Angesichts steigender Kosten, verschärfter Gesetze und sich verengender Margen rüsten sich die Akteure für eine neue Ära.
Chefwechsel, Reorganisationen und Übernahmen – nach dem Schock und den Schwierigkeiten der letzten Jahre zeichnen sich in der Schweizer Bankbranche erste, nachhaltige Veränderungen ab. Die Vorgehensweise variiert allerdings stark. Nachstehend eine Einschätzung der wichtigsten Akteure (Teil 1).
BSI – Steckt in einer schwierigen Situation. Die diversen Steueramnestien Italiens in den letzten paar Jahren gingen nicht spurlos an dem Institut vorbei. Zusätzlich belastet wurde die BSI durch die teilweise erodierende Situation auf dem Tessiner Finanzplatz. Weil die Bank aber dem italienischen Generali-Konzern gehört, kann sie nur begrenzt Druck auf Italien machen, sondern muss sich höchst diplomatisch geben.
Die massive Expansion in Asien, wo man unter der Ägide des früheren Schweizer RBS-Coutts-Chefs Hanspeter Brunner rund 100 Leute von der Konkurrenz abwarb, muss sich erst noch rentabilisieren. Doch davon dürfte das Institut noch weit entfernt sein. Entsprechend ernüchternd fielen denn auch die Zahlen für 2010 mit einem massiven Gewinneinbruch aus.
EFG International – Befindet sich in einer schwierigen Phase, zumal nun auch noch die Gewinnprognosen für das 1. Halbjahr 2011 wegen der anhaltenden Frankenstärke wohl kaum erreicht werden dürften. Zudem kämpft das Unternehmen nach wie vor mit einem Vertrauensmanko seitens der Investoren, zumal sich die Akquisitionen im Hedge-Fund-Geschäft weder ausbezahlt, noch nachvollziehbar waren für viele Branchenkenner.
Zusätzlich belastend wirkt sich schliesslich auch die Tatsache aus, dass der Hauptaktionär, die Familie Latsis griechischer Provenienz ist, selbst wenn EFG International eine reine Schweizer Bank ist, an der Schweizer Börse kotiert ist und durch die Finma beaufsichtigt wird. Mit ihrem Modell an partnerschaftlich geführten Kundenberatern konnte die Bank in den letzten paar Jahren ihre verwalteten Vermögen massiv steigern, doch die Branche hält das Konzept weiterhin für erklärungsbedürftig.
HSBC Private Bank (Schweiz) – Geriet durch die Datenklau-Affäre ihres früheren Mitarbeiters Hervé Falciani extrem unter die Räder und musste vorübergehend einen massiven Reputationsverlust vergegenwärtigen. Die Situation hat sich nun etwas stabilisiert, zumal auch die Androhungen aus französischen Minister- und Behördenkreisen sich als Rohrkrepierer erwiesen.
HSBC ist nach wie vor die grösste Auslandbank in der Schweiz und dürfte dadurch weiterhin ein Wörtchen mitreden. Unter der Führung von Alexandre Zeller und weiteren, erfahrenen Bankern ist das Unternehmen gut aufgestellt. Mit dem früheren UBS-Schweiz-CEO Franco Morra konnte die Bank einen prominenten Neuzugang vermelden, der sich im Private Banking zweifelsohne auszahlen wird.
J.P. Morgan (Schweiz) – Sorgte für eine grosse Überraschung, als das Institut Anfang Jahr ankündigte, den Standort in der Schweiz massiv auszubauen. Neben dem Investmentbanking ist das Institut in der Schweiz auch stark in der Vermögensverwaltung für sehr vermögende Privatkunden und Familien tätig. Dieser Bereich soll weiter ausgebaut werden. Das Unternehmen zieht in Genf dafür in grössere Räumlichkeiten und setzt voll auf die Schweizer Qualitätsmerkmale wie Verlässlichkeit, Diskretion, Know-how und Erfahrung.
Die Strategie ist kühn, sorgten doch in den letzten Jahren die Querelen zwischen der Schweiz und den USA für eine Abkühlung dies- und jenseits des Atlantiks. Der grosse Name J.P. Morgan verbunden mit der Schweizer Expertise könnte aber zahlreiche Ultra-High-Net-Worth-Individuals anziehen – genauso auch Private Banker, die nach einer neuen und sicherlich gut bezahlten Herausforderung suchen.
Julius Bär – Bewegt sich in grossen Schritten vorwärts, hat mit einer Einmalzahlung allfällige Begehrlichkeiten in Deutschland aus dem Weg geräumt, wächst stark in Asien, wo die Bank stark präsent ist. Seit Boris Collardi die Führung übernommen hat, übertraf Julius Bär die Erwartungen deutlich.
