «Generell ist die Nachfrage nach Büroraum und Gewerbefläche an den zentralen Standorten der grossen Wirtschaftszentren weiter intakt.»
«Anders sieht es in den suburbanen Lagen aus.» In Zürich sind das etwa Zürich Süd (Manegg), Altstetten sowie in Zürich Nord (Leutschenbach, Hallenstadion, Opfikon). «Da gibt es eine klare Divergenz auch bei der Nachfrage und bei den Mieten.»
Verglichen mit Ländern wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien sei die Leerstandsquote bei Büros in der Schweiz tief. Laut den Zahlen von JLL liegen die Quoten in Genf (6,1 Prozent), Basel (5,3 Prozent), Zürich (4,6 Prozent) und Zug (3,4 Prozent) klar tiefer als in London (9,5 Prozent), Frankfurt (8,5 Prozent) oder Paris (8 Prozent).