Dank der Zinswende weisen auch Schweizer Banken ein zweistelliges Ertragwachstum in ihrem Zinsengeschäft aus. Anderswo ist die Branche bereits ins Visier von Politik und Aufsicht geraten.
«Profiteering» ist im Englischen kein schönes Wort. Es lässt sich mit Wucherei übersetzen, und so lautet auch der Vorwurf, welcher derzeit britischen Banken gemacht wird. Ein Komitee des Parlaments wandte sich bereits an diverse grosse Institute im Königreich und beklagte, dass deren Angebote für Sparer zu wenig attraktiv seien.
60 Prozent weitergegeben
Selbst die örtliche Finanzaufsicht (FCA) meldete sich Anfang Juli und wies die Geldinstitute an, die Sparzinsen schneller zu erhöhen. Wie nun die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, haben sich die Banken ihrerseits an die Öffentlichkeit gewandt. Sie machen geltend, im Schnitt bereits 60 Prozent der Leitzins-Erhöhungen an die Sparer weitergegeben zu haben.
Der Kniff der Banken, der Politik und Behörden die typisch britische Gelassenheit vergessen lässt, ist das kalkulierte Zuwarten mit Erhöhungen bei den Sparzinsen, während das steigende Zinsniveau bei den Ausleihungen sofort weitergegeben wird. In Grossbritannien grassiert die Inflation, und die Bank of England hat die Leitzinsen zuletzt auf 5 Prozent angehoben. Der rasante Anstieg der Hypozinsen macht dabei den Briten, einem Volk von Hausbesitzern, schwer zu schaffen.
Im Blick des Preisüberachers
Im Gegensatz dazu nimmt sich die Schweiz mit Leitzinsen von aktuell 1,75 Prozent noch als Insel der Glückseligen aus. Doch auch hier haben Geldhäuser zugewartet mit der Weitergabe des Zinsniveaus an die Sparer. Zinsen von 1 Prozent gelten hierzulande als Spitzenangebote. Dies, während die Inflation einen Teil des Zinsanstiegs gleich wieder wegfrisst. Die Banken konnten hingegen ihre Zinsmarge im Vergleich zur Negativzins-Ära deutlich ausweiten.
Das ist zwar kein Verbrechen, dürfte aber angesichts des beginnenden Reigen der Halbjahresultate vielleich auch in der Schweiz noch zu reden geben: Wie auch finews.ch berichtete (hier, hier und hier), vermeldet Retailinstitute nun fast durchs Band zweistellige Ertragsteigerungen im Zinsengeschäft. Bekannt ist, dass der Preisüberwacher bereits seit vergangenem August ein scharfes Auge auf die Konditionen im Schweizer Banking geworfen hat.