Hat fähige Leute an diverse Schaltstellen gesetzt: im Lobbying, im Verwaltungsrat sowie in der Bank, zuletzt mit Yves Robert-Charrue als Schweiz-CEO und Hans Lauber im Investment Office. Die Bank könnte sich mit einer weiteren Akquisition definitiv als einer der Ton angebenden Player in der Branche etablieren.
Lombard Odier – Steht etwas im Schatten seines direkten Konkurrenten Pictet und hat auch weniger Differenzierungspotenzial. Musste im Jahresverlauf 2010 einen Rückgang der verwalteten Vermögen von 147 auf 143 Milliarden Franken hinnehmen – offiziell auf Grund von Fremdwährungsschwächen. Inzwischen hat sich die Situation etwas verbessert. Per Ende März 2011 wies die Bank 145 Milliarden Franken an Depots aus.
Wachstumspotenzial besteht möglicherweise im Asset Management, wo das Institut unlängst mit Marius Würgler und Pascal Imhof zwei Top-Leute von Goldman Sachs abwerben konnte. Mit Arthur Caye als weiteren Managing Partner vollzieht Lombard Odier eine weitere, nötige Verjüngung im obersten Management.
Pictet – Nach wie vor sehr gut unterwegs, geniesst einen makellosen Ruf bei Kunden und auch in der Branche. Zahlreiche Finanzprodukte, gute Performance und einen hohen Neugeldzufluss machen Pictet zu einer der erfolgreichsten grösseren Schweizer Banken.
Die Genfer Privatbank ist bereits an allen wichtigen Standorten in der Welt präsent und verfolgt dabei die Strategie, an diesen Orten auch zu bleiben. In den letzten Jahren hat Pictet aber auch in der Schweiz die Präsenz ausgebaut und beispielsweise in der hart umkämpften Marktregion Basel eine Niederlassung eröffnet. Macht wenig von sich reden, was im Banking nach wie vor das beste Zeichen ist.
Sarasin – Hat letzte Woche die Prioritäten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: Das Top-Management will mit Investoren aus der Schweiz, Asien und dem Nahen Osten den 46-prozentigen Anteil der Rabo Bank übernehmen und die Bank wieder schweizerisch machen. Zwar heisst es bei Rabo noch, man wolle nicht verkaufen. Doch offenbar will Sarasin-CEO Joachim Strähle nichts unversucht lassen, um in Holland einen Meinungsumschwung zu bewirken. Darum dürfte er seine Pläne auch so dezidiert der Financial Times anvertraut haben.
Grundsätzlich hat sich die Bank Sarasin auf dem Gebiet nachhaltiger Investments in einer zukunftsträchtigen Nische etabliert und ist in Asien sowie im Nahen Osten gut positioniert. Zudem ist die Bank in Deutschland profitabel. Generell sind aber die Kosten bei Sarasin sind nach wie vor hoch und zwingen das Unternehmen zu einer noch stärkeren Effizienz.
Vontobel – Vollzog im vergangenen Mai einen Führungswechsel, seither leitet Zeno Staub die Bank. Er kennt das Unternehmen und geniesst intern auch die nötige Akzeptanz. Zudem kann er dem Unternehmen wieder mehr Swissness verleihen, was auch in Deutschland positiv ankommt, wo die Bank Vontobel ihren «zweiten Heimmarkt» hat, wie sie selber erklärt.
Damit übernimmt sie eine Vorreiterrolle in der neuen Ära versteuerter Gelder. Etwas unklar bleibt das Gesamtprofil der Bank, oder anders gesagt: der Spagat zwischen Investmentbanking und Vermögensverwaltung überzeugt nicht alle Investoren und (potenziellen) Kunden.
Wegelin – Expandiert unbeirrt in der Schweiz, eröffnet demnächst eine Filiale in Winterthur unter der Leitung von Daniel Zürcher. Kritiker setzen ein Fragezeichen hinter diese flächendeckende Präsenz in der Schweiz und verweisen auf die hohen Kosten. Bei Wegelin hält man dem entgegen, dass die einzelnen Filialen nach einem Unternehmermodell geführt würden und unter der Verantwortung des jeweiligen Geschäftsstellenleiter stünden.
Wegelin hat in den letzten Jahren auf vielen Gebieten massiv ausgebaut: personell, im Produktbereich und mit der Lancierung der Netto-Bank. Das hat zu enormen Kosten geführt, darum steht das Unternehmen unter Ertragsdruck. Das betrifft vor allem die Partner, die in wenigen Jahren nach der Ära Hummler/Bruderer die Bank übernehmen sollen.
Lesen Sie morgen Dienstag den 2. Teil dieser Serie.